0201 - Der Teufelsschatten
löste seine Umarmung wieder und wandte sich Thor zu, der sich aufgerichtet hatte und jetzt in geduckter Haltung dastand, als lausche er unhörbaren Stimmen.
»He, alter Freund«, fragte Zamorra. »Was ist passiert? Warum riß die Verbindung ab?«
Thor schien sich nur langsam aus seiner Starre lösen zu können. Er wischte sich mit der riesigen Hand über die Stirn und sah Zamorra an. Erstaunt bemerkte der Parapsychologe, wie sich die Pupillen des Asgaarders veränderten und eine leicht katzenhafte Form annahmen.
»Ich muß fort«, behauptete er. »Die anderen brauchen Hilfe. Tue du, was Zeus dir riet!«
»Und wie soll ich zum ORTHOS kommen?« fragte der Meister des Übersinnlichen spöttisch.
Thor sah gen Sooyst, wo sich der OLYMPOS befinden mußte, nicht ganz einen Tagesmarsch entfernt. Dort geschah etwas. Zamorra fühlte plötzlich die magischen Schwingungen, die dort ihren Ausgang nahmen und den Äther durcheilten. Dort wurden gewaltige Kräfte freigesetzt, und sekundenlang glaubte er in der Ferne etwas aufblitzen zu sehen.
Düstere Wolken zogen sich über dem OLYMPOS zusammen.
»Ich entsende dich«, murmelte Thor fast unhörbar. »Und Nicole und Fenrir werden Ansu Tanaar suchen. So will es Zeus, und so wird es geschehen!«
Zamorra faßte nach Thors Schulter und rüttelte den Hünen. »Was geschieht dort am OLYMPOS?«
»Nichts, was dich berühren müßte«, knurrte Thor. Er streifte Zamorras Hand einfach ab. »Ich muß gehen, die anderen brauchen mich. Bist du bereit?«
»Bereit wozu?« fragte der Parapsychologe.
Da sah er Thors Dhyarra-Kristall aufflammen, der in die Gürtelschnalle des Asgaarders eingearbeitet war.
Etwas hüllte ihn ein und zerrte an ihm.
Er sah noch, wie in Sooystlicher Richtung, dort wo der OLYMPOS liegen mußte, eine Feuersäule gen Himmel aufstieg. Aber es konnte auch eine optische Täuschung gewesen sein. Fenrir jaulte auf, und sein Jaulen klang noch in Zamorras Ohren, als die Umgebung wechselte.
Mit der Kraft seines Dhyarra-Kristalls hatte Thor von Asgaard ihn von einem Punkt dieser Welt zu einem anderen versetzt, Zamorra taumelte. Er sah eine fremde Umgebung, in der er sich völlig allein befand, und schloß für ein paar Sekunden die Augen.
Als er sie wieder öffnete, war er nicht mehr allein.
Mit wildem Aufbrüllen sprang die Bestie ihn an!
***
»Wir haben ihn«, sagte Merlin ruhig, als Gryf im zeitlosen Sprung nach Caermardhin zurückgekehrt war. Der Magier trat an einen Tisch, auf dem eine Landkarte ausgebreitet lag. Sie sah uralt aus und war an den Rändern stellenweise ausgefranst und stark vergilbt.
Gryf gesellte sich zu Merlin und betrachtete die Karte. Sie zeigte ein auf den ersten Blick verwirrendes Bild.
Erst auf den zweiten Blick konnte der Druide die Umrisse Englands erkennen, wenig weiter südlich die französische Küste. Stärker ausgeprägt waren andere Konturen. Es war, als habe jemand zwei Landkarten auf Klarsichtfolie gezeichnet und diese dann übereinandergelegt.
Die Linien, die stärker ausgeprägt waren, entsprachen keinen irdischen Formationen und Grenzen.
»Hier sind wir«, sagte Merlin und tippte dorthin, wo Südwales durchschimmerte. Mit roter Tinte war eine Burg eingezeichnet - Merlins Burg. »Und hier oben warst du.«
Dort, wo Mona schimmerte, erhob sich auf der anderen Karte ein gewaltiger Gebirgszug. Der Zeichnung nach war er zerklüftet, schroff und unbewachsen. Auf den Kuppen mußte Schnee liegen.
Merlins Hand glitt über die Karte und zog eine unsichtbare Linie. »Entlang dieser Linie muß er sich befinden.« Erwartungsvoll sah der König der Druiden, wie er zuweilen genannt wurde, Gryf an.
Gryf überlegte. Auch er hatte Asmodis wahrgenommen und die Richtung erfühlt, in der er suchen mußte. Die Linie schnitt sich mit der anderen ein Stück östlich der britischen Inseln in der Nordsee.
»Dort…«
»Und in der anderen Welt«, sagte Merlin. »Er hat sich gut verborgen und eine Halbdimension gewählt.«
»Was ist das für eine Welt?« fragte Gryf, der diese Karte noch nie gesehen hatte.
Merlin lächelte.
»Als vor ein paar tausend Jahren Atlantis und Lemuria versanken, änderte sich das gesamte Weltbild. Kontinente zerbrachen, andere tauchten aus den Fluten auf. Damals fiel eine Entscheidung zwischen zwei Wahrscheinlichkeiten. Das Weltbild, wie wir es jetzt sehen, besaß die höhere Wahrscheinlichkeit und entstand. Die andere wurde abgedrängt, war aber stark genug, weiterhin zu existieren, gewissermaßen parallel zu unserer
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