0213 - Colette und ihr Fallbeil
rasch es ging, wollte Bill Conolly den Geisterjäger in London anrufen.
Als er den Wald hinter sich gelassen hatte, verbreiterte sich auch die Straße. Rechts und links wuchsen Obstbäume. Ein Mittelstreifen war nicht vorhanden, und das Pflaster bestand aus kleinen, viereckigen Steinen, die bei Nässe regelrecht Rutschfallen bildeten.
Zum Glück war es trocken.
Hinter den Bäumen begannen die Felder. Bauern fuhren mit ihren Treckern und Wagen. Sie pflügten die Äcker um oder säten. Ein friedliches Bild begleitete Bills Fahrt, eine kleine Idylle im hektischen Europa.
Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, daß sich hier das Grauen festgesetzt hatte. Doch es lauerte. Unsichtbar und versteckt in einer anderen Dimension.
Die ersten Häuser sahen alt aus. Windschiefe Bauten. Zum Teil besaßen sie Holzdächer und auch hölzerne Pfannen. Wind und Wetter hatten sie gebleicht.
Die Straße führte in Kurven durch den Ort. Nur wenige Menschen waren auf den schmalen Gehsteigen zu sehen. Hier und da blitzte die Scheibe eines Geschäfts.
Bill sah einen Lebensmittelladen, einen Metzger, einen Bäcker und eine Reparaturwerkstatt, in der sowohl Fahrzeuge als auch landwirtschaftliche Geräte auf Vordermann gebracht wurden. Unter einem Reklameschild von Peugeot stand ein bärtiger Mann und schaute dem langsam fahrenden Reporter nach.
Conolly suchte das Haus mit den 100 Köpfen. Ein Hinweisschild entdeckte er nicht.
Vor einer Steinmauer, die einen Hang abstützte, über den auch ein Weg führte, spielten drei Kinder Ball. Bill stoppte und fragte nach dem bewußten Haus.
Er bekam die Antwort von einem Mädchen mit langen, blonden Zöpfen.
Es deutete mit dem Finger nach rechts, schlug einen Kreis, und Bill mußte noch einmal nachhaken, bis er sicher war, den korrekten Weg gesagt zu bekommen.
Dann fuhr er weiter.
Das Haus mit den 100 Köpfen lag ein wenig außerhalb der eigentlichen Ortschaft Zu erreichen war es durch eine enge, ungepflasterte Gasse, und Bill hoffte nur, daß ihm kein Wagen entgegenkam. Er hatte Glück.
Unangefochten erreichte er einen leerstehenden Platz, um den sich zahlreiche Häuser gruppierten, denen die Altersschwäche anzusehen war. Zwei Kneipen waren ebenfalls vorhanden, auch ein Eßlokal, sein eigentliches Ziel aber lag hinter dem Platz, wo es nicht mehr weit bis zum Wald war.
Das Haus stand allein.
Von den Köpfen konnte Bill nichts entdecken. Statt dessen sah er ein weiß angestrichenes Gebäude vor sich mit grünen Fensterläden. Es mußte einen Anbau geben, denn im rechten Winkel zu dem neuen Haus stand ein alter Trakt, dessen Dach höher war als das des Neubaus.
Und noch etwas fiel Bill auf.
Zwar parkten einige Wagen vor dem Gebäude, doch der Mercedes, dunkelblau und mit getönten Scheiben stach davon ab, weil es ebenso ein Prunkschlitten war.
Die Beifahrertür wurde aufgestoßen, und ein Mann verließ den Wagen.
Bill glaubte, einen Schlag gegen die Stirn zu bekommen. Der Mann, der da aus dem Mercedes stieg und quicklebendig war, den kannte der Reporter.
Es war der, den die blonde Frau geköpft hatte!
***
Der Mann blieb neben dem offenen Wagenschlag stehen und nahm seine Sonnenbrille ab. Er trug die gleiche Kleidung wie bei dem unheimlichen Vorgang, der Bill Conolly so entsetzt hatte.
Kaum zu glauben…
Der Reporter hatte zuerst aussteigen wollen, er blieb jedoch sitzen, als er sah, daß auch die Fahrertür aufgestoßen wurde und ein Typ in grauer Chauffeursuniform den Mercedes verließ. Der Mann war wesentlich größer als sein Chef, der typische Leibwächter, der sich sofort umschaute und auch einen stechenden Blick in das Innere des Renaults warf.
Bill verzog das Gesicht zu einem Grinsen. Was der Kerl im braunen Anzug zu seinem Chauffeur sagte, verstand der Reporter nicht. Er trieb den Bediensteten wohl zur Eile an, denn dieser nickte und holte aus dem Kofferraum das Gepäck.
Mit zwei Koffern schleppte er sich ab, während der andere schon auf den Eingang des Hotels zugegangen war.
Bill ließ den Wagen anfahren. Die Reifen rollten über die kleinen, hellen Steine vor dem Haus, und der Reporter lenkte den R 4 in den Schatten starker Buchenzweige.
Dann stieg auch er aus. Vom Rücksitz holte er seinen kleinen Koffer, schaute noch einmal am Haus hoch und schritt auf den Eingang zu, der eine Rundbogentür aufwies, die aus guter, alter, dicker Eiche bestand.
Die Klinke war gebogen und aus Metall. Sie ließ sich schwer nach unten drücken.
Eine kühle, kleine und sehr wohnlich
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