0205 - Die goldene Kralle
Rauch gegen die Decke, bevor ich einen Schluck trank. »Der Wertiger ist entkommen, daran gibt es nichts zu rütteln. Er muß einen uns unbekannten Fluchtweg gefunden haben.«
»Da hätten Sie sich die Reise auch sparen können«, meinte Kölzer sarkastisch.
»Geben Sie immer so schnell auf?« erkundigte sich Will.
»Sie wollen mir doch nicht weismachen, daß wir ihn noch finden. Wenigstens nicht in absehbarer Zeit.« Er drehte sich auf seinem Stuhl und wies mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die Wand, wo eine Karte von Groß-Hamburg hing. »Schauen Sie mal darauf. Hamburg ist gewaltig. Da gibt es unzählige Verstecke, wo sich die Bestie verkriechen kann. Nein, meine Herren, ich glaube nicht an einen Erfolg.«
»Befindet sich auch der Stadtteil St. Pauli auf der Karte?« fragte ich.
»Ja.« Kölzer schaute mich ein wenig indigniert an. »Wieso? Wollen Sie sich amüsieren?«
»Nein, aber einen Mörder fangen.«
»Ausgerechnet auf der Reeperbahn, wie?«
»Warum nicht?«
Kölzer lehnte sich zurück und sagte: »Entweder verarschen Sie mich hier, oder Sie haben tatsächlich einen Trumpf in der Hinterhand, was mich allerdings sehr wundern würde.«
»Man lernt eben nie aus, Herr Kommissar. Ich habe tatsächlich einen kleinen Trumpf.«
»Und?«
»Er heißt Angela.«
»Eine Reeperbahn-Nutte?«
»So kann man es auch ausdrücken.«
Will und Suko folgten dem Dialog amüsiert lächelnd. Kölzer wußte wirklich nicht, woran er genau war. Er holte tief Luft. »Kennt man Sie dort etwa, Herr Kollege?«
»Nein, aber diese Angela könnte eine Spur zu dem Wertiger sein, mein lieber Kommissar.«
Kölzer nahm ein Lineal auf und warf es wieder auf den Schreibtisch zurück. »Wenn das stimmt, gebe ich einen aus«, erklärte er.
»Darüber können wir reden. Doch erst einmal zu den Fakten.«
Ich berichtete, was wir von König erfahren hatten.
Kölzer hockte auf seinem Stuhl. Bei meinen Worten beugte er sich vor, seine Haltung wurde gespannter und die Augen größer.
Die Pupillen weiteten sich. Was er hörte, mußte Balsam für seine enttäuschte Polizistenseele sein.
»Und daran glauben Sie?« fragte er mich.
Ich leerte meine Tasse. »Haben Sie eine bessere Spur?«
»Nein, verdammt!«
»Na bitte.«
Er sprang auf, raufte sich die Haare und rief: »Verdammt noch mal, was meinen Sie, Sinclair, wie viele Nutten auf der Reeperbahn Angela heißen?«
»Sicherlich ‘ne ganze Menge.«
»Da haben Sie’s.«
Ich lächelte. »Aber Sie haben Ihren Computer, Meister. Auf den sind Sie doch so stolz.«
Kölzers Augenbrauen zogen sich zusammen. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
»Nein, ich meine es ernst.«
Will Mallmann stand mir bei. »Sie haben die Prostituierten schließlich registriert. Und wer Angela heißt, wird seinen Namen wohl kaum ändern, wie andere Mädchen vom horizontalen Gewerbe. Wir müssen herausfinden, wo sie arbeitet.«
Kölzer nickte. Die Worte seines deutschen Kollegen hatten ihn überzeugt.
Allerdings schlug er noch vor, mit Spitzeln zu arbeiten. Männer und Frauen, die sich auf dem Kiez auskannten.
»Haben wir dafür die Zeit?« erkundigte sich Will Mallmann.
Da paßte der Kommissar. »Sie haben recht, Kollege, es drängt wirklich. Lassen Sie uns noch mal nach unten fahren.«
Wie gesagt, wir wußten nur den Vornamen des Mädchens. Ein Anruf bei Hans König zeigte keinen Erfolg. Er war nicht zu Hause und auch nicht in seiner Firma. Angestellte konnten uns nicht weiterhelfen. Sie hatten keine Ahnung, unter welchem Mädchennamen diese Angela geboren worden war. Den Namen König hatte sie abgelegt, das konnten wir noch erfahren.
Der Computer arbeitete rasch. Erst jetzt sah ich, wieviele leichte Mädchen in Hamburg ihr Geld verdienten. Da bekam man wirklich große Augen.
»Und die Dunkelziffer ist noch höher«, erklärte mir Kommissar Kölzer, als ich ihn auf das Thema ansprach.
Achtzehnmal den Namen Angela! So sah das Ergebnis aus. Alle vier blickten wir betreten zu Boden.
Suko faßte zusammen, was wir dachten. »Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als sämtliche Namen durchzugehen. Ein dreifaches Hoch auf die große Polizeiarbeit.«
Kölzer hatte die Karten auf seinem Schreibtisch ausgebreitet.
»Vier können wir streichen«, sagte er.
»Wieso?« Ich trat näher.
Der Kommissar grinste schief. »Weil die Damen alle über fünfzig sind. Und König ist erst Mitte Dreißig.«
Wir stimmten dem Kommissar zu.
Zum Glück waren die Karten recht informativ. Dort stand auch, wo die
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