0210 - Drei Leichen im Garten
Etui eine neue Zigarette und verlangte abermals Feuer. Ihre Augen bekamen einen hungrigen Glanz. Wenn sie in den Boutiquen herumstrolchen konnte, hatte sie alles. Da sah sie die große Welt oder das, was sie dafür hielt. Da lachte man nicht über sie, es zählten nur die Scheine, die sie auf den Tisch des Hauses blätterte.
Sie wollte zu Jill’s Corner, einem Laden, der nur die Entwürfe italienischer Top-Designer verkaufte. Da waren Blusen teurer als Mäntel, aber das interessierte Lady Clarence nicht.
Die Geschäfte waren noch nicht offen. Es herrschte ein sagenhafter Verkehrswirrwarr, dessen Hektik je doch an Serge vorbeirann. Er blieb cool und gelassen.
Das Parkhaus kurz vor der Einmündung in die Oxford Street war das Ziel. Auch hier gerieten sie in eine Schlange. Doch das grüne Licht zeigte noch freie Plätze an.
Ununterbrochen öffnete und schloß sich die Schranke. Auspuffgase hingen wie Nebelschleier in der Luft, und endlich kam auch der dunkelblaue Bentley an die Reihe. Die oberen Etagen waren bereits voll.
Sie mußten in die Tiefe.
Serge fuhr in die enge Kurve. Es war eine Kunst, den schweren Wagen dort hinein-und auch hindurchzulenken. Serge hatte Routine und packte es sicher.
Sie fanden Platz in der ersten Tiefgarage. Serge lenkte den Bentley in die Lücke. An der rechten Seite befand sich die Wand. Es war der letzte Abstellplatz in der langen Reihe.
»Ha«, sagte Lady Clarence. Es hörte sich triumphierend an. London hatte sie wieder.
Als Lady Sarah ebenfalls Anstalten traf auszusteigen, schüttelte ihre Chefin den Kopf. »Nein, Sie bleiben hier im Wagen und warten auf uns. Diese Parkhäuser sind mir zu unsicher, und es treibt sich allerlei Gesindel herum.«
»Wie Sie wünschen, Mylady.« Innerlich atmete die Horror-Oma auf. Sie hatte wirklich keinen Bock darauf, mit Lady Clarence einen Stadtbummel zu machen. Es würde vielleicht so weit kommen, daß sie hinterher Botengänge machen mußte.
Serge half seiner Chefin beim Aussteigen. Lady Clarence war sehr hektisch. Sie schrie nach ihrem Mantel.
Serge holte den Nerz vom Rücksitz. Er hatte bisher drei Koffer verdeckt gehabt. Nun lagen sie frei. Auch Sarah Goldwyn sah die Koffer zum erstenmal, und sie dachte sich nichts dabei.
Noch einmal wurde ihr eingeschärft, im Wagen zu bleiben, dann verschwanden die Lady und ihr treuer Lakai.
Die Horror-Oma schaute ihnen so lange nach, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Dann lehnte sie sich entspannt zurück. Am liebsten wäre sie jetzt ausgestiegen und in ihre Wohnung gefahren, aber noch mußte sie das Spiel mitmachen. Einen Erfolg hatte sie leider bisher nicht erzielen können.
Ihr Blick fiel auf die Koffer.
Zwei von ihnen waren völlig normale Gepäckstücke, in die man Kleidung verstaute. Der andere jedoch sah aus wie ein Aktenkoffer. Eine dunkelbraune Farbe, helle Schlösser, der Griff, der so lag, daß Lady Sarah ihn umfassen konnte.
Das tat sie auch und zog den Koffer zu sich heran. Dabei runzelte sie die Stirn und kramte in ihrem Gedächtnis nach. Ihrer Meinung nach hatte sie den Koffer schon mal gesehen. Allerdings nicht bei Lady Clarence, sondern bei einer anderen Person.
Aber wer schleppte sich mit so einem Koffer ab? Ein Diplomat oder ein kleiner Angestellter?
Fast jeder hatte so einen Koffer. Sogar John Sinclair.
Und da stolperte sie im Geiste. John Sinclair. Verdammt, das konnte sein Koffer…
Unsinn, wie sollte der in den Wagen kommen? Nein, diese Theorie erschien der Horror-Oma doch zu unwahrscheinlich. Allerdings hatte sie in Hampstead einen Chinesen gesehen und ihn als Johns Freund Suko identifiziert. Wenn sie diese beiden Fälle betrachtete, dann war es doch nicht so unwahrscheinlich, daß der Koffer des Geisterjägers in diesem Bentley gelandet war.
Allerdings mußte ein Grund vorliegen. Wo gab es eine Verbindung?
Natürlich immer davon ausgehend, daß es tatsächlich Johns Koffer war, der neben ihr lag.
Sarah Goldwyn ärgerte sich über sich selbst. Sie hätte sich den Koffer besser ansehen sollen, als die Chance dazu bestand. Flüchtige Blicke hatten da nicht ausgereicht. Zudem traute sie sich nicht, den Koffer zu öffnen, denn sie wußte, daß er gesichert war. Machte sich ein Unbefugter daran zu schaffen, dann strömten verborgene Düsen ein Gas aus, das einen Menschen in die Bewußtlosigkeit trieb, einen Dämon jedoch tötete.
So sah die Lage aus.
Mrs. Goldwyn überlegte hin und her, was sie machen sollte. Bis sie die Idee hatte. Wenn sie die beiden anderen Koffer
Weitere Kostenlose Bücher