0216 - Der Pharaonenfluch
bereit – der Altar des Gottes Anubis!« hörte der Franzose die Stimme des Ramose in einem merkwürdigen Singsang. »Ha, viele Opfer stärkten die Kraft des Gottes – stärkten die Kraft der Götter Ägyptens in dieser Nacht. Aber dein Opfer wird, ich spüre es, das stärkste sein. Hunderte wird es aufwiegen. Ah, die Götter vom heiligen Nil werden deine Seele leertrinken …«
»Laß mich reden … laß mich etwas sagen …« krächzte Zamorra. Er mußte Zeit gewinnen. Vielleicht konnte das Licht des Tages, das nun bald hereinbrechen mußte, die Macht des Schädels brechen.
»Keine Rede!« sagte das Ramose-Wesen schroff. »Die Götter wollen Opfer. Du stirbst … auf ihrem Altar. Hinein mit dir … betritt das Innere der Pyramide … ich zwinge dich sonst … du kennst meine Mittel …«
Und eine Schockwelle trieb den Meister des Übersinnlichen durch den Eingang der Pyramide.
Für einige Augenblicke umfing ihn schwärzeste Finsternis.
Aber das gestaltlose Nichts zerstob durch ein unirdisches Leuchten. Professor Zamorra wußte, woher dieses Licht kam, das ihm nun den Weg wies.
Der Mumienschädel, der vorher in der Wüste nur fluorezierte, hatte jetzt die Farbe von weißglühendem, flüssigen Stahl. Gloste er vorher wie ein Stück glühende Kohle, so erstrahlte er nun hell wie eine Fackel.
Gleich einem Monde beleuchtete er die Felsgänge im Inneren der Pyramide und offenbarte dem Parapsychologen die Stufen, die in der Pyramide nach oben führten.
In die Grabkammer des Pharao.
Zamorra stolperte die Stufen hinauf. An manchen Stellen waren noch Reste der Verkleidung aus polierten Kalkstein- oder Granitplatten, die in den Tagen der Erbauung auch das Äußere von Cheops Mausoleum überzog. Wenige Reste davon sind noch an der Spitze der Cheops-Pyramide zu finden.
Professor Zamorra hatte jetzt kein Auge für die Bearbeitung der Steine in den Kammern und Gängen. Er konnte auch nicht die genaue Fügung der tonnenschweren Blöcke auf- und nebeneinander bewundern.
Vorwärts trieb ihn der Mumienschädel. Vorwärts – dem Tode entgegen. Eine heiße, dumpfige Luft füllte Zamorras Lungen und verursachte Atembeklemmungen. Ein eigenartiger Geruch, den er nicht erklären konnte, ließ Übelkeit in ihm aufsteigen.
Die Gänge waren sicherlich für bedeutend kleinere Menschen angelegt. Tief gebückt mußte der hochgewachsene Zamorra die niedrigen Gänge hinaufsteigen.
Sein ganzer Körper war durch die Strapazen des Wüstenlaufes wie ausgelaugt. Nun wurde er wie ein Schlachtvieh die steilen Gänge emporgetrieben, ohne richtig atmen zu können.
Verzweiflung machte sich in ihm breit, wenn er sich ausrechnete, was für Chancen er noch besaß.
Dann vor ihm eine gähnende Öffnung, flankiert und umsäumt mit Reliefs, auf denen die Götter Altägyptens dargestellt waren. Zamorra wußte, auch ohne daß man es ihm gesagt hätte, was hinter dieser Pforte lag.
Die Grabkammer des Pharao. Der Ort, an dem er sterben sollte.
Von den Parazwängen, die der Mumienschädel ausstrahlte, wurde Professor Zamorra förmlich durch die Pforte getrieben. Auf dem zerschlagenen Granitsarkophag brach er zusammen.
» Hinauf mit dir! « kam es befehlend. Und der Franzose hatte keine Abwehrmittel gegen diesen Befehl. Unter unsäglicher Anstrengung zog er sich auf die noch einigermaßen erhaltene Deckplatte des Sarkophags.
» Der Altar! « kicherte es. »Bereit steht der Altar zum hohen Opfer für Anubis!«
Im gleichen Moment strahlte ein grünliches Leuchten durch die Grabkammer. Der Mumienschädel des Ramose leuchtete in höchster Intensität. Und als Zamorra seinen Blick in dem nicht besonders großen und nur mit wenigen schmückenden Verzierungen ausgestatteten Raum schweifen ließ, bemerkte er, daß dieses grünliche Leuchten überall in der Grabkammer zu erstrahlen begann.
Es war, als leuchtete der Sand und der Staub im Inneren der Pyramide. Oder sollte etwa …? Wie sprach der Schädel vorhin? Der Mörder …?
Zamorra konnte seine Gedanken nicht zu Ende führen. Aber er schien richtig vermutet zu haben.
Das Ramose-Wesen begann einen eigenartigen Singsang in einer Sprache, die Professor Zamorra noch nie gehört hatte. Aber es mußten Worte der Macht sein. Und die Worte wurden klarer gesprochen, deutlicher und bestimmter.
Und plötzlich war es dem Parapsychologen, als wenn sich ein Wind aufmachte.
Ein Wind, der den grünleuchtenden Staub hochwirbelte. Und im Wirbel konzentrierte. Je lauter und befehlender der
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