0225 - Mord-Insekten
Freunde.
Haus und Transportwagen bildeten einen fließenden Übergang.
Braddock stieg auf die Ladefläche und legte seine beiden Freunde in dem anderen Käfig nieder. Behutsam drückte er die Tür zu, wandte sich um und ging den Weg zurück.
Er holte die beiden anderen babygroßen Bienen, die ebenfalls noch unter dem Betäubungsmittel schliefen, und schaffte sie auch in den Lastwagen.
Blieb noch sie — die Königin!
Übergroß in ihrem Wuchs, herrlich anzusehen, wenn auch jetzt eine schlafende Königin von seltsam grün schillernder Haut und mit einem langen Rüssel versehen.
Sie brauchte Blut, sehr viel Blut, und Braddock wollte dafür sorgen, daß sie es auch bekam.
So lautlos wie möglich schloß er die Tür des Käfigs auf. Er wollte seine herrlichste Schöpfung nicht stören und bewegte sich deshalb nur auf Zehenspitzen. Seine Augen leuchteten, die Mundwinkel zuckten, die Zunge glitt über die Lippen, und auf seinem Nasenrücken lagen zahlreiche Schweißperlen.
Voller Ehrfurcht schaute er auf die Königin nieder. Ja, er hatte Ehrfurcht vor ihr, denn sie war etwas Besonderes, der Teil einer herrlichen Schöpfung, zu der alles gehörte. Menschen, Pflanzen, Tiere und deren Abarten, wie Braddock dachte.
Es bereitete ihm Mühe, die große Bienenkönigin hochzustemmen, denn wegen ihrer Größe war sie doch ein wenig unhandlich.
Zweimal setzte er an, dann endlich hatte er die Lage gefunden, die ihm ideal erschien, um die Biene zu transportieren. Er sprach leise auf sie ein, während sein Atem schwer ging und die letzten Yards fast zu einer Qual wurden.
Er kam in den Wagen und schwankte mit seiner Last. Wie ein Betrunkener stand er auf der Ladefläche, biß die Zähne zusammen und hielt sich nur mit Mühe.
Den größten Käfig hatte er bereits geöffnet, so daß er sich diese Mühe sparen konnte. Vorsichtig schaffte er sein magisch-biologisches Wunder hinter das Gitter und legte es dort zu Boden.
Er war froh, es hinter sich zu haben und wischte mit dem Ärmel seines Kittels den Schweiß von der Stirn.
Mit zitternden Beinen trat er zurück, verließ die Ladefläche und schloß die beiden Türhälften. Er holte auch einen Schlüssel hervor und drehte ihn herum.
Jetzt war er zufrieden.
Durch den Hintereingang huschte er wieder zurück in sein Haus und schloß die Tür von innen ab. In den Keller ging er nicht mehr.
Dort hatte er alles soweit leergeräumt. Aber er würde den Menschen in der Gegend noch ein besonderes Abschiedsgeschenk hinterlassen. Beim Gedanken daran begann er hohl zu kichern und bewegte seine Finger hektisch hin und her. Braddock lief quer durch das Haus und zog vorsichtig die Eingangstür auf.
Da war nichts zu sehen. Nur die Dunkelheit lastete unter den dicht belaubten Kronen der Bäume. Links von ihm, so ziemlich am Rand des Vorgartens, lagen die Bienenstöcke. Tausende von Tieren schwirrten in ihnen und produzierten den Honig, den er als Alibifunktion benutzte, denn offiziell lebte er vom Verkauf des Honigs.
Sein Kittel wehte, als er über den weichen Rasen hetzte. Am liebsten wäre er geflogen wie seine kleinen Freunde, doch das war ihm leider nicht vergönnt und würde wohl immer ein Traum bleiben.
Nicht alle Bienen würden ihr kleines Reich verlassen. Das war auch nicht nötig. Es reichte, wenn er zwei Bienenstöcke herausnahm und sie kurzerhand in den Garten schleuderte. Die Tiere sahen sich dann gestört und würden Menschen, die in sein Reich eindrangen, attackieren.
Jeder Imker zieht Schutzkleidung über, wenn er sein Bienenhaus betritt. Braddock verzichtete darauf. Die Bienen konnten ruhig stechen, ihm machte es nichts aus, er war dagegen immun, denn in dem alten Buch hatte er auch das Rezept für ein Gebräu gefunden, das so etwas bewirkte.
Er pfiff sogar leise vor sich hin, als er das Bienenhaus betrat, und seine Lippen zeigten dabei ein Lächeln. Das Summen und Brummen der Bienen war Musik in seinen Ohren. Er freute sich, wenn ihn die Insekten umschwirrten.
Er packte zwei Bienenstöcke und hatte sie kaum angehoben, als das Summen aggressiver wurde. Die Tiere fühlten sich gestört.
Sie umschwirrten den Imker, dem dies nichts ausmachte. Er fühlte sich wohl in seiner Haut, auch als die Bienen darüber wischten und mancher Stich traf ihn. Er war dagegen widerstandsfähig.
Nichts konnte ihn erschüttern.
Weit schleuderte er die Bienenstöcke in den Garten hinein, blieb für einen Moment stehen, sah, wie sie sich überschlugen und von dunklen, zitternden Wolken
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