02 Titan
bequemen Kompromisses treiben sie der Katastrophe entgegen. Wir hätten Pompeius niemals diese Sonderkommandos übertragen dürfen.«
»Ich habe diese Sonderkommandos mitgetragen.«
»Ich weiß, Schande über dich! Vor ein oder zwei Jahren, auf meinem Rückweg nach Rom, da habe ich ihn in Ephesus gesehen, aufgedonnert wie ein orientalischer Scheich. Wer hat ihm die Machtbefugnis erteilt, all die Städte zu gründen, all die Provinzen in Besitz zu nehmen? Hat der Senat darüber diskutiert? Hat das Volk darüber abgestimmt?«
»Er ist der Oberbefehlshaber vor Ort. Ein gewisses Maß an Autonomie muss man ihm zugestehen. Nachdem er die Piraten besiegt hatte, wurden neue Stützpunkte gebraucht, um unseren Handel zu sichern. Sonst wäre die Räuberbande nach seinem Abzug einfach wieder zurückgekommen.«
»Aber wir mischen uns in Gegenden ein, über die wir gar nichts wissen! Jetzt haben wir Syria besetzt. Syria! Was haben wir in Syria zu schaffen? Und als Nächstes kommt Aegyptus dran. Dafür brauchen wir auf Dauer im Ausland stationierte Legionen. Und wer die Legionen befehligt, die für die Kontrolle dieses Reichs nötig sind, ob Pompeius
oder sonst wer, der wird letztlich auch Rom beherrschen, und wer seine Stimme dagegen erhebt, wird wegen seines Mangels an Patriotismus verdammt. Das ist das Ende der Republik. Im Auftrag irgendeines im Ausland sitzenden Generalissimus dürfen sich die Konsuln um die zivile Seite der Staatsgeschäfte kümmern.«
»Niemand, Cato, leugnet die Gefahren. Aber so läuft das politische Geschäft – eine Gefahr taucht auf, man überwindet sie und hält sich bereit für die nächste. Die in meinen Augen beste Analogie für die Staatskunst ist die Seefahrt – mal ruderst du, mal segelst du, mal läufst du vor dem Wind, mal kreuzt du gegen den Wind, mal musst du mit der Flut, mal gegen die Flut raus. Dafür braucht es Jahre des Lernens und Studierens, und nicht irgendeine Fibel von Zenon.«
»Und wohin führt sie dich, deine Reise?«
»Zu einem sehr angenehmen Ort namens Überleben.«
»Ha!« Catos Lachen war so beunruhigend wie selten: eine Art schroffes, humorloses Bellen. »Manche von uns erhoffen sich ein erbaulicheres Land! Um jedoch dorthin zu gelangen, bedarf es einer anderen Seemannskunst als der deinen. Meine Verhaltensregeln sind folgende …« Er zählte sie Cicero an seinen langen, knochigen Fingern auf. »Lass dich nie von einer Gefälligkeit leiten. Mache keine Zugeständnisse. Verzeihe kein Unrecht. Unterscheide nicht zwischen unrechten Dingen – unrecht ist unrecht, unabhängig von der Schwere des Vergehens, aus und Schluss. Und schließlich: Gehe bezüglich dieser Prinzipien nie einen Kompromiss ein. ›Der Mann, der die Kraft hat, sie zu befolgen …‹«
»›… ist immer stattlich, sei er auch missgestaltet, ist immer reich, sei er auch bedürftig, ist immer ein König, sei er auch Sklave.‹ Ich kenne das Zitat, danke. Und wenn du ein ruhiges Leben in irgendeiner Akademie führen und deine Philosophie auf deine Hühner und Mitstudenten anwenden willst, mag sein, dass es funktioniert. Aber wenn du diese Republik
führen willst, dann sollte in deiner Bibliothek mehr als nur ein einziges Buch stehen!«
»Ich verschwende meine Zeit. Anscheinend werde ich auf deine Unterstützung verzichten müssen …«
»Ganz im Gegenteil. Ich werde auf jeden Fall für dich stimmen. Du als Volkstribun, das verspricht eines der unterhaltsamsten Spektakel zu werden, die Rom je gesehen hat.«
Nachdem er gegangen war, sagte Cicero: »Der Kerl ist schon ziemlich verrückt, aber er hat was.«
»Wird er es schaffen?«
»Natürlich. Ein Mann mit dem Namen Marcus Porcius Cato wird in Rom immer seinen Weg machen. Und was Pompeius angeht, in einem Punkt hat er Recht. Wie können wir Pompeius zügeln?« Er dachte eine Zeit lang nach. »Gehe zu Nepos, frage ihn, ob er sich von seiner Reise erholt hat, und bitte ihn zu einem Gespräch über die militärische Lage, morgen im Senat, nach Sitzungsende.«
Ich überbrachte die Botschaft und kehrte mit der Antwort zurück, dass Nepos dem Konsul zur Verfügung stehe. Am Nachmittag des folgenden Tages bat Cicero nach Sitzungsende einige ältere Exkonsuln mit militärischer Erfahrung, noch zu bleiben, um sich von Nepos in allen Einzelheiten über Pompeius’ Pläne informieren zu lassen. Crassus, der die Freuden des Konsulats wie auch die Macht gekostet hatte, die großer Reichtum mit sich bringt, war zunehmend besessen von etwas, was er noch
Weitere Kostenlose Bücher