0224 - Nur der Satan kennt Manhattan
brauchten als Erstes einen oder zwei Ärzte. Nach so einer Sache hängen hysterische Anfälle geradezu in der Luft. Ich flankte über den Schaltertisch und zog mir den nächsten knapp zwanzigjährigen Bankangestellten heran.
»Wie kriege ich eine Ortsleitung in dieses Telefon?«, fragte ich.
»Sie müssen es der Vermittlung sagen, dass Sie die Ortsleitung haben wollen!«
»Danke.«
Ich nahm den Hörer, drückte das Knöpfchen und wartete. Die Vermittlung meldete sich nicht. Ich wiederholte mein Manöver ein paar Mal. Ergebnislos. Abermals winkte ich den jungen Angestellten heran. Vermutlich stand die Dame von der Vermittlung jetzt aufgeregt und neugierig irgendwo, wo Augenzeugen etwas zu erzählen hatten.
»Die Vermittlung ist nicht besetzt«, sagte ich zu dem jungen Mann, der noch immer ein wenig blass war. »Kümmern Sie sich darum, dass sich dieser Zustand ändert. Sagen Sie dem Mädchen von der Vermittlung, dass sie sich gefälligst an ihren Platz scheren soll, wenn sie keine Schwierigkeiten mit der Polizei haben möchte. In den nächsten Stunden müssen die Telefone hier funktionieren! Und dann rufen Sie die nächste Rettungsstation an. Man soll einen Arzt und ein paar Sanitäter mit Beruhigungsmitteln schicken. Einige Damen scheinen so was nötig zu haben.«
Der Bankangestellte nickte mit seinem Sommersprossengesicht.
»Ja, Sir!«
Er schob sich zwischen den Schreibtischen hindurch. Ich schlug eine andere Richtung ein, nämlich die zu der Gruppe von Bankangestellten, die sich in der Nähe eines Kassenschalters zusammendrängte.
»Lassen Sie mich mal durch«, sagte ich, als ich diese Gruppe erreicht hatte. »Und gehen Sie alle an die Plätze zurück, die Sie während des Überfalls innehatten! Los, los, machen Sie schon!«
Mehr oder weniger bereitwillig gehorchten sie. Nur drei Männer blieben stehen und wollten gleichzeitig auf mich einreden.
»Ich werde mich später mit Ihnen einzeln unterhalten«, saget ich. »Jetzt gehen auch Sie bitte zu den Plätzen zurück, die Sie während des Überfalls innehatten. Diesem Herrn können Sie nicht mehr helfen, leider…«
Ich zeigte auf den älteren Mann, der tot zu ihren Füßen lag und der Grund für die Versammlung hier gewesen war.
Ich ging zurück in die Halle. Allmählich war es ruhiger geworden. Nur zwei Frauen saßen auf einer Bank und weinten.
Direkt vor meinem Kassenschalter lag die Leiche eines Mannes. Dicht neben ihm standen schon zwei Träger von der städtischen Leichenhalle mit ihrer Bahre. Wahrscheinlich hatte die Stadtpolizei sie alarmiert.
Ich kniete nieder, streifte mir ein sauberes Taschentuch über die Fingerspitzen der rechten Hand und machte mich an die Durchsuchung des Toten. Seine Taschen waren leer wie die Geldbörse eines Angestellten zwei Minuten vor Gehaltsempfang. Er hatte keine Brieftasche bei sich und kein Portemonnaie. Kein Schlüssel und kein Feuerzeug. Allerdings eine Schachtel Pall Mall und ein Päckchen Streichhölzer. Ich berührte beides nur vorsichtig an den Ecken und legte es beiseite. Danach winkte ich einen Kollegen heran.
»Nimm ihm die Fingerabdrücke ab und lass ihn fotografieren«, sagte ich halblaut. »Mit den Prints und den Aufnahmen fährst du zurück zum Distriktgebäude. Seht zu, ob ihr ihn in unseren Karteien finden könnt. Nimm bei der Gelegenheit die Zigarettenschachtel und die Streichhölzer mit und lass auch sie auf Fingerabdrücke untersuchen. Vielleicht hat er sie mal einem der anderen Gangster angeboten, und der hat sie in die Hand genommen.«
»Okay, Jerry.«
»Nimm auch die Maschinenpistole mit und gib sie in der ballistischen Abteilung ab, sobald auch die Waffe nach Fingerabdrücken untersucht wurde.«
»Klar.«
Er machte sich an die Arbeit. Phil kam zu mir und sagte leise: »Wir haben schon einen wertvollen Tipp bekommen, Jerry. Ein Angestellter von der Wertpapierabteilung, ein gewisser Steve Lindburg, hat beobachtet, dass einem der Gangster das vorderste Glied vom rechten Ringfinger fehlte.«
»Setz dich sofort mit unserem Archiv telefonisch in Verbindung«, riet ich meinem Freund. »Wenn der Bursche vorbestraft ist, steht er in der Spezialkartei unter der Rubrik ›Verkrüppelungen an den Händen‹.«
»Ja, natürlich«, sagte Phil. »Ich gebe dir Bescheid, sobald ich etwas erfahren habe. Was willst du denn jetzt machen?«
Ich zuckte die Achseln.
»Was sollen wir schon machen? Wir schreiben uns die Namen aller Kunden und aller Angestellten auf. Die werden ausnahmslos überprüft.
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