0225 - Mord-Insekten
Braddock.
Seine Nachtruhe würden wir sicherlich stören müssen.
»Sie können sich denken, Mrs. Whiteside, daß wir einige Fragen haben. Ich weiß natürlich, wie Ihnen zumute ist, aber wir müssen diesen Fall aufklären, bevor die Killerbienen noch mehr Unheil anrichten können. Verstehen Sie das?«
Sie nickte, war aber nicht bei der Sache. Wahrscheinlich hätte sie auch so reagiert, wenn ich ihr vorgeschlagen hätte, aus dem Fenster zu springen.
»Können Sie vielleicht der Reihe nach berichten, wie alles gekommen ist, Mrs. Whiteside?«
»Ich…ich werde es versuchen.«
»Bitte sehr, allerdings nur, wenn es Ihnen nicht zu schwerfällt.«
Sie strich mit fünf gespreizten Fingern durch ihre Haare. »Ich weiß ja, was auf dem Spiel steht, und Sie müssen Ihren Job tun, und ich…« Linda stockte wieder und bat um ein Taschentuch.
Sie bekam meins.
Linda Whiteside trocknete die Tränen in ihren Augenwinkeln und schnäuzte die Nase. Dann knüllte sie das Taschentuch zusammen und behielt es in der Faust. »Es…war so plötzlich«, begann sie stockend zu berichten. »Ich hörte ein Geräusch und versuchte, meinen Mann zu wecken…«
Wir lauschten ihrer Geschichte. Zu Anfang redete sie noch ein wenig abgehackt, im Laufe der Zeit drangen die Worte flüssiger über ihre Lippen, und wir erfuhren die gesamte entsetzliche Wahrheit. Sie war ungeheuerlich, und natürlich hatten wir noch einige Fragen.
»Haben Sie vielleicht gesehen, daß Ihr Sohn von einer Biene gestochen worden ist?«
»Nein, das nicht.«
»Sie haben also nichts bemerkt. Weder am Tag noch in der Nacht.«
»So ist es, Sir.«
Suko hatte die nächste Frage. »Sie wissen ja, wer Ihnen gegenüber wohnt und arbeitet?«
»Meinen Sie Mr. Braddock?«
»Ja, den Imker.«
»Aber der würde so etwas nie zulassen, glauben Sie mir. Shawn Braddock ist ein netter Mensch, immer freundlich, und er lebt und forscht nur für seine Bienen.«
»Forschen auch?« warf ich ein.
»Ja, er züchtet, er will ganz besondere Bienen…« Ihre Stimme versagte. Plötzlich wurde ihr bewußt, was sie da erzählt hatte, und mit einem Ruck sprang sie in die Höhe. »Braddock!« zischte sie. »Er hat es also geschafft. Er ist in Wirklichkeit der Mörder. ER!« Sie schrie und wollte wegrennen, doch Suko hielt sie am Oberarm fest, so daß sie nicht von der Stelle kam.
»Lassen Sie mich!« kreischte sie und schlug mit der freien Hand um sich, während sie gleichzeitig ihren Körper nach hinten warf, um sich frei zu zerren. »Ich will ihn töten. Ich will das verdammte Schwein umbringen…«
Gegen Sukos Kraft kam sie nicht an. Der Chinese zog die Frau wieder zurück. »Sie schaffen es nicht, Mrs. Whiteside. Sie laufen in Ihr Unglück. Er wird Sie töten.«
»Na und? Was macht das schon! Jetzt, wo die anderen nicht mehr da sind. Mein Leben hat keinen Sinn mehr, verstehen Sie?« Sie ließ sich schwer auf den Stuhl fallen.
»Man wirft das Wertvollste nicht so einfach weg, Mrs. Whiteside«, sagte ich.
Sie lachte nur hart. »Sie haben leicht reden, denn Sie haben nicht das hinter sich, was ich durchgemacht habe.«
Da gab ich ihr recht, aber das konnte ich ihr nicht sagen.
Außerdem wollte ich mehr wissen.
»Reden wir von Braddock«, nahm ich den Gesprächsfaden wieder auf. »Was ist mit ihm los?«
»Es ist ein alter Mann.«
»Und besessen?«
Linda schaute mich aus ihren rotgeweinten Augen an. »Ja, so kann man es auch nennen. Besessen, einfach besessen von seiner Arbeit, das ist es.«
»Wie lange wohnt er schon hier?« wollte Suko wissen.
»Keine Ahnung. Vielleicht immer? Als wir hier vor zwei Jahren einzogen, da züchtete er seine Bienen.«
»Und es hat nie irgendwelche Überfälle gegeben?«
Linda schaute Suko an. »Nein, das hat es nicht. Die Bienen waren immer ruhig, sofern man sie als ruhig bezeichnen kann. Außerdem ließ er an seine Bienenstöcke keinen heran, da war er sehr eigen. Nur hin und wieder einmal ging er mit einem Besucher, und den mußte er schon gut kennen, wie meinen Mann.«
»Er war also bei Braddock?«
»Ja.«
»Und hat er sich nach dem Besuch irgendwie verändert gezeigt?« wollte ich wissen.
Linda Whiteside schüttelte den Kopf. »Nein, er war so wie immer.«
»Da hat sich nichts getan.«
So kamen wir auch nicht weiter. Ich sah es Sukos Gesicht an, daß er das gleiche dachte wie ich, und er nickte mir zu. Für uns wurde es Zeit, daß wir Braddock einen kleinen Besuch abstatteten.
Aber wohin mit Linda Whiteside?
»Wollen Sie vielleicht zu der
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