0202 - Das Halsband des Todes
Schachspiel zu erwähnen.
Zwei Stunden später saßen wir in meiner Wohnung.
Draußen peitschte der Novembersturm den Regen gegen die Fensterscheiben, aber hier im Zimmer war es mollig warm. Die Whiskyflasche stand griffbereit, und zwischen uns hatte ich die Schachfiguren genauso aufgebaut wie bei jener Partie, die How nicht mehr hatte zu Ende spielen können.
Phil betrachtete das Brett und schüttelte den Kopf.
»Ich habe so das Gefühl, als hätte ich das gleiche Spiel schon einmal gespielt. Das ist natürlich Unsinn, aber ich weiß genau und ohne zu überlegen, welchen Zug ich jetzt machen muss.«
»Dann fang schon an«, forderte ich ihn auf.
Er zog den weißen Läufer und brachte mich gewaltig in Druck. Um ein Haar hätte er mich mattgesetzt, aber dann machte er einen Fehler, und das Blatt wendete sich. Genau eine Stunde später hatte ich gewonnen.
Gegen Mitternacht brachte ich meinen Freund nach Hause, nahm auf dem Rückweg noch schnell einen Drink und lag um ein Uhr in meiner Falle.
***
Am Morgen regnete es immer noch. Es war ein Wetter, das einem auch die beste Laune verderben konnte.
Kaum war ich im Office angekommen, als Mr. High, der FBI-Districtchef von New York meinen Freund Phil und mich rufen ließ.
»Ade, du schönes Faulenzerleben«, meinte Phil. »Wenn der Chef uns ruft, dann gibt es Arbeit.«
Es sah auch wirklich danach aus. Der Chef machte ein nachdenkliches Gesicht, forderte uns auf Platz zu nehmen und sagte dann: »Kennen Sie Missis Vera Wassilof?«
»Persönlich nicht und dem Namen nach auch erst seit gestern«, antwortete ich, während Phil nur verneinend den Kopf schüttelte.
»Missis Wassilof hat mich vorhin angerufen«, erklärte uns der Chef. »Sie kam mit einem Anliegen, das uns eigentlich nichts angeht, aber sie hat sehr viel Geld und infolgedessen sehr gute Beziehungen. Sie pochte darauf, Mister Hoover zu kennen, und redete so lange, bis ich ihr versprach, dass wir uns ganz unverbindlich einmal um die Sache kümmern würden.«
Der Chef machte eine Pause und sah uns nachdenklich an, ehe er fortfuhr: »Inzwischen habe ich in Washington angefragt und erfahren, dass sie nicht geschwindelt hat. Bei dieser Geschichte handelt es sich um eine sagenhafte, doppelreihige Kette aus grauen Perlen, die der letzten Zarin gehört haben soll und auf irgendwelchen dunklen Wegen in den Besitz des Generals Wassilof gekommen ist. Der General starb vor ein paar Jahren, und seine Frau, beerbte ihn. Am Telefon tat sie sehr geheimnisvoll. Sie sagte, dass die Kette auf rätselhafte Weise gestohlen worden sei, aber sie kenne den Dieb ganz genau.«
Phil und meine Wenigkeit spitzten die Ohren. Bis jetzt hörte sich die Geschichte recht spannend an. Mr. High fuhr fort: »Da es sich aber um eine Familienangelegenheit handele, wie Missis Wassilof sagte, soll die Affäre nicht an die große Glocke gehängt werden. Ganz im Gegensatz dazu hat Missis Wassilof jedoch gestern bereits die Stadtpolizei alarmiert. Bitte gehen Sie einmal hin, hören Sie sich an, was die Frau zu sagen hat, versprechen Sie aber nichts. Mit diesen Schmuckstücken, die früher einmal im Besitz der Zarenfamilie oder irgendeiner Großfürstin gewesen sind, ist gewöhnlich eine üble Affäre verknüpft. Entweder sind die Schmuckstücke gestohlen, geraubt oder falsch. Die Adresse ist 37 Straße 120. Wie Missis Wassilof am Telefon sagte, liege das Haus neben dem alten Stadtpalast von J. P. Morgan.«
Damit waren wir entlassen. Ohne zu zögern, machten wir uns auf den Weg.
Die 37. Straße liegt in einem Stadtteil, der früher einmal die vornehmste Gegend New Yorks war. Jetzt aber haben die meisten der verschnörkelten Bauten aus dem vorigen Jahrhundert modernen Geschäftshäusern und vor allem Clubs Platz machen müssen. Nur wenige architektonische Vertreter der guten alten Zeit waren übriggeblieben. Und in einem dieser mit dorischen Säulen, barocken Steinengeln und gotischen Fenstern ausgestatteten Kästen wohnte Mrs. Wassilof.
Das eiserne Gittertor stand offen, und so fuhren wir die Auffahrt hinauf zum Haus, wo uns eine steifer Bursche mit englischem Akzent und ein junges Kammerkätzchen empfingen.
»Sie wünschen?«, näsele der Diener mit der Arroganz eines Chefbutlers vom Dienst.
»Wir haben eine Verabredung mit Missis Wassilof.«
Er geruhte uns einzulassen. Aber wenn wir dachten, dass wir nun die Hausherrin sehen würden, so hatten wir uns getäuscht. Der Diener setzte eine feierliche Miene auf und führte uns in eine Art
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