Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
war unser Erstaunen, als wir eine Anzahl aufgezäumter Pferde erblickten, auf deren vorderstem ein Mann in Jägertracht saß, dessen Züge vor dem aus einer Kopfwunde rinnenden Blut nicht zu erkennen waren. Auch am Körper trug er mehrere Verletzungen, und es war ihm anzusehen, daß er sich in einer nicht beneidenswerten Lage befunden hatte.
    Gerade vor dem Ort, an welchem sich gewöhnlich der Posten befand, hielt er an und schien sich nach dem letzteren umzusehen. Als er ihn nicht bemerkte, ritt er kopfschüttelnd weiter und sprang beim Wassertor vom Pferd. Da ließ sich neben mir Sams laute Stimme vernehmen:
    „Jetzt lasse ich mich schinden und ausnehmen wie einen Dickschwanz, wenn das nicht Will Parker ist. So sauber fällt kein anderer vom Pferd wie dieser Mann, meine ich!“
    „Sollst recht haben, altes Coon! Will Parker ist's, das Greenhorn – weißt's noch, Sam Hawkens? Will Parker und ein Greenhorn, hahaha!“ Und als wir anderen nun auch hervortraten, rief er:
    „Segne meine Augen. Da sind sie ja alle, die Springfüße, die mit meiner Mutter Sohn so tapfer vor den Rothäuten herliefen! Na, Sir, nehmt's nicht übel, aber zuweilen ist das Laufen besser als irgend etwas anderes.“
    „Weiß es, Mann; doch sag, was will's mit den Pferden?“ fragte Old Firehand.
    „Hm! Hatte so meine Ansicht, daß die Roten den alten Will Parker überall eher suchen würden als in ihrem eigenen Lager. Bin deshalb erst hinüber nach dem Gutter; war aber nichts mehr da zu finden. Darum machte sich das Greenhorn – hörst du, Sam Hawkens, hahaha – das Greenhorn nach dem ‚couch‘, wo sie die Pferde hatten. Waren ausgeflogen die Vögel und hatten zwei bei den Tieren gelassen, damit sie mir die Felle geben sollten; ist ihnen auch nach Willen geschehen! War böse Arbeit, sage ich, und hat mir einige Löcher eingetragen; aber Will Parker dachte, den Indsmen eine Freude zu machen, wenn er ihnen von ihren Pferden helfe. Habe die schlechten hinaus in die Prärie gejagt und die guten mitgebracht; da sind sie!“
    „Hm, das muß so sein!“ rief Dick Stone vor Erstaunen über die Heldentat des Sprechers.
    „Freilich muß das so sein“, antwortete Parker, „denn wenn wir den Pfeilmännern ihre Pferde nehmen, so kommt ihr Holz ins Schwimmen und sie müssen elend untergehen. Aber da liegen ja drei von ihnen! Aha, hier gewesen, und darum war es im couch so leer. Seht Euch doch den Braunen an, Sir; ein Pferd wie ‚Tabak‘ muß dem Häuptling gehören!“
    „Den wir so schön an die Luft geführt haben, wenn ich mich nicht irre“, grolle Sam der Kleine. „War ein heilloser Streich, meine ich.“
    Old Firehand hörte den Vorwurf nicht. Er war zu dem Braunen getreten und betrachtete das Tier mit bewundernden Blicken.
    „Ein Kapitalroß“, wandte er sich zu mir, „wenn mir die Wahl gelassen würde, so wüßte ich nicht, ob ich Swallow nähme oder diesen da.“
    „Winnetou spricht mit der Seele des Rosses und hört den Puls seiner Adern. Er nimmt Swallow“, entschied der Apache.
    Da ließ ein scharf zischender Laut sich hören, ein Pfeil flog Hawkens an den Arm, fiel aber, von dem brettsteifen, eisenharten Leder des Ärmels abgleitend, zur Erde, und in demselben Augenblick erscholl betäubendes „ho-ho-hi“ aus dem Dickicht hervor. Trotz dieser kriegerischen Demonstration aber ließ sich keiner der Wilden sehen, und Sam meinte, den Pfeil vom Boden nehmend und betrachtend:
    „Hihihihi! Sam Hawkens' Rock und so ein dummes Gewächs durchgehen! Habe dreißig Jahre lang einen Flicken auf den anderen gesetzt und stecke nun drin wie San Jago in Abrahams Schoß, wenn ich mich nicht irre.“
    Weiter hörte ich von seiner an das alte Kleidungsstück gerichteten Ode nichts; denn wir sprangen natürlich sofort in den Busch, um den unfreundlichen Gruß gehörig zu beantworten. Hätten wir uns in die ‚Burg‘ flüchten wollen, so wäre das wegen der Enge des Einganges so langsam vor sich gegangen, daß da wir alle ohne Deckung waren, einer nach dem andern weggeschossen werden konnte. Auch mußten wir dann die erbeuteten Pferde im Stich lassen, da ihr Transport durch die schmale Felsenwindung uns ungemein aufgehalten hätte, und vor allem war aus dem Umstand, daß der Feind zu keinem Angriff vorging, mit ziemlicher Sicherheit zu schließen, daß er nicht zahlreich genug sei und ihm die von mir und Sam hinweggenommenen oder doch wenigstens unbrauchbar gemachten Waffen fehlten.
    Der ganze Lärm war nichts weiter gewesen als eine

Weitere Kostenlose Bücher