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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von Ohren hören zu lassen, welche desselben gar nicht zu bedürfen vermeinen.“
    „Du würdest abermals nicht gehört. Ich vernahm aus deinen Worten, daß du die Heiligtümer des Häuptlings besitzt. Wie bist du zu ihnen gekommen?“ Old Death erzählte es. Als er geendet hatte, sagte Winnetou:
    „Da du ihm versprochen, sie ihm wiederzugeben, so mußt du dein Wort halten. Du wirst sie ihm gleich jetzt geben und zu uns kommen. Ihr werdet als Freunde bei uns aufgenommen werden.“
    „Gleich jetzt sollen wir zu euch kommen?“
    „Ja. In drei Stunden werden über sechshundert Krieger der Apachen hier ankommen. Viele von ihnen haben Gewehre. Ihre Kugeln streichen über das Tal weg, und euer Leben ist nicht mehr sicher.“
    „Aber wie sollen wir es anfangen, zu euch zu kommen?“
    „Das fragt Old Death?“
    „Hm, ja! Wir setzen uns auf die Pferde und reiten zum Lagerfeuer. Dort gebe ich dem Häuptlinge seine Heiligtümer zurück, und dann sprengen wir fort, den Apachen entgegen. Die im Wege stehenden Posten reiten wir nieder. Wie aber kommen wir über die Barrikaden hinweg?“
    „Sehr leicht. Wartet nur, wenn ich hier fort bin, noch zehn Minuten, bevor ihr aufbrecht. Dann werde ich rechts, am Ausgang des Tales stehen und euch empfangen.“ Er huschte davon.
    „Na, was sagt Ihr nun?“ fragte Old Death.
    „Ein außerordentlicher Mann!“ antwortete Lange.
    „Darüber gibt es gar keinen Zweifel. Wäre dieser Mann ein Weißer, ein Soldat, er könnte es bis zum Feldherrn bringen. Und wehe den Weißen, wenn es ihm in den Sinn käme, die Roten um sich zu versammeln, um ihre angestammten Rechte zu verfechten. Er aber liebt den Frieden und weiß, daß die Roten trotz allen Sträubens dem Untergange gewidmet sind, und verschließt die fürchterliche Last dieser Überzeugung still in seiner Brust. Na, setzen wir uns also auf zehn Minuten wieder nieder.“
    Es blieb so ruhig im Tal, wie es in der letzten halben Stunde gewesen war. Die Comanchen berieten noch. Nach zehn Minuten stand Old Death wieder auf und stieg in den Sattel. „Macht genau das nach, was ich tue!“ sagte er.
    Langsamen Schrittes ritten wir bis zum Lagerplatz. Der Kreis der Comanchen öffnete sich, und wir ritten in denselben hinein. Wären die Gesichter nicht bemalt gewesen, so hätten wir gewiß das größte Erstaunen in denselben bemerken können. „Was wollt ihr hier?“ fragte der Häuptling, indem er aufsprang. „Weshalb kommt ihr zu Pferde?“
    „Wir kommen als Reiter, um den tapferen und klugen Kriegern der Comanchen eine Ehre zu erweisen. Nun, was werdet ihr also tun?“
    „Die Beratung ist noch nicht zu Ende. Aber steigt ab! Ihr seid unsere Feinde, und wir dürfen nicht zugeben, daß ihr zu Pferde seid. Oder kommst du vielleicht, mir meine Heiligtümer zurückzubringen?“
    „Wäre das nicht sehr unklug von mir gehandelt? Du hast ja gesagt, daß von dem Augenblick an, an welchem du dein Eigentum zurück hast, Feindschaft zwischen euch und uns sein solle, bis wir am Marterpfahle sterben.“
    „So wird es sein. Ich habe es gesagt, und ich halte Wort. Der Zorn der Comanchen wird euch vernichten!“
    „Wir fürchten uns so wenig vor diesem Zorne, daß ich die Feindschaft gleich jetzt beginnen lasse. Da hast du deine Sachen! Und nun seht, was ihr uns tun könnt!“
    Er riß die beiden Gegenstände vom Hals und schleuderte sie weit von sich. Zugleich spornte er sein Pferd an, daß es in einem weiten Bogen über das Feuer wegsetzte und drüben eine Bresche in die Reihen der Comanchen riß. Sam, der Neger, war der erste hinter ihm. Er ritt den Häuptling nieder. Wir anderen drei folgten augenblicklich. Zehn oder fünfzehn Comanchen wurden umgeritten, dazu einer der draußen dem voranstürmenden Old Death im Wege stehenden Posten; dann flogen wir über die ebene Grasfläche hin, verfolgt von einem unbeschreiblichen Wutgeheul unserer bisherigen so unzuverlässigen Freunde.
    „Uff!“ rief uns eine Stimme entgegen. „Anhalten. Da steht Winnetou!“
    Wir parierten die Pferde. Vor uns stand eine Anzahl Apachen, welche unsere Tiere an den Zügeln nahmen, als wir abgestiegen waren. Winnetou geleitete uns nach der Enge, welche aus dem Tal führte. Dort war bereits Platz gemacht worden, so daß wir und auch die Pferde einzeln passieren konnten.
    Als wir die Barrikade hinter uns hatten, wurde der Ausgang breiter, und bald sahen wir einen hellen Schein. Die Enge öffnete sich, und nun erblickten wir ein schwach brennendes Feuer, an welchem zwei Rote

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