0228 - Kein Lösegeld für blonde Girls
Natürlich sah ich auch hin, und ich machte mich so klein wie irgend möglich. Der erste, den ich sah, war mein Freund Sonny vom Vorabend. Glücklicherweise war er voll, und nur diesem Umstand hatten wir es zu verdanken, daß er uns überhaupt nicht bemerkte.
Die beiden Affengesichter hinter ihm dagegen kannte ich nur aus dem Verbrecheralbum, aber sie waren so abgrundtief häßlich, daß ich mich nicht irren konnte. Topsy war rothaarig, sommersprossig, mit weißen Augenbrauen und Wimpern, einer platten Nase und eineip wulstigen Ding darunter, das man kaum mehr als Mund bezeichnen konnte.
Turvy dagegen mußte aus Mexiko oder dessen nächster Nachbarschaft stammen. Er hatte schwarze, geölte Haare, eine niedere Affenstirn, mit dunklen Schlitzaugen darunter und einer Gurke mitten im Gesicht. Seine Lippen waren scharf wie Rasiermesser und sein Kinn vorspringend und spitz. Alle beide trugen grellbunte Texashemden und schienen im übrigen bester Laune zu sein.
Sie wurden von allen möglichen Seiten gegrüßt und winkten grinsend zurück.
»Hallo, du alte Ziege!« schrie der rote Tobsy der Wirtin zu, »gib uns und unserem Freund eine Flasche Scotch! Eine ganze Flasche, habe ich gesagt. Deine mistigen Gläser kannst du behalten.«
Die Alte beeilte sich, dem Wunsch der prominenten Gäste nachzukommen. Die parkten genau neben uns, wobei Sonny uns glücklicherweise den Rücken zudrehte.
Die Flasche ging reihum, und jeder nahm einen ordentlichen Zug. Wir blieben bei Bier, und ich vergewisserte mich verstohlen, daß meine Pistole locker im Halfter saß.
Phil machte dieselbe Bewegung, und dann grinsten wir uns gegenseitig an. Eigentlich hatten wir nicht den geringsten Grund dazu. Wenn das Unglück es wollte und Sonny sich umdrehte, so würde er uns direkt ins Gesicht sehen. Die Folgen wären nicht abzusehen gewesen.
Es hatte nicht den geringsten Zweck, wenn wir versuchten, die beiden Gangster hochzunehmen. Wir waren zwei -zwei gegen vierzig, und da helfen auch die beste Pistole und die gründlichste Ausbildung im Boxen und Jiu-Jitsu nichts.
Wir konnten es nicht einmal riskieren, uns nach draußen zu schlängeln, um] ein Telefon zu erreichen. Wir hätten dabei auf Griffweite an Sonny vorbei gemußt, und das wäre eine Katastrophe geworden. Ich merkte, daß Phil ebenso angestrengt nachdachte wie ich, aber uns beiden fiel nichts Gescheites ein.
Wir würden warten müssen, bis die zwei Gangster das Lokal verließen und ihnen folgen. Wenn wir erst ihre-Bleibe wußten, so war alles in Ordnung.
Ein Schub junger Burschen, begleitet von ihren noch jüngeren Freundinnen, drängte sich durch die Tür. Unter diesen Mädchen war eines von höchstens sechzehn Jahren, das ich für eine waschechte Zigeunerin hielt. Sechzehnjährige Zigeunerinnen sind entweder bereits Mutter oder über dem Durchschnitt hübsch. So war es bei dieser.
Sie hatte ihr pechschwarzes Haar im Nacken zu einem' Knoten gedreht und sah sich mit blitzenden Augen und weißen Zähnen um. Ihre Bluse war knallrot.
An den bloßen Füßen trug sie hochhackige Sandalen. Ich sah wie der rothaarige Tobsy seine schmalen Augen noch mehr zusammenkniff, und dann rief er:
»Hallo, Katja, komm! Leiste mir ein bißchen Gesellschaft! Du schmeckst mir heute abend gerade.«
Das Mädchen lachte zurück, aber einer der Jungs war durchaus nicht einverstanden.
»Ein andermal«, grinste er. »Heute ist Katja besetzt.«
Tobsy tat, als habe er nichts gehört. Das Mädchen schien nicht recht zu wissen, was es machen solle, aber es blieb ihr keine Wahl. Sie wurde von den anderen vorwärtsgeschoben und kam dicht an uns vorbei.
Da schoß der Arm des rothaarigen Gangsters wie der einer Krake auf sie zu, packte sie um die Taille und riß sie herüber. Ihr Gesicht erstarrte vor Schreck und vielleicht auch vor Schmerz. Dem Bengel, der sie begleitete, schoß das Blut in die Stirn. Er machte eine schnelle Bewegung nach der Hosentasche, ein Messer blinkte.
Dann ging alles so schnell, daß man dem Geschehen kaum folgen konnte.
Der Bengel zückte sein Messer, um damit auf Topsy einzudringen. Der packte sekundenschnell das Mädel mit beiden Händen um die Taille, hob es hoch und warf es gegen seinen Angreifer und genau in die Spitze des Dolches, der sich bis zum Heft in ihrer Brust vergrub.
Ich hörte gerade noch ihren erstickten Schrei, und dann wurde die Kneipe zum Hexenkessel.
***
Nur die vorher so schweigsamen, finsteren Gestalten verschwanden lautlos durch die Hintertür, die anderen
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