0210 - Drei Leichen im Garten
Teil des tief ausgeschnittenen Kleides, dessen Grundfarbe hell war, allerdings innerhalb des Gewebes blaßblau und leicht violett schimmerte. Sie trug Leinenschuhe und ich konnte sehen, daß sie keine Strümpfe anhatte.
Ihre Haut zeigte eine ungesunde Blässe, die ich eigentlich nur von Zombies her kannte, so daß in mir der Verdacht aufkeimte, es hier mit einem weiblichen Zombie zu tun zu haben. Wo ein Ghoul war, konnte auch ein Zombie existieren.
Das Gesicht glich mehr dem eines Mannes. Auch dort besaß die Haut einen blassen Farbton, man konnte das Wort hohlwangig gebrauchen, und die Augen lagen tief in den Höhlen, wo sie wie blasse Murmeln wirkten. Die Lippen zeigten kaum Farbe. Mit viel gutem Willen konnte man ein blasses Rot erkennen.
Die Beretta ließ ich nicht sinken. Wie zufällig deutete die Mündung auf den Körper der Frau, die nach wie vor ein Geheimnis umgab.
»Gehört Ihnen das Haus?« fragte ich.
»Möglich.«
»Ja oder nein.«
»Mit welchem Recht fragen Sie?«
»Ich bin Polizist.«
»Das stört mich nicht.«
»Es ist noch immer keine Antwort auf meine Frage, Miß…«
»Nennen Sie mich Carla.«
»Schön, Miß Carla. Vielleicht kann ich jetzt eine Antwort von Ihnen bekommen.«
»Das Haus gehört nicht mir«, sagte sie mit einer flachen Stimme.
»Wem denn?«
»Meiner Freundin.«
»Und die heißt?«
»Lady Clarence.« Diesmal schwang unüberhörbarer Stolz in ihrer Stimme mit, und in meinem Kopf begann es sofort zu klicken. Den Namen hatte ich schon gehört. Es war gar nicht mal lange her, und ich fand auch sofort die Verbindung. Erwähnt hatte ihn der Fahrer des Bentley, als er mit dem Vertreter sprach. Allerdings wußte ich nicht mehr, in welch einem Zusammenhang dies geschehen war. Da mir der Name jetzt abermals unterkam, mußte diese Lady Clarence eine sehr interessante Persönlichkeit sein. Interessant für mich als Geisterjäger, denn wer beherbergt schon Ghouls in seinem Haus? Und vielleicht auch Zombies.
»Wo kommen Sie her?« fragte ich die Frau.
Sie deutete in den Garten hinein.
Das wurde immer mysteriöser. »Was haben Sie denn da gemacht?« fragte ich.
»Gewartet.«
»Auf wen?«
»Vielleicht auf Sie.«
Ich kam mir vor wie jemand, der reingelegt werden sollte. »Erzählen Sie keinen Unsinn. Wo haben Sie sich versteckt gehalten und warum?«
»Ich habe mich nicht versteckt. Ich bin immer dort.«
Mein Lächeln fiel eisig aus. »Das soll ich Ihnen glauben?«
»Ja, Sie können sich überzeugen.«
»Bitte.«
Die Frau nickte, drehte sich mit steifem Rücken um und schritt in den Garten hinein. Sie ging und hatte die Beine dabei etwas auseinandergesetzt.
Ich war überzeugt, daß man mir hier ein Lügenmärchen nach dem anderen unter die Weste schob, aber ich wollte sehen, wie sich diese Carla aus dem Lügenkreis herauswand.
Zudem war ich davon überzeugt, daß die Überraschungen noch kein Ende genommen hatten.
Längst war es hell. Von der Straße her hörte ich die Geräusche fahrender Wagen, und ich spazierte im Garten, nur durch ein Haus getrennt, mit einer Untoten herum.
Wirklich unwahrscheinlich.
Alles wies daraufhin, daß ich es mit einer lebenden Leiche zu tun hatte.
Einem Zombie, der keine Scheu zeigte, der sich sogar mit mir unterhielt, was ich kaum fassen konnte, denn schließlich war ich ein Erzfeind dieser Wesen.
Vorn Weg kamen wir ab. Danach spürte ich weichen Rasen unter meinen Schuhen. Gras streichelte meine Schuhe. Die Hose war noch immer feucht. Bei jedem Schritt klatschte mir der Stoff kalt gegen die Oberschenkel.
Wir betraten den Teil des Gartens, der so künstlich gepflegt aussah. In ihm standen die wohlgestutzten Büsche. Ich bekam eine andere Sichtperspektive und erkannte, daß noch ein paar wohlbeschnittene Büsche hinzukamen, als ich beim ersten Hinsehen entdeckt hatte.
Manche waren nur klein, andere sahen aus wie große Kugeln. Drei von ihnen standen nebeneinander, und vor ihnen war der Rasen zerstört und Erde aufgeworfen, als hätte dort ein gewaltiger Maulwurf gearbeitet. Die braune Erde bildete einen Hügel, hinter dem das Loch liegen mußte.
Carla stieg über den Hügel hinweg. Es machte ihr nichts, daß sie dabei mit ihren Leinenschuhen bis über die Knöchel im feuchten Erdreich versank. Auf der anderen Seite des Hügels stoppte sie.
»Hier bin ich immer«, sagte sie. Dabei streckte sie ihren Arm aus und deutete nach unten.
»Wo?«
»Sie müssen schon näherkommen«, lautete die Antwort.
Ich bedachte sie mit einem schnellen
Weitere Kostenlose Bücher