0233 - Blitzgespräche mit dem Tod
passierte ich ein kleines Leihhaus, dessen Schaufenster noch matt erleuchtet war, als es passierte.
***
Es geschah so plötzlich und schnell, daß ich gar nicht richtig zu Bewußtsein kam. Ich hörte den peitschenden Klang eines Pistolenschusses hinter mir, das Schaufenster splitterte dicht vor meiner Nase, und mein Hut flog durch die Gegend. Eigentlich hätte ich mich sofort zu Boden werfen müssen, aber wie es in solchen Augenblicken geht, begann ich instinktiv zu rennen, um aus dem Lichtschein herauszukommen.
Wieder krachten Schüsse, und ein Querschläger pfiff mir um die Ohren, Ich stolperte und wußte noch, daß ich jetzt auf die Nase fallen würde. Ich warf beide Arme nach vorn, aber nicht schnell genug. Mein Schädel kollidierte mit etwas, das härter war als er, und dann fiel ein schwarzer Vorhang vor meinen Augen und meinem Hirn.
Derartiges ist mir schon öfter passiert, und es ist immer dasselbe. Man denkt, man liegt zu Hause im Bett und will sich recken. Man weiß überhaupt nichts mehr. Dann merkt man, daß die Matratze plötzlich steinhart geworden ist, krabbelt auf die Beine und wundert sich, wie man in diese verlassene Gegend auf den Bürgersteig geraten ist. Unvermittelt fühlt man den Schmerz, und der ruft die Erinnerung wach.
Sie kam, wenn auch langsam. Ich lehnte an der Mauer neben dem Pfandhaus, und mein erster Blick fiel auf die Uhr. Um halb eins war ich bei der »Schwarzen Ina« weggegangen, und um ein Uhr fünfzehn ließen mich Blacky und Jack the Snake in der 35. Straße stehen. Jetzt war es halb zwei. Ich mußte also zehn Minuten auf der Nase gelegen haben.
Jetzt, da es zu spät war, griff ich nach meiner Smith and Wesson und war beruhigt, sie noch an ihrem Platz zu finden. Ich fühlte an meinen Kopf und fand die Beule, die ich mir an der Hanswand geschlagen hatte.
Niemand war zu sehen, kein Neugieriger sah aus dem Fenster. Es war eine Gegend, in der man Schüsse und derartiges einfach ignorierte, um selbst nicht in Schwierigkeiten zu kommen. Ich versuchte den Überfall zu rekonstruieren.
Jemand mußte mir gefolgt sein, in der Absicht, mich zu erschießen, bevor ich wegkam. Als ich hinschlug, dachte er wohl, er habe mich erwischt, und hatte sich verdrückt, ohne sich die Mühe zu machen, zu kontrollieren.
Zweifellos hing dieser Mordanschlag mit den anderen Ereignissen des Abends zusammen, Allerdings schien alles recht unlogisch zu sein. Meine Ablehnung des Angebots des Mannes, den Blacky Boß genannt hatte, war bestimmt kein Grund zu einem Mord. Einen G.-man ermordet man nicht so leicht. Alle Gangster wissen, daß der Mörder eines FBI.-Agenten noch niemals davongekommen ist. Darum hüteten sie sich. Dahinter mußte mehr stecken.
Während ich mich noch etwas unsicher und die Pistole für alle Fälle in der Hand in Bewegung setzte, dachte ich nach.
Da war zuerst der Zusammenstoß mit dem Lockenkopf und dem rothaarigen Burschen gewesen, und ich zweifelte mehr denn je daran, daß diese auf eigene Faust gehandelt hatten. Unmittelbar danach kam die »Einladung« zu einer Besprechung mit dem Boß und dann der Versuch, mich endgültig auszuschalten.
as alles war innerhalb von drei Stunden geschehen, und das war etwas viel aut einmal.
Mein Hut fiel mir ein. Ich machte kehrt und fand ihn eine kleine Strecke von dem Schaufenster entfernt mit dem Kugelloch. Das gute und fast neue Stück war jetzt unbrauchbar. Er hatte zwei kleine, runde Löcher, ganz oben, wo das Geschoß durchgegangen war. Nur ein Inch tiefer, und ich hätte das Loch im Kopf gehabt.
Als ich die Madison Avenue mit ihren hellen Laternen, ihren Autos und ihren strahlend erleuchteten Lokalen erreichte, atmete ich auf. Ich fühlte mich doch etwas mitgenommen. Ich schnappte mir das nächste Taxi und fuhr zur Center Street zum Polizei HQ.
Der Cop am Portal grinste, als er mich sah. Und als ich an mir herunterblickte, merkte ich erst, daß ich den Bürgersteig der 35. Straße gründlich aufgewischt hatte.
»Sie möchten nach Zimmer 103 im zweiten Stock kommen«, sagte er.
Zimmer 103 war das Vorzimmer der Mordkommission drei, deren Leiter Leutnant Crosswing war. Mit dem Lift fuhr ich nach oben. Der Leutnant war nicht im Dienst, aber Sergeant Green hielt, eine dampfende Tasse Kaffee neben sich, die Stellung.
Ihm gegenüber saß Phil. Das erste, was mir auffiel, war ein großes Pflaster an seiner linken Schläfe, ein paar Blutspritzer auf dem hellgrauen Anzug und der aufgerissene Hemdkragen. Ich sah meinen Freund an, und er
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