02
inne und sah zu ihr, wie sie auf dem Rücken dalag und ihn so selbstverständlich anschaute, als würden sie schon seit Jahren jeden Morgen Seite an Seite aufwachen. »Willst du, dass das was Langfristiges wird?«
Fragend zog sie eine Augenbraue hoch. »Soll das heißen, du willst das nicht?«
»Nein, das soll es nicht heißen. Ich würde es gern versuchen. Ich glaube, etwas Langfristiges würde mich …«
»Glücklich machen? Es ist in Ordnung, glücklich zu sein, John. Nach dem Tod meines Mannes habe ich lange gebraucht, um das zu verstehen, aber schließlich habe ich es erkannt.« »Wie lange hast du dafür gebraucht?«, fragte er leise.
»Bis heute Nacht. Und jetzt sprich mit Colonel Carabali, und zieh dir vorher was an!«
»Ich möchte wetten, Carabali hat schon Schlimmeres gesehen«, gab Geary zurück, zog aber hastig seine Uniform an, während er zu seinem Schreibtisch ging. Dort aktivierte er das Komm-Terminal und versuchte, seine Gedanken an die Nacht mit Rione zu verdrängen, damit er sich auf seine Arbeit konzentrieren konnte. »Was beunruhigt Sie denn, Colonel?«
Carabali war sichtlich übermüdet, was Geary Schuldgefühle bereitete, da er so ausgeruht war wie schon lange nicht mehr. Die Befehlshaberin der Marines zeigte auf ein Display gleich neben ihr. »Sir, Ihre Schiffe bewegen sich ganz in der Nähe der vierten Welt. Normalerweise geht mich das ja nichts an, aber es ist meine Aufgabe, Flottenoffiziere auf mögliche Bedrohungen hinzuweisen, die von Planeten ausgehen können.«
»Bedrohungen? Wir haben auf dieser Welt alles zerbombt, was uns bedrohen könnte. Da sollte keine antiorbitale Waffe mehr übrig sein.«
»Richtig«, stimmte Carabali ihm zu. »Aber >sollte< besagt nicht, dass es auch so ist. Sir, wir haben alles getroffen, was wir aus einer Entfernung von einigen Lichtstunden erkennen können. Allerdings handelt es sich um eine dicht bevölkerte und massiv bebaute Welt. Bei so vielen Gebäuden und Anlagen ist es nicht so einfach, alles zu erkennen, was es da unten gibt. Außerdem haben die Einschläge unserer Waffen viel Staub und Wasserdampf in die obere Atmosphäre aufsteigen lassen, weshalb wir im Moment von der Oberfläche praktisch nichts sehen können. Wir wissen nicht, was wir übersehen haben, und wir haben auch keine Ahnung, was sich jetzt dort unten befindet.«
Geary betrachtete das Display und rieb sich nachdenklich das Kinn. »Gutes Argument«, musste er eingestehen. Der Kampf im All verleitet einen allzu leicht zu der Annahme, dass man jede Bedrohung sehen kann, lange bevor sie einen erreicht. Das trifft hier aber nicht zu, und das hätte ich erkennen sollen. Die Siege über die Syndiks im Sancere-System und die vereitelte Katastrophe des zusammenbrechenden Hypernet-Portals haben mich zu selbstsicher werden lassen. Ich war nicht so paranoid wie sonst, um darüber zu spekulieren, was in diesem System vielleicht noch auf uns lauert. »Können die uns durch diese Wolkendecke hindurch mit irgendetwas beschießen?«
»Wir haben ganz sicher nicht jeden Luft- und Raumhafen erwischen können, Sir. Die müssen nur etwas weit genug in die Atmosphäre schießen, das ein Bild von der Situation über der Wolkendecke an die Oberfläche übermittelt. Das könnte zum Beispiel eine unbemannte Drohne sein, die nur sehr schwer zu entdecken wäre.«
Geary rief den Flugplan auf, um sich anzusehen, wohin Formation Bravo unterwegs war. »Unsere Schiffe fliegen die Orbitalwerften an oder besser gesagt: das, was davon noch übrig ist, außerdem einige große zivile Orbitaleinrichtungen. Wir brauchen das, was sich dort befindet, Colonel, vor allem die Lebensmittelvorräte und die Rohstoffe.«
»Sir, das gefällt mir nicht.«
»Können Sie einen Plan liefern, Colonel? Damit unsere Schiffe diese Einrichtungen zu plündern in der Lage sind, während die Syndiks daran gehindert werden, Waffen von der Planetenoberfläche auf uns abzufeuern, die uns entgangen sind?«
Nachdenklich senkte Carabali den Blick. »Wir haben Scoutschiffe, die wir in die Atmosphäre schicken könnten. RecceDrohnen. Aber ich kann nichts dazu sagen, wie tief die gehen müssen, um sich umschauen zu können. Je tiefer sie sind, umso geringer ist der Radius, den sie erfassen können.«
»Über wie viele dieser Drohnen verfügt die Formation Beta?«
Die Marine überprüfte etwas auf einer Anzeige, die Geary nicht sehen konnte. »Zehn, Sir, und alle einsatzfähig. Aber wenn wir sie losschicken, gibt es keine Garantie, dass sie auch zu uns
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