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weiter in die Irre führen.« Wieder zeichnete er eine Linie und machte sich auf die Proteste gefasst, die jeden Moment aufkommen würden. »Von Strabo springen wir nämlich nach Cydoni.«
»Cydoni?« Captain Numos war damit genügend provoziert worden, um Geary abermals herauszufordern. »Das ist ja noch tiefer im Syndik-Territorium!«
»Richtig. Die Syndiks werden letztendlich herausfinden, dass wir nach Strabo gesprungen sind, und annehmen, wir seien von dort zu einem der drei Sterne weitergesprungen, die uns wieder näher an Allianz-Gebiet heranführen. Sie werden viel Zeit verlieren, bis sie dahinterkommen, dass wir nach Cydoni entkommen sind.«
»Und welchem Zweck soll das dienen?«, wollte Numos wissen. »Sollen wir bis zum anderen Ende des Syndik-Gebiets davonlaufen, nur weil sie das nicht erwarten? Haben Sie eine Vorstellung davon, wie dringend wir unsere Vorräte aufstocken müssen, wenn wir Cydoni erreichen? Was gibt es da?«
»Nichts.« Alle starrten sie Geary verblüfft an. »Das ist ein weiteres verlassenes System. Die Photosphäre des Sterns dehnt sich aus, und der eine bewohnbare Planet wurde vor Jahrzehnten evakuiert. Nein, worauf es ankommt, ist das, was hinter Cydoni liegt.« Wieder eine Geste, mit der er versuchte, etwas Dramatik in seinen Vortrag zu bringen. »Am Rand der Sprungreichweite von Cydoni befindet sich Sancere. Abermals ein Stück weiter vom Allianz-Gebiet entfernt, doch dafür stehen unsere Chancen hervorragend, dass unsere Ankunft bei Sancere die Syndiks ganz und gar unvorbereitet treffen wird.«
»Sancere ist der Standort einiger der größten Schiffswerften der Syndiks«, sagte Captain Duellos in das sich anschließende entsetzte Schweigen. »Aber schaffen wir es wirklich von Cydoni dorthin? Die Daten des Sprungantriebs geben nicht an, dass sie über eine solche Reichweite verfügen.«
»Das schaffen wir. Ich habe schon weitere Sprünge mitgemacht«, erwiderte Geary. »Seit der Erfindung des Hypernets ist von Ihnen niemand mehr auf den Sprungantrieb angewiesen. Zu meiner Zeit gab es zum Sprungantrieb überhaupt keine Alternative, und wir fanden Mittel und Wege, wie sich die offiziell angegebene Reichweite vergrößern lässt.«
»Das ist doch Irrsinn!«, kommentierte Captain Faresa verblüfft. »Da dringen wir wiederholt tiefer in feindliches Gebiet vor, um ein Ziel zu erreichen, das zweifellos schwer bewacht wird, während sich unsere Vorräte dem Ende zuneigen!«
»Das System wird nicht schwer genug bewacht sein, um uns Widerstand bieten zu können«, beteuerte Geary mit einer Überzeugung, die er so deutlich gar nicht empfand. Es bestand immer die Gefahr, dass er sich irrte, doch das konnte er nicht eingestehen, wenn er eine Chance haben wollte, diese Leute für seinen Plan zu gewinnen. »Die Syndiks müssen große Truppenteile in jede Richtung entsenden, um nach uns zu suchen und uns abzufangen. Sie werden niemals auf die Idee kommen, dass wir so tollkühn sein könnten, um bei Sancere zuzuschlagen, selbst wenn einer von ihnen sich daran erinnern sollte, dass unser Sprungantrieb diese Entfernung bewältigen kann. Nachschub für unsere Vorräte ist kein Problem, weil dieses Schiffbauzentrum eine hohe Bevölkerungszahl aufweist. Da findet sich alles, was wir haben wollen.«
»Ein Hypernet-Portal eingeschlossen«, warf Captain Tulev ein.
»Richtig«, bestätigte Geary und sah in die Gesichter der anderen, von denen die meisten Unsicherheit ausstrahlten. »Wenn sie das Portal zerstören, dann verhindern sie damit, dass Verstärkung noch schnell genug eintrifft. Wenn sie es nicht zerstören …« Er ließ den Satz unvollendet, um ihn als Köder zu benutzen.
»… können wir nach Hause gelangen. Und zwar schnell«, hauchte jemand.
Numos musterte Geary kritisch. »Dann existiert dieser Hypernet-Schlüssel also noch, den wir von diesen Verrätern erhalten hatten?«
»Ja.«
»Wir hätten nach Cadiz springen und ihn dort einsetzen können!«
Geary verspürte Wut über Numos’ Mischung aus Starrsinn und Dummheit. »Wir waren uns zu der Zeit einig, dass Cadiz ein zu offensichtliches Ziel war. Die Syndiks hätten mit einer erdrückenden Übermacht auf uns gewartet.«
»Und das werden sie bei Sancere nicht machen? Wie können Sie ein so wahnsinniges Risiko eingehen?«, wollte Numos wissen.
Geary warf ihm einen eisigen Blick zu. »Ich dachte, ich war bislang immer zu vorsichtig. Wollen Sie mir jetzt etwa vorwerfen, ich sei zu wagemutig?« Er sah zu den anderen Offizieren. »Sie kennen die
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