0238 - Belphégors Rückkehr
ihr Ziel war die große leicht gebogene Leinwand. Dort lauerte das Gesicht.
Und sie gingen hin, streckten ihre Arme aus, als wollten sie in diese Schwärze hineintauchen, sie umfassen und sich ihr opfern, wobei der starre, eiskalte Blick der Augen nach wie vor wie ein Messer auf sie gerichtet war.
In der ersten Reihe hatten sich alle erhoben. Sie standen jetzt vor der Leinwand, streckten ihre Arme dem Gesicht entgegen und bekamen von ihm, was sie wollten.
Feuer!
Auf einmal war es da. Es regnete aus der Leinwand auf sie nieder, umfaßte sie als brennender Schleier, und plötzlich erschienen in ihren Händen kleine, flammende Peitschen.
Tanith war entsetzt!
So etwas hatte sie noch nie gesehen. Hier war finsterste Schwarze Magie am Werk, ein grauenvolles Karussell hatte sich in Bewegung gesetzt, in dem sich die Menschen als lebender Mittelpunkt befanden.
Kaum hatten die Besucher des Films die Flammenpeitschen empfangen, als sie schon weitergingen, wieder in die Reihe hineintraten und sich auf den Sitzen niederließen.
Die Arme hielten sie in die Höhe gestreckt. Die Verlängerung dort wurde von den flammenden Peitschen gebildet, deren Feuer ein gespenstisches Spiel aus Licht und Schatten schuf, das über die Decke zuckte und auch auf den Gesichtern der Anwesenden seine Spuren hinterließ.
Sie veränderten sich auf eine erschreckende Art und Weise. Obwohl sie nach wie vor menschlich waren und auch so reagierten, waren sie dennoch in den Bann eines Dämons geraten, und sie würden diesem Teufel auch gehorchen.
Das merkte Tanith genau. Sie hätte gern eingegriffen, aber sie allein war zu schwach. Sie konnte es nicht über sich bringen, da etwas zu tun, denn sie fühlte, daß dieser Dämon dort auf der Leinwand wesentlich stärker war als sie.
Stark und gnadenlos!
Als einzige war Tanith nicht in den Bann dieser Gestalt geraten. Und das hatte sie nur ihrem eisernen Willen zu verdanken, ihren übersinnlichen Fähigkeiten, doch sie kannte auch genau ihre Grenzen. Sie wußte, daß sie gegen diese Gestalt nicht ankam. Der Dämon dort auf der Leinwand war schlimmer, er war gefährlich, ein Monster, das nur an Vernichtung dachte.
Die zweite Reihe der Menschen hatte sich von ihren Plätzen erhoben. Wieder gingen sie wie Marionetten, verließen ihre Plätze, reihten sich hintereinander und schritten auf die Leinwand zu, um ihrem Dämon, dem sie jetzt gehorchten, zu huldigen.
Auch sie bekamen die Flammenpeitschen, schritten wieder zu ihren Sesseln und nahmen dort Platz.
Der Dämon sprach kein einziges Wort. Nur hinter ihm und verschwommen zu sehen, bewegte sich der Film. Er lief dort ab, längst nicht mehr so laut wie zuvor, aber noch immer hallten die Songs der Gruppe durch den großen Kinosaal.
Pink Floyd und der Dämon! Beide ergänzten sich großartig, wurden zu einer Einheit.
In diesem aufwühlenden Film konnte Belphégor seine Kräfte voll entfalten. Man hatte ihm den Boden vorbereitet, den Weg geebnet, den er jetzt nur noch einzuschlagen brauchte.
Tanith mußte mit ansehen, wie sich die Reihen nach und nach leerten. Die Menschen gingen einzeln zu der großen Leinwand hin, holten sich ihr Feuer und waren nun feste Diener in den Händen des großen Belphégor, denn sie konnten sein Erbe hinaustragen in die Nacht und in die gesamte Welt.
Sie hockten auf ihren Sitzen, den rechten Arm jeweils in die Höhe gereckt, und aus ihren Händen wuchsen die flammenden Peitschen. Es war ein schaurig-schönes Bild.
Das Kino wurde von diesem magischen Licht bis in den letzten Winkel erhellt. Obwohl das Feuer brannte, gab es keine Wärme, keine Verbrennungen, nur das flackernde Licht, dessen Ausläufer Decke und Wände streifte.
Tanith schüttelte den Kopf. Hilflos kam sie sich vor, so schrecklich hilflos.
Was würde geschehen, wenn auch der letzte seine Flammenpeitsche bekommen hatte und der Film beendet war? Eine Frage, auf die sie sich selbst die Antwort gab. Die Besucher würden aufstehen und das Kino verlassen.
Und dann?
Tanith wagte nicht, daran zu denken. In ihrem Magen hatte sich ein Klumpen gebildet.
Wenn die Menschen nun Paris überfluteten und die Botschaft des Dämons hinaustrugen, wobei sie noch andere mit in den Bann zogen, dann konnte es zu grauenhaften Ereignissen kommen.
Nein, sie durfte nicht so lange warten. Sie mußte etwas tun. Flucht war die einzige Chance. Allein kam sie gegen diese Leute nicht an. Die Menschen würden sie fertigmachen, denn sie standen auf der anderen Seite, und Tanith war
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