0210 - Drei Leichen im Garten
vermischt mit dem Gestank von brackigem Wasser.
Dieser Keller war feucht, das merkte ich sofort.
Die Steintreppe hatte wellige Stufen. Sie waren schon lebensgefährlich.
»Runter mit dir!« fauchte mich die Hexe an.
Damit es schneller ging, bekam ich von Serge einen Stoß in den Rücken. Mit dem rechten Fuß knickte ich weg und bekam das Übergewicht. Bevor ich mit dem Gesicht aufschlagen konnte, gelang es mir, mich am Handlauf festzuhalten.
Serge wollte mir folgen, da klingelte es an der Tür.
Der menschliche Riese blieb stehen und drehte den Kopf. Er schaute Lady Clarence an, die im offenen Türrechteck stand.
»Zurück!« zischte sie. »Wir wissen nicht, wer es ist. Vielleicht brauche ich dich.«
Geschmeidig glitt Serge die Stufen wieder hoch. Dann wurde die Tür zugerammt und abgeschlossen.
Ich befand mich noch auf der Treppe und mutterseelenallein in der absoluten Finsternis.
Ein paar Sekunden wartete ich und dachte über meine Chancen nach.
Die wirkungsvollen Waffen befanden sich nicht mehr in meinem Besitz.
Was ich bei mir trug, war Ersatzmunition und die magische Kreide. Nicht gerade viel, um gegen Wesen der Finsternis anzukämpfen.
Und noch etwas besaß ich.
Die Bleistiftleuchte. Sie war im Augenblick ein wertvoller Gegenstand, denn ohne sie tappte ich tatsächlich im Dunkeln.
Ich holte die schmale Lampe hervor, knipste sie an und leuchtete die Stufen hinab.
Der feine Strahl schnitt einen Lichttunnel in das Dunkel. Er traf auch ein Ziel.
Vor der Treppe hockte der Ghoul. Und ich war waffenlos!
***
Suko hatte den blauen Bentley entdeckt!
Das war gar nicht so einfach gewesen. Mit einem Wagen der Polizei war er bis an den Ortsrand von Hampstead gefahren worden und hatte sich von dort auf die Suche gemacht.
Nach zehn Minuten bereits gab er auf. So kam er nicht voran. Deshalb erkundigte er sich bei einem Passanten, der einer Bushaltestelle entgegenstrebte und sich wohl darüber ärgerte, daß er Arbeiten mußte, denn er zog ein brummiges Gesicht.
Trotzdem bekam Suko auf seine Frage eine Antwort.
»So einen Wagen fährt unter anderem die alte Clarence.«
»Und ist der blau?«
»Ja. Zumindest dunkel.«
Suko erkundigte sich noch nach der genauen Adresse und war losgetigert. Froh darüber, endlich ein Ziel vor Augen zu haben. Das Haus stand abseits der stark befahrenen Straßen. Er mußte durch einen kleinen Park, überquerte eine Brücke mit Eisengeländer, unter der ein Bach rauschte, und erreichte eine schmalere Straße, die vor ihm eine Kurve machte. Direkt dahinter sollte die Adresse sein.
Von nun an bewegte sich der Chinese vorsichtig. Ihm fiel auch die hohe Hecke auf, die zwar nicht das Haus umgab, dafür den Garten, der zum Grundstück gehörte.
Das Haus stand, von der Straße aus gesehen, nach hinten versetzt. Ein Vorgarten war nicht vorhanden, dafür ein Platz, auf dem irgendwann mal Asche gelegen hatte. Jetzt allerdings war sie von kniehohem Unkraut überwuchert.
Vor dem Haus stand der Bentley.
Dunkelblau und mit der Schnauze zur Straße zu weisend. Da war Suko genau richtig.
Er pirschte sich näher. Dabei duckte er sich und sah zu, daß er vom Haus her gesehen immer durch den Wagen gedeckt war. Wenn sich allerdings jemand in den beiden oberen Etagen aufhielt, konnte dieser ihn ohne weiteres sehen.
Suko vertraute seinem guten Stern.
Die Fassade ließ er nie aus dem. Blick. Auch im Winter noch grüne Gewächse hatten sich am Mauerwerk hochgerankt. Sie bildeten einen Schutz und stellten einen idealen Nistplatz für Vögel dar. Zur Tür führte eine breite Stufe hoch, schon fast ein Podest.
Bis auf wenige Schritte hatte sich der Chinese dem Wagen genähert, als seine Aufmerksamkeit vom Kofferraum des Bentley in Anspruch genommen wurde, denn da tat sich etwas.
Die Haube bewegte sich!
Unter ihr mußte sich jemand befinden, der sich langsam nach oben drückte.
Bevor der andere ihn sah, huschte Suko vor und blieb neben der hinteren linken Tür des Wagens knien.
Dort wartete er ab. Allerdings richtete er sich so weit auf, daß er nicht nur durch die Seiten, sondern auch durch die Heckscheibe schauen konnte und mitbekam, wie der Deckel immer weiter hochgehoben wurde, bis er fast senkrecht stand.
Jetzt war dem Chinesen die Sicht allerdings verwehrt. Er konnte nicht erkennen, wer den Kofferraum verließ.
Einen Verdacht hatte er. Irgendwie rechnete er damit, daß es seinem Freund John Sinclair gelungen war, sich innerhalb des Kofferraums zu verstecken. Da er jedoch keine
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