0216 - Der Ripper kehrt zurück
den Kleidausschnitt sickerte, um am Rücken hinabzulaufen.
»Fahr nur, Süße, fahr ruhig weiter. Ich freue mich, dass du mich spazieren fährst.«
Jane erwiderte nichts. Sie wollte den anderen reden lassen, während sich ihr Gehirn mit Fluchtmöglichkeiten beschäftigte, doch Chancen sah sie momentan nicht.
»Glaubst du wirklich, dass ich dich laufen gelassen hätte, Jane Collins?« hechelte der Ripper hinter ihr. »Hast du das tatsächlich angenommen? Nein, du entkommst mir nicht. Ich habe dich auf meine Liste gesetzt und nur auf eine Chance gewartet. Dass ich nichts vergessen habe, das konnte ich beweisen. Ich kille noch genau wie früher vor meinem Tod. Ja, ich bin tot, aber ich habe jetzt ganz andere Möglichkeiten. Man kann mich nicht mehr töten. Da ich schon einmal gestorben bin, ist es unmöglich. Hörst du? Unmöglich!«
»Ja«, hauchte Jane. »Ich verstehe.«
»Gut, meine Süße, sehr gut.«
»Und wo soll ich hinfahren?«
Der Ripper lachte leise. »Wie würde dir zum Beispiel Soho gefallen, mein Täubchen?«
»Egal«, erwiderte die Detektivin tonlos.
»In Soho hat alles angefangen, in Soho wird es enden. Aber nicht in dem Soho, das du kennst und meinst, es gibt noch ein anderes, das ich mir ausgesucht habe. Kennst du HORRORLAND?«
»Den Gruselpark?«
»Genau den meine ich.«
»Ja, ich habe davon gehört.«
»Wunderbar. Dort fahren wir nämlich hin. Ich habe mir da bereits etwas ausgedacht, was wirklich einmalig ist. Die Besucher morgen werden sich wundern.« Er kicherte wieder, und über Janes Rücken rann ein kalter Schauer.
Sie wusste nicht genau, was der Ripper mit ihr vorhatte, ihr war jedoch klar, dass sie es nicht überleben konnte. Diese dämonische Gestalt zeigte keine Gnade. Das hatte sie schon früher nicht, als sie noch ein Mensch gewesen war.
»Ihr könnt ihn nicht töten«, hauchte der Ripper. »Er ist da. Sein Geist ist unsterblich. Wer soviel gemordet hat, der gerät in den Blickpunkt des Teufels. Er hat sich des Rippers angenommen und hält seine schützende Hand über ihn.«
Jane ließ ihn reden. Sie hörte nicht hin. Seine Worte gingen an einem Ohr rein, am anderen wieder hinaus. Ihre Probleme waren ganz anderer Natur.
Wie kam sie hier weg?
Natürlich kannte sie einige Tricks. Sie konnte beschleunigen und den Wagen gegen einen Baum setzen. Das hätte bei einem Menschen vielleicht geklappt, aber hinter ihr saß kein Mensch, sondern ein manifestierter Geist. Er war auf diese Art und Weise nicht umzubringen. Nein, dem musste man mit anderen Waffen begegnen. Nur hatte Jane diese Waffen nicht.
Was also tun?
»Fahr nur weiter, fahr weiter!« trieb der Ripper sie an. »HORRORLAND wartet.«
Jane versuchte es. »Ich kenne den Weg nicht«, sagte sie rauh.
»Was? Das glaube ich nicht. Also gut, wenn du den Weg nicht kennst, ist mein Plan hinfällig, dann werde ich dich sofort umbringen, meine süße Kleine.« Zur Demonstration drückte er mit der Klinge noch stärker zu, und Jane spürte den scharfen Schmerz, der dem Schnitt in ihre Nackenhaut folgte.
Ihr Gesicht wurde zu einer Grimasse. Tränen rannen aus ihren Augen. Für Sekunden glaubte sie, dass jetzt das Ende gekommen wäre, der Ripper war zu brutal. Er würde es wahrmachen und sie…
»Nun?« vernahm sie seine Stimme. »Hast du es dir überlegt? Weißt du jetzt Bescheid?«
»Ich… ich glaube…«
Da freute sich der Ripper, »Warum nicht gleich so, kleine Jane? Du hättest dir das andere ersparen können.«
»Gehen Sie zum Teufel!«
»Der ist mein Freund!« Abermals freute sich der Ripper, denn er hatte mal wieder seine Macht demonstriert. Nein, ihm kam keine davon. Er war stärker als die Menschen, und das würde er ihnen auch beweisen. Mit allen Konsequenzen.
Jane sah zu, dass sie zum Fluss hinunterkam. HORRORLAND, ihr Ziel, lag zwar außerhalb von London, aber nicht weit von der Themse weg. Praktisch noch auf den Ausläufern der weiten Uferwiesen, die auch als Parkplätze benutzt wurden.
Sie fuhr dicht am Nordufer der Themse entlang. Auf dem Chelsea Embankment rollten sie in Richtung Westen.
Janes Tränen waren getrocknet. Den ersten Schock hatte sie überwunden. Nur die kleine Wunde im Nacken schmerzte noch. Sie hatte allerdings aufgehört zu bluten.
Verkehr herrschte kaum. Um diese Stunde hatte auf der breiten Uferstraße niemand mehr etwas zu suchen.
Hilfe konnte die Detektivin nicht erwarten. Wer von den Autofahrern kümmerte sich schon um einen entgegenkommenden Wagen? Niemand, und so war sie weiterhin
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