023 - Die Vampir-Klinik
tat, bezahlte diesen Leichtsinn garantiert mit dem Leben. Uns würde dieser Fehler nicht unterlaufen. Vielleicht ein anderer, aber gewiß nicht dieser.
Ich erreichte das untere Ende der Treppe. Es war nicht still im Keller, aber einsam – und unheimlich. Ich rief mir den Plan ins Gedächtnis und ging im Geist die Räume und Anlagen durch.
Es gab viele Möglichkeiten für den Vampir, sich zu verstecken.
Welche hatte er genützt?
»Besser, wir trennen uns.« Der Vorschlag kam von Vladek.
»Okay. Aber ich möchte dich ohne lange Eckzähne wiedersehen.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
Konnte ich nicht. Wir wußten es beide. Was Vladek sagte, konnte nur als Gewohnheitsfloskel angesehen werden, denn keiner von uns konnte sicher sein, daß er nicht als Opfer des Blutsaugers endete.
Vladek Rodensky zog den Colt Diamondback aus dem Gürtel und ließ die Trommel, in der geweihte Silberkugeln steckten, ratschen. Er drehte sie mit der Handfläche und überzeugte sich davon, daß alle sechs Kammern gefüllt waren. Das war gewissenhaft.
Eine von Vladeks hervorstechendsten Tugenden. Aber er hatte auch andere. Zum Beispiel bedeutete ihm Freundschaft mehr als sein Leben, und so konnte ich mich blind auf ihn verlassen.
Er streckte den Daumen nach oben. Ich nickte und wir trennten uns. Von diesem Moment an war jeder auf sich allein gestellt und mußte doppelt so scharf aufpassen.
Insgeheim hoffte ich, daß ich es sein würde, der den Vampir aufstöberte. Wie ich Vladek Rodensky kannte, hoffte er dasselbe, damit mir nichts zustoßen konnte.
Wir entfernten uns voneinander, und bald konnte ich Vladek nicht mehr sehen. Ich näherte mich dem Heizungsraum. An der Tür klebte ein gelbes Kunststoffschild mit schwarzem Aufdruck, auf dem eine Menge stand.
Unter anderem auch, daß dort drinnen das Rauchen und das Hantieren mit offenem Feuer verboten war – und natürlich war Unbefugten der Zutritt untersagt.
Ich hielt mich für befugt, obwohl ich von der großen Ölbrennanlage keine Ahnung hatte. Als ich die Tür öffnete, brachte ein dumpfes Brummen meinen Brustkorb zum Vibrieren.
Ich sah ein Gewirr von Rohren, die mit dicken Ummantelungen isoliert waren, damit der Wärmeverlust so gering wie möglich gehalten wurde. Dazwischen und dahinter war Platz für einen Mann, sich zu verstecken.
Doch ich entdeckte Torack nicht. Auch hinter der großen Brenneranlage verbarg er sich nicht. Sollte ich mich für die falsche Richtung entschieden haben?
Würde Vladek Rodensky das Schattenwesen aufstöbern? Ich verließ den Heizungsraum. Als ich die Tür schloß und damit das Bullern erheblich dämpfte, spürte ich eine gewisse Erleichterung.
Aufmerksam setzte ich meinen Weg fort. Da war mir plötzlich, als hätte ich den Blutsauger direkt hinter mir.
***
»Mein Gott!« preßte Dr. Pat Hingle verstört vor. »Mein Gott. Zwanzig Jahre fahre ich unfallfrei, und dann passiert so etwas. Es ist wahr. Es ist wirklich wahr: Der Teufel schläft nicht.«
»Fahr langsamer, Pat«, sagte Peggy Coughlin und hielt sich am Armaturenbrett fest. »Sonst passiert noch ein Unglück.«
»Woher mag diese Frau gekommen sein?« fragte Hingle, ohne Gas zurückzunehmen.
»Das wird die Polizei herausfinden«, sagte Peggy. »Wir müssen die Polizei unbedingt verständigen.«
»Ja, aber erst nach der Operation. – Woran mag sie sich diese Brustverletzung zugezogen haben? Mein Wagen besitzt doch keinen Stachel.«
»Vielleicht ist mit der Stoßstange irgend etwas nicht in Ordnung.«
»Unmöglich.«
»Du kannst dir das Fahrzeug später gründlich ansehen«, sagte Peggy.
Dr. Pat Hingle legte die letzte Meile in Rekordzeit zurück, raste auf den Klinikeingang zu, sprang aus dem Granada, rannte in das Gebäude und schlug Alarm.
Zwei Helfer eilten mit einer fahrbaren Bahre hinaus, während Hingle per Telefon ein paar Kollegen mobilisierte. Er bat sie in OP IV, jenen Operationssaal, der für Notoperationen freigehalten wurde.
Aufgeregt lief er nach draußen. »Also ich denke, da ist nichts mehr zu machen, Dr. Hingle«, sagte einer der beiden Helfer.
»Denken Sie nicht!« herrschte Pat Hingle den Mann an. »Schaffen Sie die Frau in OP IV!«
Die Männer transportierten Melusine ab. Hingle sah Peggy Coughlin forschend an. »Fühlst du dich in der Lage, mir zu assistieren?«
Peggy nickte. »Wenn du operieren kannst, kann ich auch assistieren.«
»Danke, Peggy.«
Sie eilten in die Klinik. Auf dem Weg zum Fahrstuhl begegnete ihnen Rizzo, das Hausfaktotum. Ein
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