0212 - Herr der roten Hölle
Nach wie vor schwebte die dicke Wolke vor und über dem umgekippten Wagen, dessen Blech so verbogen war, daß er schon an ein modernes Kunstwerk erinnerte.
Es war nicht einfach, die Balance zu halten.
Rechts neben mir begann der Hang. Mit Blut und Schneewasser vermischte Ströme flossen an ihm hinab und sammelten sich in einer kleinen Rinne, von wo die Flüssigkeit talwärts rauschte.
Um Suko zu helfen, mußte ich um den zerstörten Range Rover herum. Dies wiederum kostete Zeit, und die hatte ich überhaupt nicht, denn der Herr der roten Hölle hatte sieh mitsamt der roten Wolke meinen Partner schon sehr weit genähert, so daß sich der Chinese bereits in Lebensgefahr befand.
Aber er wehrte sich.
Die Bewegung sah ich nicht, hörte die Schüsse, und am trockenen Klang erkannte ich die Beretta.
Suko versuchte es mit allen Mitteln. Eine fliegende Kugel ist so schnell, daß man sie mit dem menschlichen Auge nicht verfolgen kann, auch hier sah ich nichts, erkannte nur an den Reaktionen des Dämons, daß überhaupt Geschosse abgefeuert worden waren.
Er zuckte ein paarmal zusammen. Wo die Kugeln ihn getroffen hatten, blitzte es hell auf, das war allerdings alles. Seinen Vorwärtsdrang konnten die geweihten Projektile nicht stoppen.
Suko mußte zurück.
Die Distanz zwischen mir und Nyrana war groß genug für einen Wurf mit dem Bumerang. Eine andere Chance, an ihn heranzukommen, sah ich nicht. Ich hätte auch das Kreuz werfen können, doch das Risiko, daß Nyrana auswich, war einfach zu groß.
Ich ließ den Koffer fallen und holte die silberne Banane, wie ich den Bumerang getauft hatte, aus dem Hosengürtel. Ein paar Sekunden lang wog ich ihn noch in der Hand, um die richtige Balance zu finden. Dann schleuderte ich ihn.
Er zischte förmlich aus meiner Hand, tauchte hinein in die Wolke, ich hielt die Luft an und rechnete damit, daß der Bumerang den Schädel des Dämons vom Rumpf trennen würde.
Das war ein Trugschluß, denn Nyrana war schlauer, als ich vermutet hatte.
In einer Hand hielt er die Dämonenpeitsche. Seine zweite jedoch war leer, und sie befand sich noch innerhalb der roten Blutwolke. Als sie jetzt aus der Wolke auftauchte, da sah ich den Speer oder die Lanze in seinen Fingern.
Blitzschnell riß er den Arm hoch und reagierte mit seiner zweiten Waffe.
Der Bumerang hätte ihn sicherlich am Kopf getroffen, doch davor befand sich die schmale lanzenähnliche Stange, und mit ungeheurer Geschwindigkeit wickelte sich der Bumerang um die Stange. Seine Wirkung wurde praktisch aufgehoben, er verlor an Geschwindigkeit, die Erdanziehung hob die Fliehkraft auf, wurde stärker, so daß der Bumerang dem Boden entgegenfiel.
Das sah ich zwar, aber ich befand mich bereits unterwegs. Noch war Nyrana geschockt. Wenn ich ihn packen wollte, dann mußte ich es in diesem Augenblick versuchen.
Ich tauchte ein in die blutige Nebelwolke, wollte weiterrennen, doch die Magie war zu stark. Obwohl ich mein Kreuz bei mir trug, merkte ich den ungeheuren Ansturm, wurde gepackt, vom Boden hochgehoben und hinausgeschleudert, als hätte mich der Rachen eines Ungeheuers ausgespien. Ich bekam keinen Bodenkontakt mehr, überschlug mich in der Luft und landete auf dem zum Glück weichen Schneeboden. Dabei hatte ich noch soviel Eigengeschwindigkeit, daß ich ein Stück weiterrutschte und erst einige Yards hinter Suko liegenblieb.
Der Chinese war in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben. Er hatte erst vorgehabt, seinen Stab zu ziehen. Damit hätte er zwar die Zeit anhalten können, mehr auch nicht. Hätte er nämlich in diesen fünf Sekunden den Dämon getötet, so wäre die Magie des Stabs aufgehoben worden, und er hätte ihn wegwerfen können.
Suko besaß allerdings noch eine zweite Waffe außer der Beretta.
Das war Desteros Schwert.
Das geigenkastenähnliche Behältnis lag neben ihm und brauchte nur noch geöffnet zu werden. Suko schaffte es mit zwei sicheren Griffen, faßte in das Unterteil hinein und hielt im nächsten Augenblick das Schwert in der Hand.
Es war ebenfalls eine schwarzmagische Waffe, zudem sehr stark, und Suko hoffte, seinen Gegner damit erledigen oder ihn zumindest schwächen zu können.
Er hatte gesehen, wie John Sinclair aus der magischen Blutwolke katapultiert worden war, und Suko gestaltete sein Vorgehen gegen den Dämon entsprechend behutsam.
Leicht geduckt näherte er sich der Wolke, die längst an Größe verloren hatte, allerdings nicht an Gefährlichkeit, denn sie wirkte wesentlich
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