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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dem entkommenen Friedensunterhändler war. Wir kommen freilich zu spät, um draußen im Gras ihre Fährte zu finden; aber ich kann mir denken, welche Richtung sie eingeschlagen haben. Sie mußten über den Rio Grande, grade wie wir, haben die gradeste Richtung eingeschlagen, was auch wir tun werden, und so kalkuliere ich, daß wir wohl noch auf irgendein Zeichen von ihnen stoßen werden. Nun wollen wir uns nach einem Platz umsehen, an dem wir lagern können, denn morgen müssen wir möglichst zeitig aufbrechen.“
    Sein geübtes Auge fand sehr bald eine passende Stelle, ein rund von Büschen umgebenes offenes Plätzchen, dicht mit saftigem Grase bestanden, an welchem unsere Pferde sich gütlich tun konnten. Wir sattelten sie ab und pflockten sie an den Lassos an, welche wir aus La Grange mitgenommen hatten. Dann lagerten wir uns wieder und hielten von dem Reste unseres Speisevorrates ein bescheidenes Abendmahl. Auf meine Erkundigung, ob wir nicht ein Lagerfeuer anbrennen wollten, antwortete Old Death, indem er eine spöttisch-pfiffige Miene zog:
    „Habe diese Frage von Euch erwartet, Sir. Habt wohl früher manche schöne Indianergeschichte von Cooper und anderen gelesen? Haben Euch wohl sehr gefallen, diese hübschen Sachen?“
    „Ziemlich.“
    „Hm, ja! Das liest sich so gut; das geht alles so glatt und reinlich. Man brennt sich die Pfeife oder die Zigarre an, setzt sich auf das Sofa, legt die Beine hoch und vertieft sich in das schönste Buch, welches der Leihbibliothekar geschickt hat. Aber lauft nur einmal selbst hinaus in den Urwald, in den fernen Westen! Da geht es wohl ein wenig anders zu, als es in solchen Büchern zu lesen ist. Cooper ist ein ganz tüchtiger Romanschreiber gewesen, und auch ich habe seine Lederstrumpferzählungen genossen; aber im Westen war er nicht. Er hat es ausgezeichnet verstanden, die Poesie mit der Wirklichkeit zu verbinden; aber im Westen hat man es eben nur mit der letzteren zu tun, und von der Poesie habe wenigstens ich noch keine Spur entdecken können. Da liest man von einem hübsch brennenden Lagerfeuer, an welchem eine saftige Büffellende gebraten wird. Aber ich sage Euch, wenn wir jetzt ein Feuerchen anzündeten, so würde der Brandgeruch jeden Indsman herbeilocken, welcher sich innerhalb einer um uns gezogenen Kreislinie befindet, deren Halbmesser von hier weg zwei englische Meilen beträgt.“
    „Eine Stunde fast! Ist das möglich?“
    „Werdet wohl noch erfahren, was für Nasen die Roten haben. Und wenn sie es nicht riechen sollten, so wittern es ihre Pferde, welche es ihnen durch jenes fatale Schnauben verraten, das den Tieren anerzogen ist und schon manchem Weißen das Leben gekostet hat. Darum meine ich, wir sehen heute von der Poesie eines Lagerfeuers ab.“
    „Aber es steht doch wohl nicht zu befürchten, daß sich Indianer in unserer Nähe befinden, weil die Comanchen noch nicht unterwegs sein können. Bevor die Unterhändler heimgekommen sind und die dann ausgesendeten Boten die Krieger der verschiedenen Stämme zusammengeholt haben, muß eine leidliche Zeit vergehen.“
    „Hm! Was so ein Greenhorn doch für kluge Reden halten kann! Leider habt Ihr dreierlei vergessen. Nämlich erstens befinden wir uns eben im Comanchengebiet. Zweitens sind ihre Krieger bereits bis hinüber ins Mexiko geschwärmt. Und drittens sind auch die Zurückgebliebenen nicht erst langsam zusammenzutrommeln, sondern jedenfalls längst versammelt und zum Kriegszug gerüstet. Oder haltet Ihr die Comanchen für so dumm, die Abgesandten der Apachen zu töten, ohne zum sofortigen Aufbruch gerüstet zu sein? Ich sage Euch, der Verrat gegen diese Abgesandten war keineswegs eine Folge augenblicklichen Zornes; es war vorher überlegt und beschlossen. Ich kalkuliere, daß es am Rio Grande bereits Comanchen gibt, und befürchte, daß es Winnetou sehr schwer sein wird, unbemerkt an ihnen vorüberzukommen.“
    „So haltet Ihr es mit den Apachen?“
    „Im stillen, ja. Ihnen ist unrecht geschehen. Sie sind schändlich überfallen worden. Zudem habe ich grad für diesen Winnetou eine außerordentliche Sympathie. Aber die Klugheit verbietet uns, Partei zu ergreifen. Wollen uns gratulieren, wenn wir mit heiler Haut unser Ziel erreichen, und es uns ja nicht einfallen lassen, entweder mit der einen oder der andern Seite zu liebäugeln. Übrigens habe ich keine allzu große Veranlassung, mich vor den Comanchen zu fürchten. Sie kennen mich. Ich habe ihnen wissentlich niemals ein Leid getan und bin oft bei

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