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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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nicht kennengelernt hatte, nämlich von militärischem Ruhm, und deshalb wollte er unbedingt an diesem Kriegsrat teilnehmen. Er drückte sich um den Konsulsstuhl herum in der Hoffnung, dazugebeten zu werden. Da Cicero ihn jedoch mehr verachtete als jeden anderen außer Catilina, nahm er mit Freuden die Gelegenheit wahr, seinen alten Widersacher zu brüskieren. Er übersah dessen Anwesenheit so demonstrativ, dass Crassus schließlich wütend davonstapfte. Zurück blieben
etwa ein Dutzend grauhaariger Senatoren, die sich um Nepos versammelten. Ich hielt mich diskret im Hintergrund und machte mir Notizen.
    Ciceros größter Schwachpunkt als Staatsmann war seine Unkenntnis in militärischen Dingen. Deshalb war es ein schlauer Zug von ihm, Männer wie Gaius Scribonius Curio, der sich vor zehn Jahren einen Triumph verdient hatte, und Marcus Licinius Lucullus, Lucius’ jüngeren Bruder, zu dieser Klausur zu laden. In seiner Jugend hatte Cicero aufgrund seiner anfälligen Gesundheit alles gehasst, was mit dem Militär zu tun hatte – die primitive Unbequemlichkeit, die schwachsinnige Disziplin, die dumpfe Kameraderie des Feldlagers. Er hatte sich deshalb so schnell wie möglich auf seine Studien geworfen. Jetzt kam ihm diese Unwissenheit deutlich zu Bewusstsein, und er musste es Curio und Lucullus, Catulus und Isauricus überlassen, Nepos die richtigen Fragen zu stellen. Sie fanden schnell heraus, dass Pompeius über eine Streitmacht von acht gut ausgerüsteten Legionen verfügte und sein Hauptquartier – jedenfalls zum Zeitpunkt, als Nepos ihn zuletzt gesehen hatte – südlich von Judaea aufgeschlagen hatte, ein paar Hundert Meilen von der Stadt Petra entfernt. Cicero bat um Meinungen zur Lage.
    »So, wie ich das sehe, haben wir für den Rest des Jahres zwei Optionen«, sagte Curio, der unter Sulla im Osten gekämpft hatte. »Erstens, nach Norden zum Kimmerischen Bosporus zu marschieren, zum Hafen von Pantikapaion, um von dort den Kaukasus dem Römischen Reich einzuverleiben. Oder, zweitens, was ich für meinen Teil vorziehen würde, nach Osten vorzustoßen und ein für alle Mal die Angelegenheit mit den Parthern zu regeln.«
    »Nicht zu vergessen eine dritte Möglichkeit«, sagte Isauricus. »Aegyptus. Ptolemaios hat es uns in seinem Testament überlassen, wir brauchen es uns nur zu nehmen. Ich sage, Pompeius soll nach Westen marschieren.«
    »Oder nach Süden«, schlug Marcus Lucullus vor. »Was spricht dagegen, nach Petra vorzustoßen? Da unten an der Küste, außerhalb der Stadt, gibt es sehr fruchtbares Land.«
    »Norden, Osten, Westen oder Süden«, fasste Cicero zusammen. »Scheint ganz so, als hätte Pompeius die Qual der Wahl. Weißt du, wie er darüber denkt, Nepos? Ich bin mir sicher, dass der Senat seine Entscheidung gutheißt, egal, wie er sich entscheidet.«
    »Nun ja«, sagte Nepos. »Soweit ich weiß, denkt er an Rückzug.«
    Die folgende absolute Stille beendete Isauricus. »Rückzug?« , wiederholte er verblüfft. »Was meinst du mit Rückzug? Er hat vierzigtausend erfahrene Männer zur Verfügung, und es gibt nichts, was ihn aufhalten könnte, egal, in welche Richtung er marschiert.«
    »Erfahren, so könnte man sie nennen. Ausgelaugt würde es aber wohl besser treffen. Einige der Männer kämpfen und marschieren jetzt schon über zehn Jahre da unten.«
    In der nun folgenden Pause dämmerten den Anwesenden allmählich die Konsequenzen.
    »Soll das heißen, dass er sie alle nach Italien zurückbringen will?«, fragte Cicero.
    »Warum nicht? Das ist schließlich ihre Heimat. Pompeius hat mit den Herrschern vor Ort einige höchst nützliche Abkommen geschlossen. Sein persönliches Ansehen ist ein Dutzend Legionen wert. Wisst ihr, wie sie ihn jetzt im Osten nennen?«
    »Du wirst es uns gleich sagen.«
    »›Herr über Land und Meer.‹«
    Cicero schaute nacheinander in die Gesichter der ehemaligen Konsuln. Aus den meisten sprach Ungläubigkeit. »Ich glaube, Nepos, dass ich im Namen aller hier spreche, wenn ich dir erkläre, dass der Senat über einen kompletten Rückzug nicht glücklich wäre.«
    »Ganz und gar nicht«, stimmte Catulus zu, worauf alle anderen grauen Köpfe nickten.
    »Und deshalb möchte ich Folgendes vorschlagen«, sagte Cicero. »Wir geben dir eine Botschaft für Pompeius mit, in der wir ihm – selbstredend – unseren Stolz und unsere Freude und Dankbarkeit für seine herausragenden Heldentaten im Feld übermitteln, aber auch unseren Wunsch, dass er das Heer für einen neuen

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