0216 - Aufbruch der Oldtimer
Gessinks Gedanken.
Vielleicht hätte Gessink nie den Shift verlassen, wenn nicht äußere Einflüsse eine Entscheidung herbeigeführt hätten. Das unbedeutende Ereignis, daß der Wind sich drehte, gab den Ausschlag. Eine übelriechende Wolke wurde direkt zu Gessink hereingeweht. Er erstickte fast vor Ekel und Zorn. Seine Arme trommelten heftiger auf den Boden. Seine Augen sonderten grüne Tränen ab. Wie eine riesige Stahlfeder schnellte das Bloos aus der Schleuse.
Groon fühlte die Kälte von den Füßen aus in seinem Körper hochkriechen. Mit letzter Kraft versuchte er die Beine zu bewegen, doch alles, was er noch zustande brachte, glich einem unkontrollierten Zucken. Der Absterbungsprozeß begann einzusetzen. Gelähmt vor Entsetzen lag Groon da. Er hatte nicht erwartet, daß es so früh beginnen würde, und jetzt gab es keine medizinische Hilfe für ihn. Er konnte nur noch gerettet werden, wenn er auf dem schnellsten Wege etwas zum Essen bekam.
Groon fuhr den Kopf aus und blickte an sich herunter. Seine Füße sahen höchst lebendig aus, obwohl er sie nicht mehr spüren konnte. Wenn er jetzt den Versuch unternommen hätte, sich aufzurichten, wäre er einfach eingeknickt und zusammengebrochen. Ich habe immer noch meine Arme, dachte er trotzig, aber es war ein bitterer Trotz, der schon etwas von jener sinnlosen Hartnäckigkeit in sich trug, mit der sich Sterbende ans Leben klammern. So lag Groon auf dem Dach des Shifts. Er spürte keinen Hunger mehr, aber er war ein sehr einsamer Soldat in einer zerrissenen Uniform und einem unklaren Schmerz in seiner Gefühlszone. Einst hatte er eine Armee angeführt, und auch seine Gegner hatten ihm zugestanden, daß er einer der ganz wenigen großen Strategen seiner Stadt war. Doch seine Armee war in einem sinnlosen Kampf vor den Toren der Stadt Kraa zugrundegegangen.
Etwas flog mit scharfem Summen über Groon hinweg. Irritiert blinzelte er mit den Augen. Er sah einen kaum wahrnehmbaren Gegenstand über sich hinweghuschen. Groon befürchtete, daß er bereits an Sehschwäche litte, und er wünschte, daß das Bloos endlich herauskäme. Er stützte sich auf seine Arme.
„Ich bin immer noch hier, Bloos!" krächzte er. Er wunderte sich, wie schwach seine Stimme klang und wie müde. Sie war viel zu leise, als daß das Bloos sie hören konnte.
Einen Augenblick schloß Groon die Augen.
Als er sie, gewarnt durch ein pfeifendes Geräusch, wieder aufriß, war das Bloos da. Wie von einer Sehne geschnellt, schoß es aus seiner Höhle. Groon hörte auf zu atmen, als er drei Schüsse hintereinander aus dem Karabiner jagte. Er fehlte dreimal, und das Bloos warf sich herum, mit weit aufgerissenem Rachen, so daß Groon in schrecklicher Deutlichkeit die beiden Reihen gelber Zähne erkennen konnte. Die Sicherheit und Ruhe, mit der Groon jetzt schoß, war bewundernswert, doch für die geballte Masse aus Armen und Zähnen war er viel zu langsam.
Groon gab noch einen Schuß ab, dann fegte ein brauner Arm auf ihn zu und drückte ihm fast den Brustkorb ein. Er geriet ins Rutschen. Das Dach bot keine Möglichkeit zum Festklammern, und Groon sank rückwärts herunter. Er schlug schwer auf die seitliche Raupenverkleidung und brach sich einen Arm. Trotzdem hielt er den Karabiner fest.
Das Bloos tobte um den Shift herum, unter der Wucht seiner Arme wirbelten kleinere Felsbrocken wie Konfetti in die Höhe. Eine Staubwolke blieb hinter dem rasenden Untier zurück.
Mit dem gesunden Arm schwenkte Groon den Karabiner herum.
Er sah nichts mehr außer verschwommenen Schatten, und alles, was er in diesem Moment hören konnte, war das heranstürmende Bloos.
„Hierher, Bloos!" schrie Groon mit versagender Stimme.
Ein Schatten senkte sich über ihn. Groon schoß zweimal, dann trennte ein einziger Prankenhieb des Raubtiers ihm den Kopf ab.
Polternd fiel der Karabiner mit der letzten Patrone auf den Boden.
Groon verschwand unter dem Körper des Untiers.
So schnell, wie die sinnlose Wut ihn überfallen hatte, so schnell wurde Gessink wieder nüchtern. Er packte den Körper des getöteten Feindes und zerrte ihn mit um seine Behausung herum.
Vor dem Eingang legte er den Leichnam nieder.
Als Gessink wieder aufblickte, kam ein ungläubiges Knurren aus seinem Maul.
Der Eingang, durch den er seine Höhle verlassen hatte, war jetzt verschlossen.
Als Perry Rhodan sprach, spürte niemand etwas von einer Enttäuschung darüber, daß ihr kräfteverzehrender Versuch, den Hauptschalter für den Atomreaktor zu
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