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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Zeit zu verlieren.“
    „Wirklich! Das ist unangenehm. Wartet einmal!“ Er ging zu Winnetou und sagte ihm etwas. Der Apache hörte ihn an, schüttelte verächtlich mit dem Kopf und wendete sich ab. Der Kapitän kehrte zu uns zurück und meldete mit verdrießlicher Miene:
    „Dachte es mir! Die Roten haben eiserne Köpfe. Er will auch nicht ans Land gesetzt werden.“
    „Dann ist er mit diesen beiden Herren verloren, denn die Kerle werden Ernst machen“, meinte der Conductor besorgt. „Und wir paar Mann vom Steamer können gegen eine solche Übermacht nichts tun.“
    Der Kapitän blickte sinnend vor sich nieder. Dann zuckte es lustig über sein gutmütiges Gesicht, wie wenn er einen vortrefflichen Einfall habe, und wendete sich zu uns:
    „Ich werde diesen Sezessionisten einen Streich spielen, an den sie noch lange denken sollen. Ihr müßt euch aber genau so verhalten, wie ich es von euch verlange. Macht vor allen Dingen keinen Gebrauch von der Waffe. Steckt eure Büchsen da unter die Bank zu den Sätteln. Gegenwehr würde die Sache verschlimmern.“
    „All devils! Sollen wir uns ruhig lynchen lassen, Master?“ rief Old Death verdrießlich.
    „Nein. Haltet euch an passive Gegenwehr! Im richtigen Augenblick wird mein Mittel wirken. Wir wollen diese Halunken durch ein Bad abkühlen. Verlaßt euch auf mich! Habe keine Zeit zur Explikation. Die Kerle nahen schon.“
    Wirklich kam grad jetzt die Rotte aus der Restauration gestiegen. Der Kapitän wendete sich schnell von uns ab und erteilte dem Conductor einige leise Befehle. Dieser eilte zum Steuermann, bei welchem die zwei zum Boot gehörigen Deckhands standen. Kurze Zeit später sah ich ihn beschäftigt, den ruhigeren Passagieren heimliche Weisungen zuzuflüstern, konnte aber nicht weiter auf ihn achten, da ich mit Old Death von den Sezessionisten in Anspruch genommen wurde. Nur so viel bemerkte ich im Verlauf der nächsten zehn Minuten, daß die erwähnten friedlichen Reisenden sich möglichst eng am Vorderdeck zusammenzogen.
    Kaum hatten die betrunkenen Sezessionisten die Restauration verlassen, so waren wir beide von ihnen umringt. Wir hatten nach der Weisung des Kapitäns die Gewehre weggelegt.
    „Das ist er!“ rief der Sprecher von gestern, indem er auf mich deutete. „Ein Spion der Nordstaaten, die es mit Juarez halten. Gestern noch ging er als feiner Gentleman gekleidet; heute hat er einen Trapperanzug angelegt. Warum verkleidet er sich. Meinen Hund hat er mir getötet, und beide haben uns mit ihren Revolvern bedroht.“
    „Ein Spion ist er, ja ein Spion!“ riefen die andern wirr durcheinander. „Das beweist die Verkleidung. Und er ist ein Deutscher. Bildet eine Jury! Er muß am Hals baumeln! Nieder mit den Nordstaaten, mit den Yankees und ihren Geschöpfen!“
    „Was treibt ihr da unten, Gentlemen?“ rief in diesem Augenblick der Kapitän von oben herab. „Ich will Ruhe und auch Ordnung an Bord. Laßt die Passagiere ungeschoren!“
    „Schweigt, Sir!“ brüllte einer aus der Rotte hinauf. „Auch wir wollen Ordnung, und wir werden sie uns jetzt verschaffen. Gehört es zu Euren Obliegenheiten, Spione an Bord zu nehmen?“
    „Es gehört zu meinen Obliegenheiten, Leute zu befördern, welche die Passage bezahlen. Kommen Führer der Sezessionisten zu mir, so sollen sie mitfahren dürfen, vorausgesetzt, daß sie zahlen und anständig sind. Das ist meine Loyalität. Und wenn ihr mir mit der eurigen das Geschäft verderbt, so setze ich euch ans Ufer und ihr mögt zu Land nach Austin schwimmen.“
    Ein höhnisches, wieherndes Gelächter antwortete ihm. Man drängte Old Death und mich so eng zusammen, daß wir uns nicht rühren konnten. Wir protestierten natürlich, doch wurden unsere Worte durch das fast tierische Geschrei dieser rohen Bande verschlungen. Man stieß uns vom ersten Platz fort, hinaus, bis an die rauchende Esse, an welcher wir aufgeknüpft werden sollten. Dieselbe war oben mit eisernen Ösen versehen, durch welche Taue liefen, also eine wunderbar schöne und praktische Vorrichtung, um jemanden aufzuhängen. Man brauchte die Taue nur schlaff zu lassen und uns mit der empfindlichen Gegend des Halses an dieselben zu befestigen, um uns dann gemächlich emporzuhiffen. Hier also wurde ein Kreis um und ein Gerichtshof über uns gebildet. Das letztere war eine reine Lächerlichkeit. Ich glaube, die Schufte sind gar nicht dazu gekommen, sich zu fragen, warum wir gar nicht Miene machten, uns zur Wehr zu setzen; sie sahen doch, daß wir im Besitz

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