0223 - Die Fünfte Kolonne
berechnen.
Kotranow lächelte humorlos. Die ALTAI war verloren, wenn der nächste Eintauchpunkt nicht in unmittelbarer Nähe der ANDROTEST III lag. Noch ein Linearmanöver würde sie nicht durchhalten - wenn sie nicht überhaupt nur als ausgeglühtes Wrack zurückkehrte. Es erschien Kotranow unglaublich, daß der Kalup-Konverter überhaupt noch arbeitete.
Diese Überlegungen dauerten nur den Bruchteil einer Sekunde.
Bevor Major Hattinger alle Zahlen in seinen Pultrechner getippt hatte, schaltete Kotranow das Visiphon zum Maschinenleitstand durch.
„Kommandant an Leitenden Ingenieur! Alle Kraftanlagen anfahren, Feldleiter aufbauen!"
Als hätte Major Ton-Jaho die ganze Zeit über am Hauptschalter gewartet, flammten nach Kotranows letztem Wort alle Steuerkontrollen der Zentrale in grünem Licht. Unmittelbar danach begann es im Schiffsinnern zu rumoren.
Oberst Kotranow sprach bereits weiter, diesmal über den Interkom. „Oberleutnant Tsuka! Bergungskommando zur A- Schleuse. Alles vorbereiten für Bergungsmanöver der Gefahrenklasse eins. Vakuumtunnel an reinen Sauerstoff anschließen. Ende! An Feuerleitzentrale! Captain Ngudru, Sie übernehmen Feuerschutz für die Bergungsaktion nach eigenem Ermessen!
Mac Ishott. Sie halten sich mit Ihrer Jägergruppe zum Blitzstart bereit, um Störangriffe gegen die Maahks zu fliegen!
Dr. Rabonew! Bereiten Sie alles zur Behandlung fünf erschöpfter und höchstwahrscheinlich schwerverletzter Männer vor!"
Kotranow schaltete den Interkom aus, sah auf den Ortungsschirm und bewegte kaum sichtbar die Lippen.
„Komm, ALTAI! Komm...!" flüsterte er. Und die ALTAI kam. Als brennendes Wrack tauchte sie nahe der ANDROTEST III aus dem Linearraum auf...
Oberleutnant Tsuka überflog mit einem letzten, prüfenden Blick die hinter ihm wartenden Männer und Roboter des Bergungskommandos.
Als der Boden unter seinen Füßen zu vibrieren begann, strich er noch einmal sein strähniges Haar zurück und schloß den Druckhelm.
Tsuka verstärkte den Empfang seines Helmfunks. Seine schwarzen Augen glühten vor innerer Erregung. Die Wangenknochen traten stark hervor, und die Kiefer mahlten aufeinander. Tsuka besaß eine Menge Erfahrung, was die Bergung von Raumschiffbrüchigen anging. Er konnte sich eine ungefähre Vorstellung von den Schwierigkeiten machen, die ihn und seine Leute draußen erwarteten. Die letzte Meldung des Kommandanten besagte, daß die ALTAI brannte. Fünf Männer aus einem brennenden Wrack herauszuholen, war ohnehin ein Risikounternehmen. In diesem Fall jedoch würde alles zusätzlich erschwert werden durch das Feuer der Verfolger.
Nein, Tsuka gab den fünf Männern der ALTAI keine Chancen.
Und sich und seinen Leuten keine nennenswerte.
„Achtung, Tsuka!" klang die Stimme Kotranows in seinem Empfänger auf. „Wir fliegen Anlegemanöver. Sobald ich Ihnen das Kommando gebe, setzen Sie zur ALTAI über. Stoßen Sie sofort zur Zentrale durch, und weichen Sie dabei den Maschinenräumen aus. Wir haben Explosionen beobachtet," Auch das noch! dachte Tsuka. „Jawohl, Sir!" erwiderte er mit fester Stimme. Er schaltete die Frequenz seiner Mannschaft ein und gab den Befehl weiter.
Die Gesichter hinter den Sichtplatten wurden noch um einen Schein blasser.
Die Sekunden verrannen träge, und jede von ihnen zerrte an Tsukas Nerven. Er mußte sich dazu zwingen, nicht auf die Uhr zu sehen. An den Arbeitsgeräuschen der Maschinen war nicht viel über die Bewegungen der ANDROTEST III herauszuhören, da lediglich die dritte und vorletzte Stufe in Betrieb war, die Besatzung sich aber in der vierten Stufe aufhielt.
Oberleutnant Tsuka war einer der ANDROTEST-Veteranen. Er dachte an das, was an unangenehmen Zwischenfällen er auf den beiden ersten Schiffen dieser Serie erlebt hatte und kam zu dem Schluß, daß es mehr als genug gewesen sei.
Mitten in seine trüben Gedanken hinein schrillte der Funkmelder.
Tsuka schaltete erneut auf Kotranows Frequenz um und meldete sich.
Kotranow sagte nur ein einziges Wort. „Ab!"
Die Kürze des Befehls sagte Tsuka genug. Er begriff, daß es um jede Hundertstelsekunde ging. So schnell wie jetzt waren seine Befehle noch nie aufeinandergefolgt. Im Nu verwandelte sich die eben noch bewegungslos dastehende Mannschaft in ein zielstrebiges Durcheinander von Armen, Beinen und Geräten. Die bereits luftleer gepumpte Schleuse öffnete sich.
Fluchend stellte Tsuka den Helmfilter ein. Von draußen her überfiel ihn blendendes, flackerndes Licht.
Im Empfänger
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