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0208 - Die sieben Leben des Vampirs

0208 - Die sieben Leben des Vampirs

Titel: 0208 - Die sieben Leben des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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auf den gepfählten Vampir, der nicht zu Staub zerfallen war.
    Die lederartigen Augen öffneten sich und sahen stumpf in das fahle Licht. Ein erstes Zucken ging durch die verdorrten Glieder, und dort, wo das Silber gefressen hatte, machte sich dumpfer Schmerz bemerkbar.
    Faltige Lippen öffneten sich, und ein klagender Laut hallte durch die beginnende Nacht, drang weit durch die kalte, kristallene Luft und ließ einen Raben tot vom Ast fallen, auf dem er gehockt hatte. In weiter Ferne begannen in einem kleinen Dorf Hunde zu toben und wie rasend an ihren Ketten zu zerren.
    Das Wolfsrudel ließ von seiner Beute ab und ergriff die Flucht.
    Langsam richtete der verdorrte Vampir sich auf. Er schien von innen heraus aufzuglühen. Eine furchtbare Kraft durchfloß ihn, putschte die verhärteten Muskelstränge auf, machte sie wieder beweglich.
    Die starren Augen begannen zu strahlen wie Kristalle.
    Schwankend stand der Vampir auf den Beinen, legte den Kopf in den Nacken und sah zum Mond empor. Als Krakow sich bewegte, ertönten scharrende und knirschende Geräusche.
    Wieder schrie der Vampir.
    Dann umhüllten Nebel seine Gestalt. Die Konturen verwischten, verformten sich. Etwas anderes entstand an seiner Stelle, etwas, das nicht weniger erschreckend war: Das Skelett einer riesigen Fledermaus!
    Und Krakow schrie zum dritten Mal.
    Er breitete die knöchernen Schwingen aus. Der Wind zerrte an den pergamentenen Flughäuten, als der Vampir sich in die Luft erhob und davongetragen wurden, direkt auf den Mond zu, dessen weiße Scheibe noch dicht über dem Horizont stand.
    Krakow flog in den Mond hinein und erreichte seine Heimstatt..
    ***
    Bill Fleming war nicht nur Historiker mit einem Lehrstuhl an der Harvard University, sondern darüber hinaus auch noch so etwas wie ein Dämonenjäger. Gemeinsam mit seinem Freund Zamorra hatte er schon so manche Höllenkreatur ausfindig und unschädlich gemacht. Er kannte die Anzeichen, auf die er zu achten hatte.
    Das hier war etwas, das ihn aufmerksam machte. Ein Mädchen träumte mehrmals hintereinander von Särgen und wurde von einer Fledermaus angegriffen…
    »Das interessiert mich«, sagte er. »Wir sollten uns einmal darüber unterhalten, Fräulein…«
    »Ulrica Daning«, stellte sich die Angegriffene vor. »Das da ist meine Freundin Angela Mosach.«
    »Mich hat Manu ja schon vorgestellt«, sagte Fleming lächelnd. »Wie wäre es, wenn wir uns nach unseren Veranstaltungen gemütlich zusammensetzen und ein wenig über diese… Särge plaudern würden?«
    Ulrica sah ihn mißtrauisch an. »Sie werden mich ja doch für verrückt halten«, wehrte sie ab.
    Manuela Ford und Bill Fleming sahen sich an.
    »Ich halte Sie nicht für verrückt«, erwiderte Bill. »Ich nehme sogar an, daß Sie in Gefahr sind. Särge und eine Fledermaus… glauben Sie an Vampire?«
    »Diese Blutsauger in Horror-Filmen? Dracula und so? Nein«, sagte Ulrica. »So etwas ist doch ganz unmöglich.«
    »Das sagen Sie, obwohl Sie die Särge gesehen haben? Wann ist Ihre Veranstaltung beendet?«
    Ulrica sah auf ihre Armbanduhr. »Sie fängt in einer halben Stunde an.«
    »Wir treffen uns um elf Uhr wieder hier an dieser Stelle«, schlug Bill vor. »Ich habe mit dem Fachbereichsdekan eine kurze Besprechung wegen meiner Gastvorlesung heute nachmittag. Wir könten in ein Restaurant gehen und uns über den Traum und die Fledermaus unterhalten.«
    Manuela nickte dazu. »Es kann dir nur nützen«, sagte sie.
    »Ich weiß nicht«, murmelte Ulrica. »Aber gut. Ich will sehen, daß ich etwa um elf wieder hier an dieser Stelle bin.«
    Sie winkte Manue la und Angela grüßend zu und eilte davon, dem Gebäudetrakt der Hochschule entgegen.
    »Ich muß auch sehen, daß ich weiter komme«, entschuldigte sich Angela, stieg wieder in ihre flaschengrüne »Ente« und warf den Motor an. Geräuschvoll entfernte sich der skur rile Wagen.
    Bill Fleming tat, als müsse er sich die Ohren zuhalten. »Man sollte grundsätzlich alle Autos mit Achtzylinder-Motoren ausrüsten«, behauptete er. »Die sind nicht so entsetzlich laut und stinken auch nicht so furchtbar.«
    »Amerikanischer Größenwahn«, sagte Manuela. »Ich dachte, bei euch hätte die Energiekrise auch zugeschlagen.«
    Bill Fleming grinste. Er beugte sich vor und küßte das braunhaarige Mädchen, das er vor einiger Zeit auf einem Frankreich-Trip kennengelernt hatte. Seit jener Zeit war etwas in Bill entflammt, und sie trafen sich, wann immer das möglich war. Jetzt war es wieder einmal

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