0205 - Die goldene Kralle
Er stand wie ein Denkmal, bis seine Rechte nach unten fegte.
Die traf Trucker.
Der Zuhälter glaubte, man hätte ihn in zwei Teile gerissen. Stoff und Haut wurden zerstört, er dachte nicht mehr an das Messer, sondern nur noch ans Überleben. Schmerzgepeinigt rollte er sich um die eigene Achse und wurde von einer normalen Hand aufgehalten.
Der Wertiger hielt fest.
Stoßweise drangen die Worte, von einem Fauchen begleitet, aus seinem Maul. »Wo ist sie? Wo ist Angela?«
»Ich weiß nicht, verdammt. Ich weiß es nicht. Sie müßte gleich kommen, sie…«
»Wo arbeitet sie?«
»Im Club. Im…«
»Wie heißt er?«
Drohend schwebte die goldene Kralle über ihm. Die Spitzen wiesen auf seine Brust, und der Zuhälter sah seine letzte Chance, wenn er verriet, wo Angela zu finden war.
»Club Kontakt!« stöhnte er. »Verdammt, sie ist im Club…« Weiter kam er nicht mehr, denn der Wertiger hatte erfahren, was er wissen wollte.
Er rammte die goldene Kralle nach unten.
Die Gesichtszüge des Zuhälters erstarrten für einen Moment, danach erschlafften sie, denn das Leben war aus seinem Körper gewichen…
***
Der letzte Freier hatte die Zeit überzogen. Bei den Landungsbrücken hatte sie ihn aufgegabelt. Er fuhr einen dicken Mercedes mit getönten Scheiben, sie hatten das Geschäft gleich im Wagen hinter sich gebracht, und dann war es noch einmal geschehen.
300,- DM knisterten in ihrer Handtasche, und eigentlich hatte Angela Conradi zufrieden sein können, wäre nicht das schlechte Gewissen gewesen.
Sie hatte versprochen, mit Trucker abzurechnen, die Zeit würden sie nie einhalten können, denn sie mußte pünktlich im Club sein, sonst kürzte man ihr das Honorar. Das hatte Trucker auch nicht gern, deshalb entschied sie sich, den Zuhälter draufzusetzen, in den Club zu fahren und ihn anzurufen.
Telefon hatte sie in ihrer Bruchbude, wo Trucker wartete. Sie nahm ein Taxi. Der Fahrer war ein alter Bekannter. Sie plaudertern über das Geschäft, und innerhalb kurzer Zeit hatten sie den Club erreicht, wo Angela ausstieg und um fünf Minuten vor der eigentlichen Zeit die Räume betrat.
Freddy, der Chef, trug wie immer seinen weinroten Smoking. Er war ein hagerer Typ, hatte mal als Legionär gearbeitet und auch als Zuhälter, als Wiener Spezies versuchten, auf der Reeperbahn abzusahnen. Freddy hatte ihnen die Zähne gezeigt, sein Club blieb in deutscher Hand.
Die Mädchen waren schon da. Sie hockten an der Bar, tranken dünnen Orangensaft, rauchten und schauten ziemlich gelangweilt auf Angela, die einen etwas abgehetzten Eindruck machte. Das rote Licht brannte bereits, es vertuschte auch die Falten der schon älteren Mädchen. Angela gehörte nicht dazu. Sie zählte genau dreißig Lenze, aber Falten hatte sie zum Glück noch keine.
Wild sah sie aus mit ihrer langen, blonden Mähne. Die Haare flossen bis weit auf den Rücken. Sie waren in der Mitte gescheitelt, und ein paar Strähnen hatte Angela auch zu Zöpfen zusammengebunden und sie an ihrem Ende mit roten Schleifen dekoriert. Ansonsten trug sie einen engen schwarzen Anzug, den ein Reißverschluß in der Mitte in zwei Hälften teilte.
Freddy verzog die schmalen Lippen. »Du kommst verdammt spät, Süße.«
»Entschuldige, es ging nicht eher.«
»Okay.«
»Darf ich mal telefonieren?«
»Sicher. Mußt du nur bezahlen.«
Angela warf eine Mark auf den glänzenden Tresen. Die Münze blieb neben einem mit Strohhalmen gefüllten Glas liegen. Angela wählte ihre eigene Nummer. Es wurde auch angehoben, allerdings wunderte sie sich über die fremde Stimme, die sich mit einem tiefen »Ja bitte« meldete.
Angela hatte schon eine Frage auf den Lippen, als sie schluckte.
Nein, diese Stimme hörte sich nach einem Polizisten an, dies sagte ihr der Instinkt.
»Hallo, was ist denn? Wer sind…«
Hastig legte Angela den Hörer wieder auf. Mit der Polizei wollte sie nichts zu tun haben.
»Jetzt zieh dich um!« rief Freddy.
Die Blonde nickte nur. Das Umziehen war mehr ein Ausziehen.
Es geschah in einer kleinen Kabine neben der Sauna. In der Nähe lagen auch die Massageräume und das Schwimmbecken, wo die Mädchen zahlungskräftige Kunden nach allen Regeln der Kunst »verwöhnten«.
Ihr schwarzer Bikini lag bereit. Ein leicht duchsichtiges Nichts!
Und das Höschen war noch schmaler als das eines Tangas. Mit dem Kamm fuhr Angela durch ihre Haare, während sie wieder an den Telefonanruf dachte. Da stimmte was nicht. Sicherlich war dem Zuhälter etwas passiert. Vielleicht
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