Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0204 - Herr der Grünen Hölle

0204 - Herr der Grünen Hölle

Titel: 0204 - Herr der Grünen Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
Vom Netzwerk:
sie die Krallen ausstreckt. Das blütenweiße Diner-Jacket, die weinrote Samtfliege und die schwarze Hose mit tadelloser Bügelfalte paßte zweifelsohne in jeden der eleganten Clubs von London, Paris oder New York, da, wo die Leute verkehren, bei denen Geld keine Rolle spielt.
    Aber in einer roh zusammengezimmerten Hütte mitten im brasilianischen Busch wirkte diese Aufmachung deplaziert. Auch wenn es immerhin das erste Haus am Platze im Kannibalendorf war. Genauer gesagt, das Heiligtum der Indios, die hier Huitzilopochtli, den Blutgötzen ihrer Ahnen verkehrten.
    Der Hausherr saß derzeit auf einem roh zusammengeschichteten Altar und hatte so etwas wie menschliche Gestalt angenommen. Daß sich mächtige Eckzähne aus dem Unterkiefer nach oben bogen, daß die Finger Klauen statt Nägel besaßen, die jedem Tiger Respekt eingejagt hätten und daß der Unterleib die Form einer mächtigen Schlange hatte, störte den Besucher nicht im Geringsten.
    Der Angesprochene tat das, was man bei einem menschlichen Wesen mit ›tief durchatmen‹ betituliert.
    »Wer?« kam es grollend.
    »Nun stell dich bloß nicht so an und tu so, als wenn du nicht weißt, unter wessen Befehl du stehst!« entgegnete die adrette Person süffisant. »Seit wann weiß denn ein Angestellter in der Firma Satanas & Co. nicht mehr den Namen seines Ressortleiters?«
    »Doch nicht etwa… doch nicht etwa dieser Asmodis, der mir diesen lausigen Job hier zugeordnet hat?« kam es fragend.
    »Richtig geraten«, lobte der Urwald-Playboy, »der Fürst der Finsternis persönlich. Und er hat Arbeit für dich, die…«
    »Sterblicher, was wagst du!« donnerte der Dämon und seine ganze Gestalt begann, bläulichen Rauch vor Erregung auszustoßen. »Noch ein solches Wort und ich breche dir eigenhändig das Genick. Oder du landest im Kochtopf der Leute, die mich hier anbeten. Ein Wort von mir… ah, sie haben Möglichkeiten, einem Menschen das Sterben schwer zu machen… sehr schwer…«
    »Asmodis wäre sehr ungehalten, wenn er sich so abgewertet wüßte!« mahnte der Mann im weißen Diner-Jacket und zündete sich gemächlich einen Zigarillo an. Genüßlich formte sein gespitzter Mund Ringe aus Rauch, die langsam größer werdend zur Decke trieben.
    »Ich habe den Eindruck, du benimmst dich hier wie das, was die Gegenseite einen ›kleinen Herrgott‹ nennen würde. Nein, nein, das würde dem Fürsten der Finsternis sicher nicht gefallen…«
    »Weißt du, was dein Asmodis kann!« heulte der Dämon und benutzte dann eines der meist zitierten Wörter klassischer Dichtkunst mit der bewiesen wurde, daß auch Goethes unsterbliche Werke im Volksmunde bekannt und beliebt sind.
    »Asmodis kann mich …!«
    Im gleichen Moment heulte Huitzilopochtli auf wie zwanzig Kriegsgaleeren von verlorener Seelen. In dem. Maße, wie die geschniegelte Gestalt zu zerfließen begann, wurde er von unsichtbaren, glühenden Ruten gepeitscht. Und die Streiche, gegen die es weder Gegenwehr noch ein Ausweichen gab, fielen hageldicht.
    Aber keiner der Verzweifelungsschreie des Gebrülls war nach draußen zu hören, wo der Schamane sich verzweifelt bemühte, den unsichtbaren Energiemantel, den die Mächte der Tiefe um die Hütte gelegt hatten, zu zerbrechen.
    Fürchterlich strafte der Fürst der Finsternis seinen Diener für die Mißachtung.
    ***
    Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sprachen aus dem, was sich da aus dem nach oben brausenden Wasserschwall manifestierte. Mit viel Fantasie hätte man aus der emporschäumenden Gischt ein menschliches Antlitz erkennen können. Es erschien Zamorra wie das Gesicht eines uralten Mannes, in den das Alter die Runen der Weisheit und der Erkenntnis eingegraben hat. Etwas Erhabenes sprach aus ihm, etwas, was den normalen Sterblichen in die Knie zwingt.
    So erschien Velayaya, der Elementargeist des Wassers, dem Meister des Übersinnlichen, dem Geistesgewaltigen, der über die Kühnheit verfügte, ihn zu rufen und dem das Wissen über die Worte der Macht zu eigen waren.
    »Was zerrst du, der du dem Staube der Erde entsprungen bist, mich aus den Reichen der Tiefe!« grollte die Erscheinung. »Wer bist du, Tollkühner, der du es wagst, die Worte auszusprechen, die seit den Tagen der Alten in Vergessenheit geraten sind?«
    Ruhig hielt Professor Zamorra der Gewalt des Geistes stand. Er ahnte, daß Velayaya ihm wohlgesonnen war, denn er war in der Gestalt eines menschlichen Wesens erschienen. Die Geisterwesen, die weder den Mächten des Himmels angehören noch dem

Weitere Kostenlose Bücher