02 - Winnetou II
Gesindel, von welchem Ihr vorhin redetet. Er ist wieder zu seiner Gesellschaft gestoßen, welche auf ihn wartete. Sonst ist wohl nichts Wichtiges geschehen?“
„Ich weiß weiter nichts.“
„Dann sind wir fertig. Sagt also dem Major, daß Ihr mich getroffen habt. Ihr seid sein Untergebener und dürft ihm also nicht mitteilen, was ich von den letzten Ereignissen denke, aber Ihr hättet großes Unheil und viel Blutvergießen verhütet, wenn Ihr nicht so lax in der Erfüllung Eurer Pflicht gewesen wäret. Good bye, Boys!“
Er wendete sein Pferd zur Seite und ritt davon. Wir folgten ihm nach kurzem Gruß gegen die Dragoner, welche sich nun direkt nach Norden wendeten. Wir legten im Galopp eine große Strecke schweigend zurück. Old Death ließ den Kopf hängen und gab seinen Gedanken Audienz. Im Westen neigte sich die Sonne dem Untergang zu; es war höchstens noch eine Stunde Tag und doch sahen wir den südlichen Horizont noch immer wie eine messerscharfe Linie vor uns liegen. Wir hatten heute den Rio Leona erreichen wollen, wo es Baumwuchs gab. Letzterer hätte den Horizont als eine viel dickere Linie erscheinen lassen müssen. Darum stand zu vermuten, daß wir dem Ziel unseres heutigen Rittes noch nicht nahe seien. Diese Bemerkung mochte sich auch Old Death im stillen sagen, denn er trieb sein Pferd immer von neuem an, wenn es in langsameren Gang fallen wollte. Und diese Eile hatte endlich auch Erfolg, denn eben als der sich vergrößernde Sonnenball den westlichen Horizont berührte, sahen wir im Süden einen dunklen Strich, welcher um so deutlicher zuletzt aus kahlem Sand bestanden hatte, trug wieder Gras und nun bemerkten wir auch, daß der erwähnte Strich aus Bäumen bestand, deren Wipfel uns nach dem scharfen Ritt einladend entgegenwinkten. Old Death deutete auf dieselben hin, erlaubte seinem Pferd in Schritt zu gehen, und sagte:
„Wo in diesem Himmelsstrich Bäume stehen, muß Wasser in der Nähe sein. Wir haben den Leonafluß vor uns, an dessen Ufer wir lagern werden.“
Bald hatten wir die Bäume erreicht. Sie bildeten einen schmalen, sich an den beiden Flußufern hinstreckenden Hain, unter dessen Kronendach dichtes Buschwerk stand. Das Bett des Flusses war breit, um so geringer aber die Wassermasse, die er mit sich führte. Doch zeigte sich der Punkt, an welchem wir auf ihn trafen, nicht zum Übergang geeignet, weshalb wir langsam am Ufer aufwärts ritten. Nach kurzem Suchen fanden wir eine Stelle, wo das Wasser seicht über blinkende Kiesel glitt. Da hinein lenkten wir die Pferde, um hindurchzureiten. Old Death war voran. Eben als sein Pferd die Hufe in das Wasser setzen wollte, hielt er es an, stieg ab und bückte sich nieder, um den Grund des Flusses aufmerksam zu betrachten.
„Well!“ nickte er. „Dachte es doch! Hier stoßen wir auf eine Fährte, welche wir nicht eher bemerken konnten, weil das trockene Ufer aus starkem Kies besteht, welcher keine Spur aufnimmt. Betrachtet euch einmal den Boden des Flusses!“
Auch wir stiegen ab und bemerkten runde, etwas mehr als handgroße Vertiefungen, welche in den Fluß hineinführten.
„Das ist eine Fährte?“ fragte Lange. „Ihr habt jedenfalls recht, Sir. Vielleicht ist's ein Pferd gewesen, also ein Reiter.“
„Nun, Sam mag sich die Spur betrachten. Will sehen, was der von ihr meint.“
Der Neger hatte bescheiden hinter uns gestanden. Jetzt trat er vor, sah in das Wasser und meinte dann:
„Da sein gewesen zwei Reiter, welche hinüber über den Fluß.“
„Warum meinst du, daß es Reiter und nicht herrenlose Pferde gewesen sind?“
„Weil Pferd, welches Eisen haben, nicht wilder Mustang sein, sondern zahmes Pferd, und darauf doch allemal sitzen Reiter. Auch seine Spuren tief. Pferde haben tragen müssen Last, und diese Last sein Reiter. Pferde nicht gehen nebeneinander in Wasser, sondern hintereinander. Auch bleiben stehen am Ufer, um zu saufen, bevor laufen hinüber. Hier aber nicht sind stehenbleiben, sondern stracks hinüber. Sind auch laufen nebeneinander. Das nur tun, wenn so müssen, wenn gehorchen dem Zügel. Und wo ein Zügel sein, da auch ein Sattel, worauf sitzen Reiter.“
„Das hast du gut gemacht!“ lobte der Alte. „Ich selbst hätte es nicht besser erklären können. Ihr seht, Mesch'schurs, daß es Fälle gibt, in welchen ein Weißer noch genug von einem Schwarzen lernen kann. Aber die beiden Reiter haben Eile gehabt, sie haben ihren Pferden nicht einmal Zeit zum Saufen gelassen. Da diese aber jedenfalls Durst
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