0225 - Mord-Insekten
er die etwas kühlere Nachtluft ein. Seine Zunge huschte aus dem Mund, und ein Beobachter hätte auf ihr den ähnlichen gelben Schimmer finden können wie in seinen Pupillen. Er öffnete die Tür des Führerhauses und warf einen langen Blick in den Wagen.
Da war alles in Ordnung. Sogar der Schlüssel steckte. Einem schnellen Start stand nichts mehr im Wege.
Als das Geräusch der zuschlagenden Tür verstummt war, zuckte der Imker zusammen.
Er hatte etwas gehört. Einen Schrei, sehr dünn und auch sehr weit entfernt, aber durchaus wahrzunehmen.
Wer hatte geschrien?
Sofort dachte Braddock an seine beiden losgeschickten Bienen, und er begann hämisch zu kichern. Würden sie wieder angreifen und sich neue Opfer holen, damit der Kreislauf geschlossen wurde?
Er blieb für einen Moment stehen, und in seine Augen trat ein noch helleres Leuchten, ein seltsames Gelb, das mit dem einer Bienenfarbe übereinstimmte.
Er lauerte.
Wieder der Schrei. Trotz der weiten Entfernung hatte er das Entsetzen vernommen, und freudig rieb er sich die Hände. Ja, er konnte sich nichts anderes vorstellen. Das mußten einfach seine kleinen Freunde sein, die da zuschlugen.
Sie würden stechen und das Blut der Menschen trinken, denn Menschenblut hatte sich auch in dem seltsamen Gebräu befunden, auf dessen Herstellung er so stolz war.
Die Killerbienen waren süchtig nach Menschenblut. Noch nie war es jemandem gelungen, diese Tiermutation zu züchten. Er, Shawn Braddock, war der erste, und er griff dorthin, wo in der Seitentasche seines Kittels das kleine, wertvolle Buch steckte, das er auf keinen Fall verlieren wollte und überall mit hinnahm.
Die Zeit drängte jetzt stärker. Noch war die Ladefläche leer, und er mußte die Bienen in ihre Käfige schaffen, sonst würde man ihn hier noch überraschen, denn sicherlich waren die Schreie auch von anderen vernommen worden, als nur von ihm.
Hastig drehte er sich um, drückte sich an der offenen Türhälfte vorbei und huschte die Kellertreppe hinab. Seine Sandalen klatschten auf die alten, schon leicht brüchigen Steinstufen, doch darum kümmerte er sich nicht im geringsten.
Wände hatten weichen müssen, um den Keller nach seinen Vorstellungen umzubauen.
Vor den Käfigen blieb er stehen. Unter der Decke befand sich eine Lichtschiene. Vier Lampen sorgten für die nötige Beleuchtung.
Den kleineren Käfigen gönnte er kaum einen Blick. In ihnen lagen die vier Arbeitsbienen auf dem Boden und rührten sich nicht mehr. Es war ein trügerischer Schlaf. Das Betäubungsmittel würde schon bald seine Wirkung verlieren und dann hielt sie nichts mehr.
Im mittleren und größten Käfig befand sich die Königin.
Eine gewaltige Biene, so groß wie ein Mensch und mit einem harten grünlich schillernden Panzer versehen, auf dem kleine, schwarze Härchen wuchsen, die sich auch bewegten und die zitterten, als die Biene in tiefem Schlaf lag.
Sie war ein Prachtexemplar. Die Flügel hatte sie zusammengelegt, und sie sahen aus wie zwei papierdünne, grünlich schimmernde Glasscheiben. Die Augen waren ebenfalls geschlossen. Seltsame Augen von einer unnatürlichen Weite und Größe. Sogar einen Rüssel besaß die Biene. Mit ihm schlürfte sie das Menschenblut, auf das sie so gierig war. Und er sah den Stachel, wenn er zur Seite ging. Ein Prachtexemplar, sehr spitz und ungemein gefährlich. Wenn die Biene damit zustach, konnte sie den Körper eines Menschen durchdringen.
Die Käfige waren abgeschlossen. Bevor Braddock den Schlüssel hervorholte, schaute er auf seine Uhr.
Ja, jetzt wurde es Zeit, denn sehr lange hielt das Betäubungsmittel nicht mehr vor. Dreimal würde er den Weg hin-und zurückgehen müssen, denn er konnte seine seltsamen Freunde nicht auf einmal tragen.
Shawn Braddock schloß die Käfigtür auf.
Er atmete schnell und hechelnd, als er die ersten beiden Bienen vor sich auf dem Boden liegen sah. Noch waren sie ruhig, aber es waren auch schlafende Bomben, die eine ungeheure Gefahr bringen konnten, von denen die Menschen nichts ahnten. Wenn die Bienen erst einmal zugestochen hatten, würde es zum Chaos kommen. Davon war Shawn Braddock fest überzeugt. Es war etwas mühsam für ihn, seine Freunde in die Höhe zu bekommen.
Er wollte ihnen auch nicht weh tun und transportierte sie vorsichtig durch den Keller.
Zwei konnte er tragen. Also mußte er den Weg doppelt gehen. Er klemmte sie jeweils unter die Arme und übte auch nur wenig Druck aus, denn er wußte über die Empfindlichkeit seiner
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