0211 - Die letzte Runde zahlt der Tod
sein dickes zerfleddertes Notizbuch herausgeholt und leckte aus alter Gewohnheit an seinem Kugelschreiber, was ihm eine blaue Zunge einbrachte.
Dann spuckte er, sagte »Damned« und fragte:
»Haben Sie einen Tropfen zu trinken für mich? Das Zeug schmeckt abscheulich.«
Thrillbroker war wirklich ein netter Kerl, aber er ließ keine Gelegenheit aus, um an einen Drink zu kommen. Seine Urahnen stammten wie er gelegentlich versicherte, aus Schottland und das hing ihm immer noch nach. Er gurgelte den Whisky hinunter, den ich ihm einschenkte und blickte mich erwartungsvoll an.
»Der Artikel in der Fanfare stammt von demselben Verfasser der diesen hier in die Yonkers Post lanciert hat. Der Kerl merkt, dass ich ihm hart auf den Fersen bin, und versucht, mich abzuhängen. Für den Tatbestand der so genannten Erpressung und Bestechung habe ich glücklicherweise vernichtendes Beweismaterial.« Ich reichte Louis das erste Telegramm und gab dazu die nötigen Erklärungen.
Dann ließ ich ihn den aufgrund der Tonbandaufnahme protokollierten Text des Gespräches lesen und berichtete, wie der Gangster mich dadurch übers Ohr gehauen hatte, dass er von Jersey City aus anrief.
Louis Thrillbroker war Feuer und Flamme. Zwischendurch schnappte er das Telefon, wählte und sagte:
»Auf dem Titelblatt zwei Spalten frei halten. Außerdem einen Raum von vier Inches für ein Klischee. Wir müssen ein Faksimile veröffentlichen… Nein. General de Gaulle fliegt raus. Schieben Sie ihn auf die dritte Seite. Fidel Castro kommt auf die letzte. Das ist immer noch zu gut für ihn… Chruschtschow.... wer redet denn heute noch von Chruschtschow, wir sind hier in New York und nicht in Moskau!«
Er hängte ein, grinste und schrieb weiter.
Dann klqpfte er mir anerkennend auf die Schulter und sagte:
»Eine Hand wäscht die andere. Sie haben mir geholfen und ich helfe Ihnen. Der Kerl soll platzen.«
»Passen Sie auf, dass er Sie nicht zerplatzen lässt. Er ist ein recht rabiater Zeitgenosse«, ermähnte ich ihn, aber das hörte Thrillbroker kaum mehr. Er donnerte hinaus wie eine Elefantenherde.
***
»Miss Luisa Amalfi möchte Mister Cotton sprechen«, kam es von der Anmeldung.
»Soll raufkommen.« Dabei überlegte ich was Luisa wohl von mir wollte.
Gestern noch hatte sie jede Auskunft verweigert. Als sie eintrat, konnte ich sofort sehen, dass sie sich zu einem Entschluss durchgerungen hatte. Sie war sehr bleich, aber alles andere als unsicher.
»Bitte, setzen Sie sich!«, sagte ich. »Was verschafft mir das Vergnügen?«
»Maria weiß nicht, dass ich hier bin. Sie hätte das niemals erlaubt, aber ich habe mich entschlossen, reinen Tisch zu machen.«
»Damit haben Sie recht, Miss Amalfi. Das ist immer das Klügste«, antwortete ich.
»Nennen Sie mich Luisa.«
»Ich habe Hochachtung vor Ihrer Vernunft«, lächelte ich.
»Maria hat nicht gelogen, als sie Ihnen sagte, Julia habe sie einer Familienangelegenheit wegen erpresst. Es ging um Carlo. Sie kennen ihn doch. Carlo ist ein unbeherrschter und unberechenbarer Mensch. Er ist nicht schlecht, aber sein Temperament geht mit, ihm durch. Ich kann Ihnen heute ohne Skrupel die Wahrheit sagen, denn mein Bruder ist nicht mehr in New York. Wo er sich befindet, weiß ich nicht, aber ich hoffe, in Mexiko oder auf dem Weg nach Südamerika. Carlo hat vor ungefähr einem Jahr bei einer Kneipenschlägerei jemanden mit einem Stuhlbein erschlagen. Es gelang ihm zu flüchten, aber er wurde gesehen und unglücklicherweise war Julia damals bei dem Wirt angestellt. Natürlich kannte sie ihn nicht, aber als er eines Tages vor fünf Wochen Maria besuchte, erinnerte sie sich. Von diesem Tag an setzte sie meine Schwester unter Druck. Sie erpresste sie. Es waren immer nur kleine Summen, zwanzig oder dreißig Dollar, die sie forderte, aber sie wollte auch nichts mehr arbeiten, wurde unverschämt und drohte bei jeder Gelegenheit, sie werde Carlo anzeigen. Darum engagierte Maria ein Detektiv-Büro in der stillen Hoffnung, dass dieses irgendetwas über Julia herausfinden könnte, das sie ihr Vorhalten und womit sie Julia einschüchtern könne. Von den Geschäften ihres Mannes wusste sie absolut nichts. Sie erfuhr erst durch Sie davon und dann durch die Gangster, die sie zwingen wollten, ihnen verschiedene Listen auszuhändigen.«
Sie stockte und wusste nicht, ob sie weiterreden sollte.
»Wenn Sie schon begonnen haben, Miss Luisa, so müssen Sie es auch zu Ende führen. Was war mit diesen Listen?«
Sie blickte mich
Weitere Kostenlose Bücher