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die man erhalten hatte, war die öffentliche Exkommunizierung Robert de Belesmes gewesen. Keine Truppen waren Belesme zur Verstärkung gekommen, und offenbar hatten einige Burgbewohner, die um ihre unsterblichen Seelen fürchteten, versucht, die Festung zu verlassen. Denn einige Wochen, nachdem der Kirchenbann ausgesprochen worden war, hatte man aus der Burg die Schreie von Gefolterten gehört, und beinahe täglich erschienen neue Köpfe auf den Piken. Roberts Grausamkeiten hatten ihren Zweck erreicht, denn die Zahl abgeschlagener Köpfe wurde nicht mehr größer.
Gelegentlich wurden die Burgtore im Schutz der Nacht geöffnet, und einige Leute wagten sich heraus, griffen die Belagerer an, trieben Vieh weg und töteten schlafende Soldaten. Sie kamen mit solcher Wildheit über die Belagerer, dass viele von diesen sich angewöhnten, bewaffnet in der Sommerhitze zu schlafen.
Als wieder ein solcher Angriff unternommen wurde, war man im Lager darauf vorbereitet. Die Reiter wurden von ihren Pferden gezerrt und die meisten von ihnen fröhlich von den aus den Condes stammenden Soldaten, die die Vorräte bewachten, zerhackt und getötet. Die wenigen Überlebenden kehrten eilig in die Sicherheit der Festungsmauern zurück.
Der Überfall erfolgte, als Roger sich zum Schlafengehen vorbereitete, und der Lärm veranlasste ihn, nur in Beinkleidern in die Richtung zu rennen, aus der das Getümmel zu hören war. Beinahe wäre er mit Aubeiy zusammengestoßen, der herbeigekommen war, um ihm von dem Angriff zu berichten.
„Sieur, diesmal hat man die Angreifer erwischt und fast alle getötet!"
Die Sache war vorbei, als Roger sich einen Weg durch die Menschenmenge bahnte, die sich angesammelt hatte. Derweil er sich den Pferchen für die Tiere näherte, konnte er grotesk verkrümmte Körper in grünen Waffenröcken auf der Erde liegen sehen. Einige waren bereits enthauptet worden von den aus den Condes stammenden Männern, und die übrigen legten durch die großen klaffenden Wunden in ihren Körpern Zeugnis für die Wildheit der Verteidigung ab.
„Hier ist jemand, der glaubte, entkommen zu können!" Ein halb bekleideter Ritter stieß einen hochwüchsigen, schlanken Jungen zu Roger. „Habe ihn dabei gefasst, wie er versuchte, sich hinter meinem Zelt seinen verräterischen Waffenrock auszuziehen."
Im Fackellicht starrte Roger den kreidebleichen Jungen an. „Schickt Robert Kinder aus, die seine Überfälle anführen sollen?" fragte er ungläubig. „Wie alt bist du überhaupt?"
„Fast siebzehn", lautete die mürrische Antwort. „Und er hat mich nicht geschickt. Ich habe darum gebeten, mitreiten zu können, weil es da oben nichts anderes zu tun gibt als herumzusitzen und zu warten."
„Und deshalb hast du dir gedacht, den Geschmack des Krieges kennen lernen zu wollen." Roger nickte ernst. „Nun, du hast ihn gekostet und gesehen, was passiert, und das ist kein hübscher Anblick, nicht wahr? Oder bist du daran gewöhnt? Bist du jemand, der Robert bei der Folter hilft?"
„Nein, ich bin sein Knappe."
„Wie viele Männer sind heute Nacht mit dir ausgeritten?"
„Sechzehn." Der Junge blickte in die ihn umgebenden feindseligen Gesichter und war überzeugt, dass er sterben würde. Er schluckte schwer, um die Angst, die ihm das Herz erfüllte, zu bekämpfen.
„Übergib ihn mir", befahl Roger dem Ritter, der Roberts Knappen noch immer festhielt. „Und ich werde dafür sorgen, dass du das Lösegeld bekommst."
„Nein, Sieur", protestierte der Ritter. „Ich sage, töten wir ihn."
„Und ich sage Nein", erwiderte Roger scharf. „Er ist nur ein sechzehnjähriger Junge, der an seinem ersten Überfall teilgenommen hat."
„Ich erflehe deinen Schutz, Sieur!" Der Junge riss sich von seinem Bewacher los und kniete sich vor Roger hin.
„Du solltest nicht in den Kampf ziehen, Junge, denn du bist schlecht auf den Krieg vorbereitet." Roger riss den Knappen zu sich hoch. „Aber du hast den Schutz, den du suchtest. Wie heißt du überhaupt?"
„Piers de Sols."
„Nun, Piers, dann sieh dich um und lerne." Verächtlich schob Roger eine kopflose Leiche mit dem Fuß beiseite. „Vor dir siehst du das übliche Ergebnis des Krieges.
Nicht viele Soldaten erlangen Ruhm oder Reichtum. Tod und Verderben ist es, was ihnen widerfährt."
„Ich denke, das sind die Worte eines Feiglings", spottete Piers. „Du würdest den Comte de Belesme nicht so reden hören."
„Narr! Das ist Roger, der Herr der Condes!" zischte Aubery hinter Piers.
Piers
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