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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu arbeiten begannen.
    Vielleicht hätte ich meinen Zufluchtsort noch zu erreichen vermocht; aber ich sah Harry, Old Firehand und Will Parker vom Feind bedroht und sprang ihnen zu Hilfe.
    „Fort, fort an die Felswand!“ rief ich, mitten in den Knäuel hineinfahrend, so daß die Angreifer für einen Augenblick aus der Fassung gebracht wurden und wir Raum gewannen, das senkrecht aufsteigende Gestein zu erreichen, wo wir den Vorteil hatten, im Rücken gedeckt zu sein.
    „Muß das sein, wenn ich mich nicht irre?“ rief uns eine Stimme aus einem in Felsen befindlichen Riß entgegen, welcher gerade so breit war, daß sich ein Mann hineinzwängen konnte. „Nun ist Sam Hawkens, der alte Trapper, verraten!“
    Das listige Männlein war der einzige gewesen, der seine Geistesgegenwart bewahrt und die wenigen Sekunden benutzt hatte, sich zu salvieren. Leider machten wir ihm diese Bemühung erfolglos, indem wir gerade den Ort, an welchem sich sein Versteck befand, zum Ziel unseres Laufes wählten. Trotzdem aber streckte er schleunigst die Hand nach Harry aus und faßte ihn beim Arm.
    „Der kleine Sir mag mit hereinkommen in das Nest, meine ich; ist gerade noch Platz für ihn, wie mir scheint.“
    Natürlich waren die Rothäute uns gefolgt und drangen mit wilder Energie auf uns ein, und ein Glück war es, daß infolge des Scheinangriffes die Jäger alle ihre Waffen bei sich führten. Freilich waren im Nahkampf die Büchsen vollständig nutzlos, desto erfolgreicher aber wütete das Schlachtbeil unter den Wilden.
    Nur Hawkens und Harry machten Gebrauch von ihren Schießgewehren. Ersterer lud und letzterer, welcher vorn im Riß stak, gab die Schüsse ab, die zwischen Old Firehand und mir aus der Spalte hervorblitzten.
    Es war ein wilder, grauenhafter Kampf, wie kaum die Phantasie ihn sich auszumalen vermag. Das halberloschene Feuer warf seinen flackernden, dunkelglühenden Schein über den Vordergrund des Tales, auf welchem sich die einzelnen kämpfenden Gruppen wie der Hölle entstiegene und einander zerfleischende Dämonen abzeichneten. Durch das Geheul der Indianer drangen die ermunternden Rufe der Trapper und die scharfen, kurzen Laute der Revolverschüsse; der Erdboden schien zu erzittern unter den schweren, stampfenden Tritten der miteinander ringenden Feinde.
    Es blieb uns kein Zweifel darüber, daß wir verloren seien. Die Zahl der Ponkas war eine zu bedeutende, als daß wir hoffen durften, uns gegen sie zu halten. Eine zufällige Wendung zu unsern Gunsten war ebensowenig zu erwarten wie die Möglichkeit, uns durchzuschlagen, und deshalb hegte ein jeder die vollständige Überzeugung, daß er in kurzer Zeit aufgehört haben werde, zu den Lebenden zu gehören. Aber nicht umsonst wollten wir sterben, und wenn wir uns auch in das uns bestimmte Schicksal ergaben, so wehrten wir uns doch nach allen Kräften und mit derjenigen Kaltblütigkeit, welche dem Weißen ein so großes Übergewicht über den roten Bewohner der amerikanischen Steppen gibt.
    Mitten in dem blutigen Ringen gedachte ich des alten Elternpaares, welches ich in der Heimat zurückgelassen hatte und dem nun keine Kunde mehr von dem in die Ferne gezogenen Sohn zukommen sollte, gedachte – doch nein, ich warf diese Gedanken alle von mir, denn der gegenwärtige Augenblick erforderte nicht nur die kräftigste körperliche Anstrengung, sondern auch die größte geistige Aufmerksamkeit.
    Hätte ich meinen Stutzen gehabt! Aber der lag in der Kammer, die ich nicht hatte erreichen können. Ich hatte vorhergesehen, wie es kommen werde, hatte geraten und gewarnt und nun mußte ich die Fehler der andern mitbüßen. Es überkam mich ein noch nie gefühlter Ingrimm und eine Erbitterung, welche meine Kräfte verdoppelte, so daß ich den Tomahawk mit solcher Nachdrücklichkeit handhabte, daß es anerkennend aus der Spalte scholl:
    „Recht so, Sir, recht so! Sam Hawkens und Ihr, das paßt zusammen, meine ich. Schade, daß wir ausgelöscht werden! Könnten noch manches Rattenfell miteinander holen, wenn ich mich nicht irre.“
    Wir kämpften still und lautlos; es war eine ruhige, aber desto fürchterlichere Arbeit, und die Worte des kleinen Fallenstellers wurden deshalb deutlich gehört. Auch Will Parker hatte sie vernommen und rief, trotz der gestern erhaltenen Verletzungen mit der umgedrehten Büchse die wuchtigsten Hiebe austeilend:
    „Sam Hawkens, blick hierher, altes Coon, wenn du sehen willst, wie es zu machen ist. Heraus aus dem Loch mit dir und sage, ob das

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