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0204 - Herr der Grünen Hölle

0204 - Herr der Grünen Hölle

Titel: 0204 - Herr der Grünen Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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fuhr die stärksten Geschütze auf. Und er wußte ganz genau, daß er damit sein Leben riskierte.
    Er bat nicht - er befahl. Und von seinen Lippen rollten die uralten Worte, mit denen weise Männer in den Tagen der Alten sich die Kräfte der Natur untertan machten. Feierlich hallten die Gesänge aus den Büchern von Eibon über die Wasser.
    Zamorra befahl den Elementargeistern des Wassers, ihm zu Diensten zu sein. Lauter, machtvoller wurden die Worte, der Parapsychologe ließ seine Stimme wie verhaltenen Donner anschwellen.
    »Erscheine, großmächtiger Velayaya!« überschrie Professor Zamorra in der Sprache aus fernster Vergangenheit das gurgelnde Brausen der in weiter Ferne herabstürzenden Wasser. »Ich bin ein Diener dessen, der dich zu zwingen vermag und ich ersuche dich bei Stab und Pakt, daß du mir jetzt und auf der Stelle erscheinen mögest.«
    Vor dem Flugzeug begann das Wasser zu wirbeln. Wie ein mächtiger Strudel kreiste es in der Mitte des Stromes. Die Wasser des Rio Negro schienen zu kochen. Blasen blubberten nach oben und zerplatzten häßlich an der Oberfläche.
    »Und so beschwöre ich dich, o Velayaya!« kamen Zamorras Worte wieder eindringlich, »denn siehe, ich bedarf deiner Hilfe. So erscheine denn selbst oder sende einen deiner Diener!«
    Ein fürchterliches Zischen, wie wenn der Dampfdruck aus einem überheizten Kessel entweicht. Unermeßliche Wassermassen wurden nach oben geschleudert, spritzten schäumend in den Himmel. Wie einer der heißen Geysire in den rauhen Klippen von Island tobte das Element des Geistes, den Zamorra herbeirief.
    »Und so befehle ich dir, Velayaya!« brüllte Professor Zamorra in der Sprache, in der einst in den frühen Tagen der Menschheit Gebete gemurmelt wurden, »daß du sofort und auf der Stelle hier vor meinem Angesicht erscheinest. Zwinge mich nicht, die Namen der Gewaltigen zu nennen, die dich zu mir und in meine Dienste zwingen könnten. Noch rufe ich dich, Geist des Wassers, noch schwing ich nicht die Geißel über dir. Und noch einmal, zum letzten Male, o Velayaya, beschwöre ich dich. Steige empor! Steige empor!«
    Ein grollendes Gurgeln, wie wenn die Fluten der Ozeane über Kontinenten Zusammenstürzen. Dann nahm die brausende Wassersäule langsam Gestalt an.
    ***
    Atemlos stürzte Lomac in’s Dorf. Schon von weitem stieß er schrille, unartikulierte Schreie aus. Das brachte Bewegung. Aus allen Winkeln krochen sie herbei, schlüpften aus den Öffnungen ihrer windschiefen Hütten. Und sie strömten zusammen auf den Platz des großen Palavers, in der Mitte des Dorfes, da, wo aus roh zusammengeschichteten Steinen der sakrale Ort war, an dem die fürchterlichen Blutriten der Kannibalen stattfanden.
    Alt und Jung, Männlein und Weiblein schnatterten durcheinander. Es war ein Höllenlärm, den Lomacs Stimme nur mühsam übertönen konnte.
    »Weiße Menschen!« hörten die Wilden ihren Kriegshäuptling brüllen. »Viele! Dort unten - am Fluß. Folg mir - töten -töten - töten… !«
    »Töten - töten…!« johlte schauerlich die erregte Menge.
    Mit mühsam gestikulierenden Bewegungen machte der Schamane auf sich aufmerksam. Mehrfach sprang er empor und schrie den heiseren Kampfruf des Brüllaffen. Langsam legte sich der ohrenbetäubende Lärm. Gespannt wandten sich die häßlichen, braunen Gesichter der Menschenfresser dem Priester ihrer barbarischen Gottheit zu.
    »Noch nicht gehen!« kam es guttural aus der Kehle des Schamanen. »Weiße Männer stark. Viel mächtig. Aber böse Feinde von Huitzilopochtli. Und Huitzilopochtli noch viel mächtiger. Bitten Huitzilopochtli um Hilfe in Kampf. Dann gehen. Dann fangen Weiße und schlachten zu Ehren von ihm!«
    Die ganze Meute brüllte Zustimmung. Es war, als wenn in den Schlünden der Hölle hunderttausend Arme Seelen dem Satan Ovationen bereiten.
    »Ich jetzt gehen, zu Huitzilopochtli beten!« schaffte sich der Schamane noch einmal Gehör. »Krieger schärfen Waffen. Wen ich kommen wieder - wir gehen!« Und langsam, gemessenen Schrittes ging er in die Richtung der Hütte, in der seit alters her der Dämon seine Behausung hatte.
    Aber der Schamane konnte nicht zur Hütte gelangen. Es war, als stünde ihm eine unsichtbare Mauer entgegen.
    Hatte sich Huitzilopochtli von seinen Kindern abgewandt?
    ***
    »Der Chef schickt mich!«
    Die hagere Gestalt mit dem übertrieben, blassen Gesicht, dem strähnigen schwarzen Haar, das vor Fett triefte und den grünlich funkelnden Augen, sagte es schnurrend wie eine Katze, bevor

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