0235 - Die Kaste der Weißrüssel
fühlte sich gedrängt, eine bestimmte Frage zu stellen, doch er zöger te, weil er den Spott des Arkoniden fürchtete. Zu seinem Erstaunen war es dann gerade Atlan, der offenbar auf den gleichen Gedanken gekommen war.
„Seltsam", meinte der Arkonide. „Warum lassen uns die Rotrüssel in die Bauchetage der A-Kaste bringen, wenn sie mit Wesen dort unten im kalten Krieg leben?"
„Ganz einfach", erwiderte Marshall. „Die Rotrüssel halten alle Mitglieder der A-Kaste für minderwertig.
Uns stufen sie noch viel schlechter ein. Das bedeutet, daß man uns dorthin bringt, wo nach ihrer Ansicht der Abschaum lebt."
Baynes biß die Zähne aufeinander, daß es knirschte. Lag es nicht an ihnen selbst, daß man sie als minderwertig einstufte ?Wie eine Herde von Schafen folgten sie den Befehlen der Wächter.
„Ich bin mindestens ebensoviel wert wie jeder einzelne dieser Rotrüssel!" brach es aus ihm hervor. „Wir müssen diesen Kerlen klarmachen, wo unser Platz in Wirklichkeit ist."
Rhodan blickte ihn mit undurchdringlicher Miene an.
„Warum gehen Sie nicht hinaus und machen es den Wächtern klar?" fragte er freu ndlich.
Baynes blickte wütend aus dem Fenster. Die beiden Rotrüssel, die mit ihnen im Abteil gesessen hatten waren inzwischen ausgestiegen. Der Zug würde bald wieder losfahren.. Ich kann es immerhin versuchen".
knurrte Baynes und stand mit einem Ruck auf.
„Viel Glück!" rief Melbar Kasom. Baynes verließ mit steifen Schritten das Abteil. Auf dem Gang standen zwei Aufseher. Sie richteten sofort ihre Waffen auf ihn, als er hinaustrat.
„Wohin wollen Sie?" wurde er gefragt.
„Ich muß mit Ihrem Anführer sprechen", sagte Baynes herausfordernd. Er gab sich Mühe, direkt in das Facettenauge des vor ihm stehenden Wächters zu blicken.
„Dazu besteht keine Veranlassung", meinte der Rotrüssel herablassend.
Baynes hoffte, daß die Männer im Abteil nicht zuhörten.
„Dann spreche ich mit Ihnen", sagte er hartnäckig. „Ich stamme von einer adligen Familie ab. Meine Vorfahren gehörten zu den größten Würdenträgern meines Volkes. Ich protestiere dagegen, daß man mich in das Wohngebiet er Weißrüssel bringt."
„Sie gehören zu diesen primitiven Raumfahrern", erhielt er zur Antwort.
„Ich werde...", begann Baynes unbeherrscht, unterbrach sich aber, als sich der Lauf der auf ihn gerichteten Waffe deutlich hob. Er schluckte heftig.
„In Ordnung", sagte er kleinlaut und zog sich ins Abteil zurück.
Melbar Kasom erhob sich und deutete eine spöttische Verbeugung an. Mit gesenktem Kopf kehrte Baynes an seinen Platz zurück. Das dröhnende Gelächter Icho Tolots ließ das Abteil erbeben. Der Haluter gab sich keine Mühe, seine Heiterkeit zu unterdrücken.
Dieser Barbar, dachte Baynes aufgebracht. Er fragte sich, wie es möglich war, daß Tolot schneller als manche Positronik rechnen konnte, wenn ihm jegliche Bildung fehlte. Plötzlich glaubte Lord Baynes zu erkennen, warum Rhodan und seine Begleiter nichts gegen diese unwürdige Behandlung durch die Twonoser unternahmen. Den Männern fehlte jegliche Selbstachtung. Es war ihnen völlig gleichgültig, wenn man sie als minderwertig betrachtete.
Er, Lord Kendall Baynes, war der einzige gebildete Mann unter der Besatzung der CREST II.
Baynes erbitterte Gedankengänge wurden durch das Anfahren des Zuges unterbrochen. Der Interkastenzug glitt langsam aus der Bahnstation hinaus. Baynes sah die großen Transportwagen zu den Lagerhallen zurückfahren. Als der Zug an den letzten Gebäuden vorüber war, konnte der Fähnrich wieder auf das offene Land hinausblicken. Am anderen Ende der riesigen Halle würden die Wagen wieder im Adernsystem des Mobys verschwinden.
Hinter der Bahnstation schloß sich eine große Stadt an. Hier st anden die Gebäude dicht nebeneinander.
Baynes erkannte, daß es auf den Dächern Landeplätze für kleine Flugzeuge gab. Die Blaurüssel schienen technisch sehr gut ausgerüstet zu sein. In der Nähe des Tunnels entdeckte Baynes kuppelförmige Gebäude. Er fragte sich, ob es Bunker waren, die man als Befestigungen gegen einen eventuellen Angriff aus der Tiefe gebaut hatte. Er hätte gern Rhodan darauf aufmerksam gemacht, doch sein Stolz ließ es nicht zu.
Seine größte Sorge bestand in der Ungewißheit, ob John Marshall seinen Gedanken nachspionierte. Es wäre ihm peinlich gewesen, wenn dieser ernste Mann von seinen geheimsten Gedanken gewußt hätte. Es hieß zwar, daß die Mutanten nie unnötigerweise von ihren Fähigkeiten
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