0204 - Herr der Grünen Hölle
abgeschnittenes Glied deines Körpers!« grollte es über die Wasser.
Zamorra wurde totenblaß. Im Flugzeug fiel Nicole Duval in Ohnmacht.
***
»Wurm! Spüre die Strafe, die den trifft, der es wagt, über den Fürsten der Finsternis zu spotten!«
Wie fern verhaltenes Donnergrollen vernahm der von wahnsinnigen Schmerzen gepeinigte Dämon die Stimme seines Herrn und Gebieters. Es war, als würde er in Strömen flüssigen Feuers gebadet um gleich darauf in die unergründlichen Tiefen des Eismeeres gerissen zu werden.
»Nun, wie gefallen dir die von Doktor Asmodis verordneten Wechselbäder!« kam es höhnisch. Aber das, was sich Huitzilopochtli nannte, war zu keiner Entgegnung mehr fähig. Nur das, was man mit einiger Fantasie als Stimme bezeichnen konnte, wimmerte tonlos um Gnade.
Endlich, endlich - die Pein ließ nach. Es dauerte eine geraume Zeit, bevor bei dem geschundenen Dämon das einsetzte, was man wider besseren Wissens als Denkprozeß bezeichnen könnte.
Und aus weit aufgerissenen Augen starrte er auf die Gestalt, die in majestätisch-drohender Haltung vor ihm, der sich zusammengekrümmt auf dem festgestampften Lehmboden der Hütte wandt, aufbaut.
Es war die hochgewachsenç Gestalt eines kraftvoll gebauten Mannes, der gerade die sechzig Jahre überschritten hatte.
Eisgraues Haar floß kräuselnd um ein Angesicht, aus dem die Weisheit des Sokrates, die Machtgier des Dschingis Khan, die Überheblichkeit des vierzehnten Ludwig von Frankreich und der Wahnsinn des römischen Kaiser Caligula sprachen.
Das bis auf die Schultern herabwallende Haar wurde durch ein rotes Stirnband gebändigt, in das unverständliche, goldblitzende Zeichen und Symbole eingearbeitet waren.
Ein langes Gewand umhüllte in mächtigen Falten die Gestalt. Der Stoff, sofern man von Stoff reden kann, denn die Umhüllung des Wesens trug alle Anzeichen, daß es sich um eine Art lebendiger Materie handelte, spiegelte vom hellen Grau bis zum düsteren Schwarz, alle Farben der Finsternis wieder. Diese Farben waren aber nicht konstant, sie schienen ineinander zu fließen. Der Mächtige, der diese Gestalt angenommen hatte, hob einen silbernen, mattschimmernden Krummstab, in den allerlei seltsame, unheilige Symbole eingegraben waren, deren bloser Anblick schon den Verstand eines sterblichen Menschen verwirren konnte.
Wie ein Götzenpriester aus den Tagen, die längst dem Vergessen anheimgefallen sind, manifestierte sich ein Großer aus dem Reiche der Tiefe vor dem Dämonen.
»Kennst du mich!« grollte es durch die Hütte. »Kennst du mich, Narr, der du dir den Namen Huitzilopochtli gabst und dich hier verehren läßt, wie es deinem niedrigen Stand niemals zukommt!«
»Asmodis!« keuchte der gestrafte Dämon, »mächtiger Gebieter. Vergib, daß dich dein treuer Diener nicht sofort erkannte und…«
»In das ewige Nichts sollte ich dich stoßen für deine Beleidigung!« kam es furchtbar. »Mußte dir deine verfluchte Seele nicht sagen, wer vor dir stand. Ist dein Blick so getrübt, daß du nicht den Vorhang beiseite schieben kannst, der mich umgibt, wenn ich leibhaftig unter den Sterblichen wandele, ein Mensch unter Menschen. Aber nun, du Ungläubiger, so erkenne mich denn in der Gestalt, wie ich vor dem Throne des allmächtigen Kaiser Luzifer meine Huldigungen entgegenbringe und in der ich vor Lucifuge Rofacale trete. Siehe in mir den Fürsten der Finsternis, erkenne in mir den überaus mächtigen Großprinz der falschen Hierarchie und den Erzkanzler vom Orden des Feuermolchs. Erkenne, daß du vor mir weniger bist, als ein unnützer Sklave. Denn vor meiner Macht bist du Gewürm, das ich zertrete, wenn es mir in den Sinn kommt. Erzittere, Dämon! «
Doch Huitzilopochtli antwortete nicht, Kriechend, den häßlichen Kopf gesenkt, kroch er auf des Asmodis Gestalt zu und küßte den Saum des Gewandes. Die zornblitzenden Augen des Herrn der Schwarzen Familie bekamen einen etwas freundlicheren Schimmer.
»Das hast du dir so gedacht«, sagte er leutselig, als der Dämon alle Symbole bedingungsloser Unterwerfung beendet hatte. »Wie ein Dorffürst unter Wilden führst du dich hier auf. Wenn der wirkliche Huitzilopochtli das erfährt, daß du dich hier unter seinem Namen vergöttern läßt, dann möchte ich nicht in deiner Haut stecken!«
Das, was sich Huitzilopochtli nannte, zuckte erschrocken zusammen. Asmodis amüsierte sich königlich über den Schrecken, den seine Worte verbreiteten.
»Es war doch nur… ich meine…« stammelte der Dämon.
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