0227 - Stellas Rattenkeller
Ratten und dazu noch mit bloßen Händen zu kämpfen. Ich traute mich einfach nicht, meine Beretta zu ziehen und zu schießen, denn zu leicht hätte die Kugel einen Rattenkörper durchdringen und in Slim Rafferty hineinschlagen können. Deshalb mußte ich die Hände nehmen.
Suko war ebenfalls da, gemeinsam kümmerten wir uns um den schreienden und sich auf der Graberde windenden Mann. Unsere Hände griffen zu. Wir rissen die Tiere hoch, zappelnde, quiekende, kleine Bestien, die sich in unseren Griffen wanden, die Köpfe drehten und mit ihren nagelspitzen Zähnen zuschlagen wollten.
Neben mir klatschte Suko zwei Tiere gegen den Grabstein. Er schrie dabei seine Wut hinaus, und wir hörten, wie die Tiere vergingen. Ich tat es meinem Partner nach, auch bei meinem Wurf brachen knirschend die Knochen der widerlichen Ratten, die trotz des Tods ihrer Artgenossen längst nicht aufgaben und es immer wieder versuchten.
Von allen Seiten sprangen sie uns an, wollten ihr Gebiß in unsere Kleidung schlagen, zerrten, bissen und rissen, was das Zeug hielt.
Auch ich hieb zu. Meine Handkanten wischten nach unten. Es waren knochenharte Schläge, die die Tiere trafen, und ich erledigte auch einige von ihnen. In meiner ungeheuren Wut, trat ich sogar mit den Füßen auf die zuckenden Körper.
So schafften wir einige, während Rafferty nicht mehr in der Lage war, sich zu wehren.
Der Spaten lag neben ihm. Ich entdeckte ihn früher als Suko, schnappte mir die Waffe und erwischte bereits eine Ratte im Sprung, die sich in meiner Bauchdecke hatte festbeißen wollen.
Es war ein Kampf, der uns alles abforderte. Wir keuchten und schnauften, die Ratten fiepten, und der Verletzte wimmerte. Er hatte den Kopf in seinen Armen vergraben, lag mit dem Gesicht auf dem Boden und zuckte jedesmal zusammen, wenn es einer Ratte trotz unserer Bemühungen gelang, ihre Zähne in seinen Körper zu schlagen.
Aber es wurden weniger.
Unser ungemein engagierter Einsatz machte sich bezahlt. Wir wurden der verdammten Plage Herr, so daß wir nur noch drei Ratten sahen, die allerdings auch angriffen.
Ich nahm mir zwei von ihnen vor, da sie sich direkt an meiner Seite befanden.
Die erste klatschte gegen das Spatenblatt, überschlug sich, so daß ich mich um die zweite kümmern konnte.
Sie erwischte ich voll.
Von oben nach unten rammte ich die scharfe Seite des Spatens, und die Ratte wurde in der Mitte zerteilt. Zwei blutige Hälften lagen vor mir, ich schüttelte mich, gab für einen Moment nicht acht, und es gelang der anderen Ratte, mich anzuspringen und sich an meinem Hosenbein festzubeißen. Sie schüttelte sich regelrecht, wollte den leichten Sommerstoff zerstören, um an mein Fleisch zu gelangen.
Ich war schneller.
Abermals hieb ich den Spaten senkrecht nach unten. Der Nager wurde von meinem Hosenbein gefegt, lag auf dem Boden, ich hob den Fuß und trat mit dem Absatz zu.
Den Kopf traf ich genau.
Das schreckliche Geräusch erzeugte bei mir eine Gänsehaut, aber mein Tritt hatte seinen Zweck erfüllt — die Ratte lebte nicht mehr.
Suko hatte seinen kleinen, vierbeinigen Gegner ebenfalls erledigt, und beide atmeten wir auf.
Bevor wir uns um den Verletzten kümmerten, warfen wir noch einen Blick in die Runde.
Nein, da waren keine Ratten zu sehen. Vielleicht hatten sie sich verzogen oder warteten in irgendeiner Deckung lauernd ab, damit wir uns eine Blöße gaben.
Den Gefallen allerdings wollten wir ihnen nicht tun. Mit dem Spaten räumte ich die toten Ratten weg, die in unserer Nähe lagen. Ich schleuderte die Kadaver in die Büsche, dort konnten sie meinetwegen verrotten.
Suko hatte den verletzten Kammerjäger auf den Rücken gedreht.
Unsere große Befürchtung bewahrheitete sich zum Glück nicht.
Keine Ratte hatte es geschafft, sein Gesicht mit ihren Zähnen zu attackieren. Auf den Zügen des Mannes stand nur das Grauen wie eingemeißelt, und auf der Haut lag eine Schicht aus Schweiß und Dreck.
»Sie sind weg«, sagte Suko leise. »Jetzt brauchen Sie keine Angst mehr zu haben.«
Der Mann sprach nicht, er stöhnte nur. Die Zähne der Ratten mußten wie Messerstiche gewesen sein. Ich ließ meinen Blick an seinem Körper herabwandern, sah die an manchen Stellen aufgerissene Kleidung und auch die Wunden, aus denen das Blut quoll. Vielleicht ein knappes Dutzend waren es.
Wir konnten dem Ärmsten nicht behilflich sein. Er mußte dringend in ärztliche Behandlung.
»Gibt es hier in der Nähe ein Telefon?« fragte ich ihn, denn ich wollte nicht
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