0208 - Die Spur führt in die gelbe Stadt
wichtiger ist es, daß ich die körperlichen Anzeichen eines Süchtigen aufweise. Ich glaube, da muß unser Doc etwas nachhelfen. Mit Augentropfen und Pillen läßt sich da sicher allerhand verändern.«
»Diese Idee ist ausgezeichnet!« stellte der Chef befriedigt fest. »Wenn Sie sich von unserem Doc noch das Gebaren eines Süchtigen genau beschreiben lassen, sollte es Ihnen gelingen, die Chinesen im Roten Mandarin wenigstens für eine gewisse Zeit hinreichend zu täuschen. Wenn Sie sehen, daß Sie zu keinem Ergebnis kommen oder daß das Unternehmen zu gefährlich wird, dann ziehen Sie sich zurück! Also äußerste Vorsicht, den Bogen nicht überspannen!«
»Ich werde schon auf mich aufpassen!« versprach ich, obwohl mir nicht ganz wohl war, wenn ich daran dachte, was mich im Roten Mandarin erwarten konnte.
»Wann wollen Sie losziehen?« fragte Mr. High.
»Mögichst schnell! In jeder Minute, die wir versäumen, wird weiter Rauschgift verteilt, und harmlose Leute werden körperlich und seelisch ruiniert. Diesen Verbrechern muß endlich das Handwerk gelegt werden. Das ist einen hohen Einsatz wert!«
***
Der Doc verwandelte mich nach allen Regeln der ärztlichen Kunst in einen Rauschgiftsüchtigen.
Ich kann Ihnen gar nicht mehr alle Mixturen, die er mir in die Augen träufelte, alle Salben, mit denen er mir Gesicht, Hals, Hände einrieb, und alle Pillen, die er mir zu schlucken eingab, aufzählen.
Das Ergebnis seiner Bemühungen war verblüffend.
Als ich mich im Spiegel betrachtete, schaute mir ein völlig anderer Mensch entgegen, ein Mensch, den der ständige Genuß von Rauschgift zu einem menschlichen Wrack gemacht hatte.
Als ich mich Phil in meiner veränderten Gestalt vorstellte, erschrak er fast und sagte: »Eine derartige Verwandlung hätte ich nie für möglich gehalten. Wenn du auf der Straße so an mir vorbeigegangen wärest, hätte ich dich nicht erkannt. Wenn du in deinem Benehmen keine Fehler machst, werden die Chinesen keinen Verdacht schöpfen.«
Bevor ich zum Roten Mandarin aufbrach, rief mich der Doc nochmals zu sich und erläuterte mir bis ins kleinste die Gebärden eines hochgradig Süchtigen, der einige Zeit das Rauschgift entbehren mußte und nun total zerrüttet mit brennender Gier nach neuem Koks sucht.
Zum Abschluß strich er mir noch eine Masse auf die Kuppen der kleinen Finger.
Das Zeug trocknete schnell und hinterließ einen unsichtbaren Überzug.
Der Arzt erklärte mir: »Sie werden nicht darum herumkommen, Rauschgift in irgendeiner Form wenigstens scheinbar zu sich zu nehmen. Wählen Sie Opium! Da können Sie am leichtesten Vortäuschen, daß Sie es rauchen würden. Aber mit dem Vortäuschen allein ist es nicht getan, es müssen sich auch die entsprechenden Folgen einstellen. Daß Sie in Schlaf sinken, das können Sie ebenfalls noch mimen. Aber es ist gut möglich, daß die Chinesen sich vergewissern wollen und Ihnen deshalb die Augenlider heben und sich Ihre Pupillen sehr genau nach den charakteristischen Veränderungen ansehen. Um auch dagegen gesichert zu sein, brauchen Sie nur unauffällig mit den Kuppen Ihrer kleinen Finger über die Augen zu streichen. Die aufgetragene Masse wird durch die Feuchtigkeit der Augen gelöst und erweitert Ihre Pupillen, wie es bei einem Opiumrausch der Fall wäre.«
»Doc, Sie sind ein Hexenmeister!« sagte ich anerkennend.
Der Arzt machte eine wegwerfende Bewegung und meinte: »Zufällig habe ich meine Doktorarbeit über die körperlichen Symptome nach Rauschgiftgenuß geschrieben. Andernfalls wüßte ich auf diesem Spezialgebiet auch nicht so genau Bescheid. Und nun machen Sie’s gut!«
Nun war ich so präpariert, wie es besser nicht bewerkstelligt werden konnte.
Falsche Papiere, nach denen ich Bob Wilkens hieß, konnte das FBI natürlich ohne besondere Schwierigkeiten beschaffen.
Für dieses Unternehmen mußte der Jaguar selbstverständlich in der Garage bleiben.
Ich zog es vor, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen, um ins Chinesenviertel zu kommen.
»Phil«, sagte ich, bevor ich in den Omnibus stieg, »für heute habe ich noch nichts Besonderes im Roten Mandarin vor. Ich will mir nur den Laden mal von innen ansehen, damit ich mir das weitere Vorgehen zurechtlegen kann. Es ist also nicht damit zu rechnen, daß irgend etwas schiefgeht. Sollte ich mich jedoch nach vier Stunden noch nicht gemeldet haben, so gegen elf Uhr, dann stürmt die Bude! Wenn ihr mich nicht findet, zerhackt den Laden zu Kleinholz! Achtet dann auf jeden
Weitere Kostenlose Bücher