0208 - Die Spur führt in die gelbe Stadt
vorwärts. Das dauert zu lange. Ich sehe besser in meinem Tagebuch nach. Wenn ich mich nicht sehr irre, habe ich diesen Zahnersatz im Sommer letzten Jahres anfertigen lassen. Also das Buch vom vergangenen Jahr…«
Er entnahm dem Aktenschrank einen dicken Wälzer und knallte ihn auf den Schreibtisch. Er schlug Blatt für Blatt um und fuhr mit dem Finger die einzelnen Spalten entlang.
Plötzlich wurde er nervös.
Mehrmals wendete er ein Blatt hin und her, setzte seine Brille auf und wieder ab und rief dann erregt: »Da stimmt doch etwas nicht! Hier ist die Seite vom 24. Juli, und anschließend folgt die Seite vom 27. Juli. Demnach fehlt das Blatt mit den Eintragungen des 25. und 26. Juli!«
Mit einem Schritt war ich neben Brandly am Schreibtisch. Ein Blick genügte mir, um zu erkennen, daß das fehlende Blatt herausgerissen worden war!
»Was hat das zu bedeuten?« fragte ich wenig freundlich. »Warum haben Sie das Blatt enfernt?«
»Ich?«
Der Zahnarzt sah mich aus seinen grünen Augen erschrocken an. »Wie käme ich dazu? Das kann ich doch gar nicht, schon wegen der Steuerkontrolle, die meine Bücher laufend nachprüft. Sie werden mich doch nicht etwa verdächtigen? Dann wäre ich wohl kaum so dumm gewesen, Sie eigens auf das fehlende Blatt aufmerksam zu machen.«
»Wie erklären Sie sich dann die Sache? Wer könnte außer Ihnen das Blatt noch herausgerissen haben?«
»Vielleicht meine Sprechstundenhilfe oder meine Sekretärin? Aber das wäre doch ganz sinnlos!«
Die Sache wurde unheimlich!
Ich hatte eine bestimmte Vermutung. Phil sprach sie aus.
»Könnte man bei Ihnen eingebrochen haben?« Phil betrachtete das Türschloß. »Mit einem primitiven Nachschlüssel läßt sich die Tür ohne Schwierigkeiten öffnen.«
»Eingebrochen?« Brandly verzog sein Geicht. Dann rief er aus: »Da muß ich ja sofort meine Goldvorräte nachprüfen!«
Er zog am Schreibtisch eine Schublade heraus und prallte entsetzt zurück.
»Alles Gold ist weg! Mein Gott, hier ist tatsächlich eingebrochen worden. Gestern abend war das Gold bestimmt noch in der Schublade. Und ich hatte nicht mal die Lade abgeschlossen. Wer denkt auch an so etwas?«
»Rühren Sie nichts mehr an!« sagte ich schnell. »Ich schicke die Kollegen vom Einbruchsdezernat zu Ihnen. Vielleicht können noch Fingerabdrücke festgestellt werden. Nun wird doch nichts anderes übrigbleiben, als daß Sie Ihre 3000 Karteikarten durchsehen.«
»Das ist doch überflüssig«, sagte Phil. »Die Einbrecher haben sicher den Namen des jungen Mannes gekannt und zuerst die Karteikarte herausgezogen. Aus der Karte haben sie ersehen, wann die Behandlung war, und daraufhin haben sie wohl auch das Blatt aus dem Tagebuch gerissen. Wir sind wieder einmal zu spät gekommen!«
»Tut mir aufrichtig leid, daß ich Ihnen nicht helfen konnte«, sagte Dr. Brandly, als wir uns verabschiedeten.
***
Also wieder ein Fehlschlag.
Während wir zum Hauptquartier zurückfuhren, sagte ich: »Ich kann mir das nicht erklären. Die Gangster sind doch schließlich keine Hellseher. Woher können sie gewußt haben, daß wir in den Büchern Dr. Brandlys nach dem Namen des Ermordeten forschen würden?«
»Wahrscheinlich haben sie uns beobachtet, wir wir die zahntechnischen Labors nacheinander aufgesucht haben. Wenn sie nur einigermaßen klug kombiniert haben, mußten sie darauf kommen, daß unser Weg schließlich bei Dr. Brandly enden würde.«
»Ganz so kann es nicht gewesen sein. Die Kombinationsfähigkeit der Gangster in allen Ehren, aber so weit geht sie doch nicht, daß sie sich denken konnten, bei welchem Zahnarzt wir landen müßten. Ich vermute eher, daß sie von vornherein gewußt haben, bei wem der junge Mann sich sein Gebiß einsetzen ließ. Das setzt aber voraus, daß sie mit seinen Lebensgewohnheiten sehr vertraut gewesen sein müssen. Wenn wir also den Namen des Ermordeten kennen, haben wir seine Mörder ziemlich schnell. Sie sind in seinem engsten Bekanntenkreis zu finden!«
»Richtig!« gab Phil zu. »Das heißt aber auch, daß es zwischen dem jungen Mann und dem Grünen Drachen außer dem Rauschgift noch eine besondere Querverbindung geben muß!«
»Genau das nehme ich an! Um aber die Identität des jungen Mannes festzustellen, können wir jetzt nur noch auf eine Vermißtenanzeige hoffen.«
»Was nutzt eine Vermißtenanzeige, wenn du nicht nachweisen kannst, daß der Vermißte und der Ermordete identisch sind?«
»Das läßt sich nachweisen!« entgegnete ich überzeugt. »Seine
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