0211 - Das Geistergrab
Hüftknochen.
Seine Schritte wurden länger. Dumpf trommelten die Füße auf den Boden, die Angst saß ihm im Nacken und mobilisierte Kraftreserven. Das harte CIA-Training machte sich bezahlt. Wie ein Schatten glitt Frazer durch die Finsternis und ließ den unheimlichen Friedhof hinter sich, bevor ein Skelett ihn fassen konnte.
Als er den düsteren Schatten der Burgmauer neben sich sah, änderte er die Geschwindigkeit seines Laufs, fiel in einen leichten Trab, um schließlich stehenzubleiben.
Mit dem Rücken lehnte er an der kalten Mauer und atmete tief durch. Seine Lungen stachen. Sie schmerzten, als sie sich mit der kalten Atemluft auffüllten, und so etwas wie Schwindel überkam ihn. Er senkte den Kopf, ließ beide Arme nach vorn durchsinken und kontrollierte seinen Atem. Die Kondition des Mannes war gut. Schon nach knapp einer halben Minute ging es ihm besser, und er schaute den Weg zurück.
Verfolger sah er nicht. Nur das türkisfarbene Licht schimmerte auf den Burgmauern.
Das war noch einmal glatt gegangen. Mit Schrecken jedoch dachte er an seinen Kollegen Errol Boysen. Er hatte ihn nicht gesehen und ihn auch nicht retten können, denn er rechnete damit, daß Boysen sein Leben verloren hatte.
Nicht durch die Kugel eines feindlichen Agenten der Gegenseite, sondern durch einen unheimlichen Spuk, der irgendwo unter dem alten Friedhof lauerte.
War das nicht schon ein neuer Fall? Alles wies darauf hin, und das gestohlene Steuerungssystem war für den CIA-Agenten zweitrangig geworden.
Diese Gedanken gingen durch seinen Kopf, als er auf den abgestellten Wartburg zulief. Am Wagen hatte sich nichts verändert. Auch nicht in der unmittelbaren Umgebung. Alles war still. Nur der Nachtwind fuhr weich in die Kronen der Bäume und spielte mit den Zweigen der Fichten.
Stotternd sprang der Motor an. Er war kalt geworden. Dicke Auspuffgase quollen aus dem Rohr. Frazers Gesicht verzerrte sich. Er fluchte über die Fahrzeuge des Ostens und war froh, als sich der Wartburg unwillig in Bewegung setzte.
Das Fahrzeug fand seinen Weg durch das Unterholz. Wurzeln und Zweige schlugen unter und gegen die Karosserie. Der Wartburg schaukelte, die Sitze ächzten und knarrten. Mit dem Kotflügel streifte Frazer einen Baumstamm, fuhr aber weiter und atmete erst auf, als er den schmalen Waldweg erreichte.
Noch immer wagte er nicht, das Licht einzuschalten. Es gab eben zu viele Patrouillen im grenznahen Gebiet, und erwischen lassen wollte er sich auf keinen Fall.
Der CIA-Agent hatte Glück. Er gelangte zu seiner Kontakadresse und von dort aus zu einem geheimnisvollen Fluchttunnel, den es offiziell überhaupt nicht gab, der von den Geheimdiensten in mühevoller Arbeit angelegt worden war Dort verschwand der CIA-Mann Don Frazer, als hätte es ihn nie gegeben. Doch seine Erlebnisse sollten Folgen haben.
***
Auch von den DDR-Grenzstellen war das blaugrüne Licht gesehen worden. Man schickte eine Streife los.
Die Männer fanden nichts, so sehr sie auch suchten. Sie schauten auch auf dem alten Friedhof nach und kamen zu dem Ergebnis, daß das Licht wohl eine Täuschung gewesen sein mußte. Daran wollten die Vorgesetzten der Soldaten nicht glauben. Sie vergatterten ihre Untergebenen zu erhöhter Wachsamkeit.
Seit der spektakulären Ballonflucht zweier Familien war man an der Grenze noch mißtrauischer geworden.
Mehrere Nächte vergingen, ohne daß sich das seltsame Licht gezeigt hätte. Und auch Grenzsoldaten spielten lieber Karten oder lasen in den eingeschmuggelten Playboys, als daß sie durch starke Nachtgläser den Himmel in Richtung Osten absuchten, ob da vielleicht ein seltsames Licht erschien. Irgend jemand sprach von UFOS, und plötzlich hielt sich das Gerücht, daß dieses blaue Licht von einem solchen Objekt abgestrahlt worden war.
***
Während die Grenzer der DDR sich darüber lustig machten, kam es bei der CIA zu Alarmsitzungen. Die Agency interessierte sich nun mal für alle Dinge, die irgendwie außergewöhnlich waren. Man wollte diesem Phänomen unbedingt auf den Grund gehen, zudem mußte auch der Tod eines Mitarbeiters geklärt werden.
Ein gefährlicher Job stand zur Verfügung. Man holte gute Leute heran, sortierte aus und nahm vor allen Dingen die in die engere Wahl, die Ostkontakte besaßen und sich in der DDR auskannten.
Bis ein General Namens Benson mit einem Vorschlag kam, der den CIA-Gewaltigen die Schamröte ins Gesicht trieb. »Wenn wir schon keinen Agenten bei uns finden, können wir uns ja an unsere
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