Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0231 - Wenn es Nacht wird in Soho

0231 - Wenn es Nacht wird in Soho

Titel: 0231 - Wenn es Nacht wird in Soho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
Vom Netzwerk:
Wirklichkeit!
    »Schau’s dir nur an«, höhnte der Alte grinsend. »Siehst du auch den geflochtenen Korb auf der anderen Seite des Gerüstes? Der ist für dein süßes Köpfchen bestimmt. Du wirst ihn also noch hautnah erleben - wenn du nicht schon vorher mausetot bist…«
    »Sie sind wahnsinnig!« keuchte Nicole. Sie drehte angewidert den Kopf von ihm weg, um ihn nicht länger ansehen zu müssen. »Ich habe schon viele Verrückte gesehen, aber Sie sind einsame Spitze!«
    »Genug der Komplimente!« Die Stimme des Alten gewann übergangslos an Schärfe. »Wie ich sehe, trägst du eine Perücke…«
    Ehe Nicole begriff, was passierte und eine Ausweichbewegung machen konnte, grabschte der Alte nach ihrem Kunsthaar und riß es ihr brutal vom Kopf. Dann schwang er es wie einen erbeuteten Skalp.
    »Die brauchst du jetzt nicht mehr!« spottete er.
    Nicoles Blick verschleuderte Blitze.
    Er will mich demütigen, erkannte sie. Ich wurde Zeugin seiner Niederlage mit dem Dämon, den er beschworen hatte. Jetzt will er sich rächen. Auf seine Art…
    Nicole biß sich auf die Unterlippe und schwieg. Der Verlust der Perücke war ihr relativ egal, in dieser Situation bedeutete er nichts.
    »Komm«, sagte der Alte. Er hatte sich hinter Nicole gestellt, und im nächsten Augenblick spürte sie, wie sich die Fesseln um ihre Handgelenke lösten. Der Alte kam um sie herum und entfernte auch die Fußfesseln.
    »Komm«, wiederholte er noch einmal. Seine Stimme klang ganz sanft. »Mach mir die Freude und begleite mich zu deiner Hinrichtung.«
    ***
    Die Umgebung, in der Kerr zu sich kam, war ihm absolut fremd. Es mußte eine Art Keller sein. Überall lag Unrat in jeder erdenklichen Form herum. Halbdämmer beherrschte den Raum.
    Kerr richtete sich auf.
    Sein Körper war auf eigenartige Weise taub. Er fühlte keinen Schmerz, sondern nahm alles irgendwie gedämpft wahr.
    Was er aber sofort spürte, war, daß er allein war. Allein! Ohne den Dämon, der zeitweise die Kontrolle über ihn erlangt hatte!
    Ein Lichtreflex lenkte ihn ab.
    Er blickte neben sich. Seine Druidenaugen hatten sich bereits weitgehend an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Doch auch anderenfalls wäre ihm der Gegenstand nicht entgangen, der neben ihm im Dreck des Kellers lag.
    Zamorras Amulett!
    Kerr strapazierte sein Gehirn. Was war passiert? Er hatte kaum noch Erinnerungen an die Zeit, in der der Dämon ihn gesteuert hatte.
    Nur an das Krankenhaus konnte er sich erinnern, an die kurze Zeit, als der Dämon sich zurückgezogen hatte und er, Kerr, den Schwarzen Keim aus Zamorra verbannt hatte.
    Dann war wieder Schwärze.
    Vergessen.
    Er nahm das Amulett in die Hand und wog es nachdenklich. Bereits mehrfach hatte er es in Aktion erlebt, und immer hatte es anders, unerwartet, reagiert. Im Moment schien es sich ruhig zu verhalten. Kerr konnte nichts feststellen, was auf verborgene Aktivitäten hätte schließen lassen.
    Er wollte das Amulett umhängen, bis er es Zamorra zurückgeben konnte, stellte aber fest, daß die Kette entzwei gerissen war. Gedankenverloren schob er es in eine Tasche seines Trenchcoats.
    Dabei zermarterte er sich das Gedächtnis, wie zum Teufel er hierher, an diesen fremden Ort gelangt war. Wieso sich Zamorras Amulett in seinem Besitz befand.
    Das Krankenhaus, überlegte er. Dort finde ich die Lösung. Aber zunächst muß ich hier raus. Zurück ans Tageslicht…
    Er orientierte sich kurz, was aber wenig half, da es keine Orientierungspunkte gab. Zähneknirschend setzte er sich in Bewegung und stolperte, zwischen dem überall aufgeschichteten Abfall, eine Art Korridor entlang.
    Er öffnete die erstbeste Tür, die er fand.
    ***
    Nicole konnte nicht anders. Die Stimme des Alten war von hypnotischem Zwang. Er sah sie nur an, und sie verlor sich in seinem Blick.
    Sie stand auf.
    Keine Fessel hinderte sie daran.
    Nur ein paar Schritte von ihr entfernt stand das Schafott. Die schwere Klinge blitzte als wäre sie eben erst geschmiedet worden.
    »Bei solchen Anlässen legt man doch Wert auf Hygiene«, kicherte der Alte hämisch. Er las in ihren Gedanken und Empfindungen wie in einem aufgeschlagenen Buch!
    Der Sinn seiner Worte drang kaum noch zu ihrem Wachbewußtsein durch.
    Sie machte einen Schritt nach vom.
    Einen zweiten.
    Der Alte lief tänzelnd neben ihr her, kicherte und machte anzügliche Bemerkungen, wobei er sich köstlich über sein Opfer zu amüsieren schien.
    Vor dem Schafott führte eine kleine, dreistufige Treppe zu einer Plattform, auf der das

Weitere Kostenlose Bücher