023 - Die Vampir-Klinik
können.
Als er mit vorsichtigen Worten die passende Einleitung zu finden versuchte, stieß Peggy Coughlin plötzlich einen erschrockenen Schrei aus, und dann ging alles sehr schnell.
Peggys große blaue Augen weiteten sich. Ihr hübsches Gesicht verzerrte sich, und jetzt bemerkte auch Hingle die weiß gekleidete Gestalt, die vor ihnen wie ein Nebelgeist noch schnell über die Straße huschen wollte.
Sie schaffte es jedoch nicht. »Ja, ist denn die…!« entfuhr es dem Arzt, während er den Fuß bestürzt auf die Bremse stemmte.
Die Pneus quietschten schrill. Mit blockierten Reifen rutschte das Fahrzeug auf die Frau, die ein hauchdünnes Nachthemd oder etwas in der Art trug, zu, prallte gegen sie, schleuderte sie hoch und warf sie in den Straßengraben, in dem sie liegenblieb.
Der Wagen kam zum Stehen. Pat Hingle saß nach vorn gebeugt da. Er umklammerte mit beiden Händen das Lenkrad und war so schwer geschockt, daß er nicht aussteigen konnte.
Peggy Coughlin erging es ähnlich. Sie zitterte am ganzen Körper.
Ein Arzt und eine Krankenschwester. Immer wieder wurden sie mit Unfallopfern konfrontiert, aber das hier war doch eine andere Situation. Hier kam der Schock hinzu, der sie für kurze Zeit lähmte.
Dr. Pat Hingle fing sich als erster. Wenigstens einigermaßen. Er sah Peggy mit starrem Blick an. »Ich kann nichts dafür. Du hast es gesehen. Sie rannte mir in den Wagen.«
Peggy Coughlin nickte. »Wir… Wir müssen ihr helfen, Pat.«
Er stieg aus. Auch Peggy verließ den Wagen. Pat Hingle näherte sich zögernd der reglosen Gestalt, die auf dem Bauch lag. »Sieh nur, womit sie bekleidet ist. Bloß mit einem Nachthemd. Es ist nicht zu fassen.«
»Vielleicht war sie vor jemandem auf der Flucht«, sagte Peggy und blickte beunruhigt in die Richtung, aus der die Fremde gekommen war. »Vielleicht drang jemand in ihr Haus ein, und sie lief so, wie sie war, weg.«
Hingle berührte die Reglose vorsichtig. »Völlig unterkühlt ist sie.« Er drehte die Frau auf den Rücken und sah die Brustverletzung. »O mein Gott!« stieß er erschrocken hervor. »Die Frau ist lebensgefährlich verletzt.«
In seiner maßlosen Erregung fiel ihm nicht auf, daß die Frau nicht mehr atmete. Er vergaß, ihren Puls zu fühlen, war so durcheinander, daß er nicht begriff, was mit der leicht bekleideten Frau los war.
Und dann noch diese schreckliche Verletzung. Pat Hingle wußte nicht, wo sich die Frau an seinem Wagen so erheblich verletzt haben konnte. Seiner Ansicht nach konnte sie die Verletzung aber nur beim Unfall erlitten haben.
»Schnell!« preßte er heiser hervor. »Hilf mir, Peggy! Wir müssen die Frau in die Klinik schaffen. Vielleicht ist sie mit einer Notoperation noch zu retten.«
Dr. Hingle hob die Reglose auf.
»Öffne die Wagentür«, verlangte er von Peggy.
Die Krankenschwester tat es. Hingle bettete Melusine, die Vampirin, auf die Sitzbank und raste dann zur Klinik.
***
Wir verließen Dr. Gary Frasers Büro. Der Klinikleiter sah uns mit besorgter Miene nach. Wir machten uns nichts vor. Alle, die sich in diesem Gebäude befanden, saßen irgendwie auf einem Pulverfaß.
Wenn es Torack schaffte, auch nur einen einzigen Menschen zu töten, hatte er seinen ersten Verbündeten, und der würde den Vampirbazillus so rasch wie möglich weitergeben.
Das konnte zu einer schrecklichen Vampirlawine führen, und unter Umständen gab es am Ende dieser Nacht in der ganzen Klinik nur noch blutrünstige Schattenwesen.
Eine schreckliche Vision. Damit sie nicht wahr wurde, eilten Vladek Rodensky und ich ins Erdgeschoß. Vor der Tür, die Torack von innen verriegelt hatte, standen zwei Männer, die über Vladek und mich Bescheid wußten.
Wir brachen die Tür mit vereinten Kräften auf. Vladeks Lider flatterten leicht. Es war das einzige Anzeichen von Erregung, das ich bei ihm feststellen konnte.
Er hatte sich großartig in der Hand. Dabei war er garantiert genauso auf hundert wie ich. Vor uns führte eine Treppe in den Keller. »Darf ich vorausgehen?« fragte ich.
»Ausnahmsweise«, antwortete Vladek und schaffte sogar ein kleines Lächeln.
Wir stiegen die Stufen hinunter, und unsere Nerven waren so straff wie Klaviersaiten gespannt. Wir standen beide unter Strom, doch das merkte uns jemand, der uns nicht kannte, nicht an.
Wir wirkten gelassen und souverän. Meine erste Begegnung mit dem Vampir hatte mich gelehrt, wie vorsichtig wir sein mußten. Torack war ein Gegner, den man nicht unterschätzen durfte.
Wer es doch
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