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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ursache, welche den herabgefallenen Stein von seinem Ort gelöst hatte.
    In den ersten Augenblicken nach dem Fall des Steines war nichts Auffallendes zu bemerken. Jedenfalls hatte man das von dem Stein verursachte Geräusch ebensogut bemerkt wie ich, und wartete nun eine Weile, um sich zu überzeugen, daß dasselbe nicht gehört oder beachtet werde.
    Diese Ansicht war eine richtige, denn nachdem ich mich einige Zeit lang ruhig verhalten hatte, sah ich zuerst mehrere Gestalten, welche sich von dem dunklen Felsen lösten und nach unten stiegen; bald aber gewahrte ich eine ganze Reihe Indianer, welche einer hinter dem anderen über den Kamm der Höhe kamen und mit langsamen, vorsichtigen Schritten dem ersten folgten, welcher mit der Örtlichkeit vertraut zu sein schien und kaum noch zweier Minuten bedurfte, um die Talsohle zu erreichen.
    Hätte ich meinen Stutzen bei mir gehabt, so wäre es mir leicht gewesen, ihn durch einen Schuß herunterzuholen und damit zugleich das notwendige Alarmsignal zu geben. Er war der Führer, und die anderen durften bei dem gefahrdrohenden Terrain sich keinen Schritt weiter wagen, wenn er ihnen weggeschossen wurde. Aber leider hatte ich nur die Revolver im Gürtel, welche für einen Fernschuß untauglich waren.
    Gab ich mit ihnen das Lärmzeichen, so waren die Feinde doch unten, ehe Hilfe herbeikommen konnte, und ich befand mich dann in der gefährlichsten Lage; denn selbst wenn ich mich zurückziehen wollte, so mußte ich meinen von mehreren Sträuchern gedeckten Standort verlassen und mich den Schießgewehren der Rothäute bloßlegen. Deshalb befolgte ich eine andere Taktik.
    Parranoh, – denn dieser war jedenfalls der Vordere – welcher allem Anschein nach seinen jetzigen Weg nicht zum erstenmal zurücklegte, befand sich soeben in der Nähe einer Felsenklippe, welche er umklettern mußte. Konnte ich dieselbe vor ihm erreichen, so mußte er mir gerade in die Kugel laufen, und ich stieg deshalb kurz entschlossen nach oben. Hinter dem Felsblock verborgen und von ihm gedeckt, konnte ich ihnen allen Trotz bieten und sie einzeln, wie sie kamen, auslöschen.
    Kaum hatte ich den ersten Schritt getan, so fiel vorn am Wassertor ein Schuß, welchem bald mehrere folgten. Ich begriff sofort die Klugheit der Indianer, welche einen Scheinangriff auf den Eingang vornahmen, um unsere Aufmerksamkeit von dem eigentlichen Punkt der uns drohenden Gefahr abzulenken. Mit verdoppelter Eile und Anstrengung kletterte ich deswegen empor und war der Klippe schon so nahe, daß ich sie bereits mit der Hand erreichen konnte, als die lockere Steinmasse unter mir nachgab und ich kopfüber von Stein zu Stein, von Riff zu Riff den zurückgelegten Weg wieder hinunterstürzte und, unten angekommen, für einige Momente die Besinnung verlor.
    Als ich wieder zu denken vermochte und die Augen öffnete, sah ich die ersten der Indsmen nur noch wenige Schritte von mir entfernt und sprang, obgleich furchtbar zerschlagen und zerquetscht, in die Höhe, feuerte die Schüsse des einen Revolver rasch hintereinander auf die dunklen Gestalten ab, warf mich auf Swallow und galoppierte dem Feuer zu; – ich durfte das brave Tier nicht irgendeiner Gefahr aussetzen, indem ich es zurückließ.
    Die Ponkas, welche sich nun doch bemerkt sahen, stießen ihren schon wiederholt vernommenen Schlachtruf aus und stürmten, wie sie einer nach dem andern den Boden des Kessels erreichten, mir nach.
    Am Lagerplatz vom Pferd springend, fand ich ihn von den Jägern verlassen; sie hatten sich am Eingang zusammengeschart und waren auf meine Schüsse hin eben nach der Richtung unterwegs, aus welcher sie dieselben gehört hatten. Ich wurde von ihnen mit hastigen Fragen empfangen.
    „Die Indianer kommen“, rief ich; „rasch in die Höhlen!“
    Es war dies das einzige Mittel, uns vorm Untergang zu retten, mit welchem wir von der Übermacht bedroht waren. In den Höhlen waren wir sicher und konnten von ihnen aus nicht nur den Indsmen standhalten, sondern sie bis auf den letzten Mann niederschießen. Deshalb eilte ich schon noch während meines Rufes nach dem ‚Boudoir‘, welches mir zur Schlafstelle gedient hatte; aber es war zu spät.
    Die Rothäute waren mir auf den Fuß gefolgt und ganz gegen ihre gewöhnliche Art und Weise, obgleich sie sich noch nicht gesammelt hatten, sofort auf die Jäger eingedrungen, welchen die unerklärliche Anwesenheit des Feindes so überraschend kam, daß sie erst an Abwehr dachten, als die feindlichen Waffen unter ihnen

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