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023 - Reise ohne Wiederkehr

023 - Reise ohne Wiederkehr

Titel: 023 - Reise ohne Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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musste zugeben, dass sie ihm nicht übel gefielen.
    Weniger gefielen ihm jedoch der ständig schwankende Boden und die Auswirkungen auf seinen Magen, die er mit sich brachte. Man konnte auch nicht sagen, dass ihm die Leute gefielen, die in Dellerays Diensten standen.
    Den meisten sah man gleich an, dass sie Galgenvögel waren und keine andere Wahl gehabt hatten, als auf der Krahac anzumustern.
    Sie kamen aus aller Herren Länder.
    Manche hatten noch nie etwas von Wudan und den anderen Göttern gehört. Manche hatten einen so tückischen Blick, dass man ständig auf der Hut sein musste.
    Dies war wohl auch der Grund gewesen, weshalb Delleray sich seiner Dienste versichert hatte. Pieroo war mit einem Äußeren gesegnet, das den größten Teil der Leute, die seiner ansichtig wurden, schaudern ließ. Und zwielichtige Typen davon abhielt, sich mit ihm anzulegen.
    Sein Körperbau war wuchtig, mit Muskelsträngen an Brust, Armen und Oberschenkeln.
    Von Ersteren sah man allerdings nicht sehr viel, denn Pieroos Oberkörper war so stark behaart, dass man ihn beinahe mit einem Wulfanen hätte verwechseln können. Schädel und Gesicht waren vollkommen zugewuchert von schwarzem Kraushaar.
    Bis über die .Schulterblätter wallte es ihm den muskulösen Rücken herunter. Einst war Pieroo der Häuptling eines Wandernden Stammes gewesen, und das nicht ohne Grund.
    Er hatte jeden Konkurrenten besiegt, der es mit ihm aufnehmen wollte.
    Dieser äußeren Merkmale und der Tatsache, dass er Sklavenhändlern in die Hände gefallen war, als er und seine Mannschaft in einem Unwetter vor der Küste Britaniens Schiffbruch erlitten hatten, verdankte er nun seinen neuen Job. Kapitaan Delleray hatte ihn als seinen Persönlichen Wachmann käuflich erworben und ihm befohlen, stets ein Auge auf ihn zu haben und jeden zu überwältigen oder zu töten, der es wagte, seine schmutzige Hand gegen ihn zu erheben.
    So war Pieroo auf das Schiff gekommen, das, wie er erst seit kurzem wusste, zu einem sagenumwobenen Reich unterwegs war, das man Meeraka nannte.
    Das Wörtchen »sagenumwoben« war es, das Pieroo störte. Niemand konnte mit Gewissheit sagen, ob jenes Land tatsächlich existierte. Die meisten der Seeleute an Bord hatten nur angeheuert, weil Delleray ihnen von unermesslichen Schätzen berichtet hatte, die es dort zu holen gab. Doch Pieroo dachte einen Schritt weiter: Wenn die Reise über das große Meer allzu lange dauerte, würde sich die Aussicht auf Reichtum und Ruhm rasch in Unzufriedenheit und Zukunftsangst verwandeln. Was dann auf der Krahac los sein würde, wenn der Kapitaan sich weigerte umzudrehen, konnte er sich lebhaft ausmalen.
    Trotz seines einfachen Charakters und seiner mäßigen Bildung war Pieroo noch einer der Gescheitesten hier.
    Man brauchte kein Gelehrter zu sein, umzusehen, dass die meisten der hässlichen Gestalten an Bord so dumm waren, dass sie nicht mal wussten, dass die Erde eine Scheibe war.
    Delleray selbst war ein sehr intelligenter Mann. Er aß mit Messer und Gabel zugleich, sprach sieben Zungen, war weit gereist und hatte über viele Länder sehr Interessantes zu berichten. Wie Pieroo von ihm wusste, war er als Sohn eines wohlhabenden Schnapsbrenners in Fraace zur Welt gekommen.
    Er hatte den Norden Afraas, Ruumani, Tuurk und Ruland bereist und eine Expedition an die weit im Osten liegende Kristofluu See gewagt, eine gewaltige Bucht, die viele »das Ende der Welt« nannten und die laut alter Legenden ein schreckliches Geheimnis bergen sollte, welches aber noch niemand hatte entschlüsseln können.
    Bisher hatte Delleray sich als kultivierter Herr erwiesen, doch nun, als Pieroos Blick zur Brücke wanderte, gab sein neuer Herr der Mannschaft eine Vorstellung, die jeden nachdenklich gemacht hätte - auch ein schlichtes Gemüt: Er trat dem Ersten Lytnant nämlich gerade ins Gemächt, dass dieser mit einem Ächzen in die Knie ging und unfreiwillig die Decksplanken küsste.
    Pieroo runzelte die Stirn und fragte sich, ob dies einer der Momente war, in denen er seinem Dienst als Persönlicher Wachmann hätte nachkommen müssen.
    Hatte der Erste etwa die Stirn gehabt, seinem Herrn zu widersprechen oder ihn gar mit einem ungehörigen Wort zu beleidigen?
    Als Pieroo sich mit der Waffe in der Hand eine Gasse durch die verdutzt glotzenden Matrosen bahnte, um in Erfahrung zu bringen, ob seine Dienste erwünscht seien, hob Kapitaan Delleray gerade das rechte Bein. Es steckte in einem genagelten Stiefel, und er trat damit so fest auf

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