0216 - Der Pharaonenfluch
leben.
Schon wollte er sich auf den Rückweg machen, als sein Blick auf etwas fiel, was aus dem Sand der Wüste hervorblitzte. Mit wenigen Schritten eilte Michael hin, ließ sich auf die Knie nieder, um das Fundstück genauer in Augenschein zu nehmen.
Er stieß einen leisen Pfiff zwischen den Zähnen hervor. Davon hatte sich der Parapsychologe nie getrennt. Daß er, Michael Ullich, es hier fand, ließ nicht viel Gutes ahnen.
Es war Zamorras Amulett.
Einen kleinen Moment kämpfte der Deutsche mit sich. Er hatte Merlins Stern schon in Aktion gesehen. Und er hatte sich, seit er Professor Zamorra kennengelernt hatte, mit der Welt der geheimen Mächte beschäftigt, ohne jedoch viel davon zu begreifen oder gar in ihre tiefen Geheimnisse einzudringen.
Aber konnte nicht das Amulett für alle anderen als Zamorra gefährlich werden? Konnte es nicht den, der es ohne besondere Weihen oder ohne ausdrückliche Erlaubnis Zamorras berührte, zum Tode bringen? Und berühren mußte er das Amulett, denn die Kette, an der es sonst hing, war nicht aufzufinden.
»Ich muß«, hämmerte es in ihm, »ich muß Zamorra das Amulett bringen. Geschehe was wolle. Ich muß … «
Seine Rechte griff zu, schloß sich um das Amulett des Leonardo de Montagne.
Warm schmiegte es sich in Michael Ullichs Hand. Und im gleichen Moment schien es zu ihm zu sprechen. Nicht, daß es eine wirkliche Sprache gewesen wäre, mehr eine Art suggestive Einflüsterung.
»Eile! Professor Zamorra ist in höchster Gefahr. In tödlicher Gefahr. Nur das Amulett kann ihn retten! Eile! «
Michael Ullich sprang auf, als sei er mit brühheißem Wasser übergossen worden. Er schob die Silberscheibe in die Tasche seiner Jeans. Mit wenigen Schritten war er bei den Fahrzeugen, mit denen die Gangster gekommen waren.
Mercedes-Limousinen schienen hier als Kleinwagen zu gelten. Der Auto-Enthusiast erwachte in Ullich. Vergessen war der Ascona, der daheim in der Garage stand. Hier stand eine ganze Flotte Straßenkreuzer amerikanischer Bauart.
Wenn nur irgendjemand so freundlich gewesen wäre, aus Versehen eine Tür aufzulassen und den Zündschlüssel stecken zu lassen.
Mit wenigen Sprüngen hatte Ullich sämtliche Fahrzeuge abgeklappert. Aber er hatte kein Glück.
Alle Autotüren waren gut verschlossen, geschweige denn, daß einer der Anhänger des Propheten den Zündschlüssel hätte stecken lassen. Die wußten ganz genau, wie schnell die Kairoer Diebesgilde war.
Michael Ullich lachte bitter. In den Abenteuerromanen, die er zeitweilig gerne las, wäre es dem Helden sicher gelungen, ein Fahrzeug zu knacken und kurz zu schließen. Aber er hatte keine Ahnung, wie man das machte. Ibrahim Hamada hätte hier sicherlich aushelfen können. Aber er selbst war nun mal kein Autoknacker.
Blieb also nur noch die altbewährte Methode. Mit einem Blick des Bedauerns streifte er noch einmal die gewaltige PS-Flotte, dann holte er tief Luft und trabte in die Wüste hinaus.
»Eile!« flüsterte ihm das Amulett zu. »Er befindet sich in höchster Gefahr. Eile! Die Zeit eines Herzschlages ist kostbar!«
Mit leicht federnden Schritten, die den geübten und trainierten Langstreckenläufer weite Strecken überwinden lassen, rannte Michael Ullich in Richtung der Pyramiden von Gizeh.
***
Ein schwarzer gähnender Schlund. Der offene Rachen eines Ungeheuers. Das Tor zu einer Welt, in der das Grauen wohnte.
Der Eingang zur großen Pyramide, in der man einst die sterbliche Hülle des Königs Cheops für die Ewigkeit bewahren wollte. Doch nur ein leerer Steinsarkophag aus festem Granit ist an der Stelle, wo man die Mumie des Pharao vermutete.
Am Tage kletterten hunderte von Touristen durch den engen Eingang in das Innere dieses titanischsten aller Mausoleen. Nun aber war keine Menschenseele zu erblicken.
Nur Ratten huschten durch das Mauerwerk und verursachten leise, raschelnde Geräusche.
Die menschliche Gestalt, die zum Eingang der Pyramide taumelte, schien sich kaum noch auf den Beinen halten zu können. Mehr tot als lebendig stolperte sie dahin. Hinter ihr aber leuchtete die dämonische Fratze des Mumienschädels.
»Vorwärts!« flüsterte es in Professor Zamorra. »Du kannst nicht entkommen. Und du kannst dich meinem Willen nicht widersetzen. Denn ich bin zu stark … zu stark …!«
Gnadenlos hatte der Schädel des Ramose den Parapsychologen durch die Wüste gehetzt, ihn mit Schockwellen auf Paraebene vorangetrieben, ihm weder Ruh noch Rast gegönnt.
»Er ist bereit – der Altar ist
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