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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mit uns sprechen will.“
    „Das tut er nicht, denn er ist ein Häuptling.“
    „Höre, Mann, ich bin ein viel größerer und berühmterer Häuptling als er. Ich kenne nicht einmal seinen Namen. Sage ihm das!“
    „Auch kann er nicht gehen, selbst wenn er wollte, weil er am Arm verwundet ist.“
    „Seit wann gehen die Söhne der Comanchen nicht mehr auf den Beinen, sondern auf den Armen? Wenn er nicht zu uns kommen will, so mag er bleiben, wo er ist. Wir brauchen ihn und euch alle nicht!“
    Das war in einem so entschiedenen Ton gesprochen, daß der Rote nun doch meinte:
    „Ich werde ihm die Worte Old Deaths mitteilen. Vielleicht kommt er doch.“
    „So sage ihm aber, daß er allein kommen soll. Zu einer langen Beratung unter vielen habe ich keine Lust. Nun gehe!“
    Der Mann entfernte sich. Wir sahen ihn nach dem Feuer gehen und dort in den Kreis der Krieger treten. Eine geraume Zeit verging, ehe etwas geschah. Endlich sahen wir, daß eine Gestalt sich in der Mitte der Sitzenden erhob, das Lagerfeuer verließ und auf uns zukam. Er trug Adlerfedern auf dem Kopfe.
    „Schaut, er hat dem toten ‚Weißen Biber‘ den Häuptlingsschmuck abgenommen und sich selbst angelegt. Jetzt wird er mit größter Grandezza herbeisteigen.“
    Als der Häuptling näher kam, sahen wir, daß er allerdings den linken Arm in einem Riemen trug. Der Ort, an welchem wir uns befanden, mußte ihm ganz genau beschrieben worden sein, denn er kam grad auf denselben zu und blieb vor uns stehen. Er hatte wohl erwartet, angeredet zu werden, denn er sagte nichts. Old Death aber blieb ruhig liegen und schwieg. Wir andern verhielten uns natürlich ganz ebenso.
    „Mein weißer Bruder ließ mich bitten, zu ihm zu kommen?“ fragte der Rote nun doch.
    „Old Death hat nicht nötig, zu einer Bitte niederzusteigen. Du wolltest mit mir sprechen. Also bist du es, welcher zu bitten hat, wenn überhaupt von einer Bitte die Rede sein kann. Jetzt aber werde ich dich sehr höflich ersuchen, mir deinen Namen zu sagen. Ich kenne ihn noch nicht.“
    „Er ist bekannt über die ganze Prärie. Ich werde der ‚Flinke Hirsch‘ genannt.“
    „Ich bin auf allen Prärien gewesen, habe aber trotzdem diesen Namen nicht gehört. Du mußt sehr heimlich damit umgegangen sein. Nun aber, da ich ihn gehört habe, erlaube ich dir, dich zu uns zu setzen.“
    Der Häuptling trat einen Schritt zurück. Erlauben wollte er sich nichts lassen; aber er fühlte sehr wohl, daß die Umstände ihn zwangen, nachzugeben. Darum ließ er sich langsam und gravitätisch Old Death gegenüber nieder, und nun erst richteten wir uns in sitzende Stellung auf. Erwartete der Comanche, daß der Scout das Gespräch beginnen werde, so hatte er sich geirrt. Letzterer behielt seine angenommene Gleichgültigkeit bei, und der Rote mußte anfangen:
    „Die Krieger der Comanchen wollen eine große Beratung abhalten, und die Bleichgesichter sollen an derselben teilnehmen, damit wir ihren Rat hören.“
    „Das ist überflüssig. Ihr habt meinen Rat schon oft gehört und doch nie befolgt. Ich aber bin gewohnt, daß meine Worte Beachtung finden, und so werde ich von jetzt an meine Gedanken für mich behalten.“
    „Will mein Bruder wohl bedenken, daß wir seiner Erfahrung bedürfen?“
    „Ah, endlich! Haben die Apachen euch belehrt, daß Old Death doch klüger war, als alle fünfhundert Comanchen? Wie ist euer Angriff ausgefallen?“
    „Wir konnten nicht durch den Ausgang, denn er war mit Steinen, Sträuchern und Bäumen versperrt.“
    „Dachte es mir! Die Apachen haben die Bäume mit ihren Tomahawks gefällt, und ihr hörtet es nicht, weil ihr eure Toten zu laut beklagtet. Warum habt ihr das Feuer nicht verlöscht? Seht ihr denn nicht ein, daß ihr euch dadurch in großen Schaden bringt?“
    „Die Krieger der Comanchen mußten tun, was beraten worden war. Jetzt wird man etwas Klügeres beschließen. Du wirst doch mit uns sprechen?“
    „Aber ich bin überzeugt, daß ihr meinen Rat abermals nicht befolgen werdet.“
    „Wir befolgen ihn.“
    „Wenn du mir das versprichst, so bin ich bereit, ihn euch zu geben.“
    „So komme mit mir zum Feuer!“
    „Ich danke! Dorthin komme ich nicht. Es ist eine große Unvorsichtigkeit, ein Feuer zu unterhalten, denn da können die Apachen sehen, was bei euch geschieht. Auch habe ich keine Lust, mich mit deinen Roten herumzustreiten. Ich werde sagen, was ich denke, und du kannst tun, was dir beliebt.“
    „So sage es!“
    „Die Apachen befinden sich nicht nur an

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