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0238 - Die Angst kriecht in das Kellerloch

0238 - Die Angst kriecht in das Kellerloch

Titel: 0238 - Die Angst kriecht in das Kellerloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Angst kriecht in das Kellerloch
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vielleicht dieser Meinung sein. So aber sage ich Ihnen: Sie haben das Menschenmögliche getan. Niemand kann von Ihnen verlangen, dass Sie sich von einem Gangster, der in Panik geraten ist, umbringen lassen, nur damit seine kostbare Haut vor Gericht geschleppt werden kann, während der Staat für Sie das Begräbnis zahlen muss. Ich kann mir denken, dass es für Sie beide kein angenehmes Gefühl ist, zu wissen, dass man einen Menschen erschossen hat, aber Sie haben in Notwehr gehandelt. Ich denke, dass wir darüber nicht länger zu sprechen brauchen.«
    Ich steckte mir eine Zigarette an. Als sie schon brannte, fiel mir etwas ein. Ich drehte mich halb um und hielt Brunly die Schachtel hin.
    »Sie auch eine?«, fragte ich.
    Brunly griff zu.
    »Gern«, sagte er. »Es macht mir verdammt Spaß, dass ich das FBI mal nicht nur aus einer Statistik kennengelernt habe. Wie sieht’s mit meiner vorigen Frage aus? Was geschieht für den Rest des Tages?«
    Phil reichte unserem Gast Feuer, während ich seine Frage beantwortete: »Keine Ahnung, Mister Brunly. Wir beide haben heute Bereitschaftsdienst. Wir dürfen darauf warten, dass irgendwo in New York eine Bombe explodiert, was ungefähr jeden Tag einmal passiert, oder dass irgendwo von irgendwem ein Kerl gesehen wird, den das FBI sucht. Dann werden wir das Vergnügen haben, genau wie jetzt im Fall Loose, den Burschen aufzustöbern und wenn möglich mit Handschellen zum Distriktgebäude zu bringen.«
    »Na«, brummte Brunly, »dann will ich nur hoffen, dass heute keine Einsätze mehr nötig werden. Ich habe etwas gegen Blei, wenn es in der Form von Geschossen durch die Luft zirpt. Eine zünftige Pokerpartie ist mir lieber.«
    Das Ruflämpchen an unserem Sprechfunkgerät flammte auf. Phil nahm den Hörer und meldete sich. Eine Weile hörte er zu. Seine Antworten waren einsilbig und nichtssagend, eben jene typischen Erwiderungen, die jemand am Telefon gibt. Als er den Hörer zurück auf die Gabel legte, war er merklich blass.
    »Was ist los, Phil?«, fragte ich gespannt.
    Mein Freund wischte sich mit seinem Taschentuch über die Stirn. Er tat so abwesend, als würde ihm selbst die Bewegung gar nicht bewusst.
    »Wir können wieder aussteigen«, sagte er gedehnt.
    »Aussteigen? Aber warum denn?«
    Phil atmete tief.
    »Der vom FBI gesuchte Kindesmörder Abby Blythe wurde beim Betreten des Hailey Buildings beobachtet. Hast du eine Ahnung, wie viele Kinder in diesem Hause sein könnten? Ich auch nicht. Aber verdammt viele, das steht fest…«
    ***
    Es war zehn Uhr sechzehn, als wir wieder vor dem Hailey Building standen. Noch immer flutete pausenlos ein Strom von Menschen in das Gebäude und heraus. Wir hatten überhaupt nur eine Chance, Blythe zu erwischen, und die bestand darin, dass er sich länger als zwanzig Minuten im Haus auf hielt. Soviel brauchten wir, bis wir alle Ausgänge besetzt hatten.
    »Hören Sie, Brunly«, sagte ich halblaut, während wir ein wenig seitlich vom Eingang stehen blieben. »Vorhin war ich dagegen, dass Sie überhaupt mitkamen. Jetzt bitte ich Sie darum, dass Sie uns helfen. Sie sehen ja, was hier für ein Betrieb herrscht.«
    »Ich stehe Ihnen selbstverständlich zur Verfügung. Aber mit meinen Schießkünsten ist es nicht weit her, das sage ich Ihnen gleich.«
    »Sie sollen nicht schießen. Phil und ich wissen, wie Blythe aussieht. Deshalb werden wir vorläufig den linken und den rechten Ausgang im Auge behalten. Bei dem Betrieb kann er uns zwar trotzdem entwischen, aber wir wollen unser Möglichstes versuchen. Gehen Sie inzwischen ins Haus und sehen Sie zu, ob Sie den Hausmeister, den Hausverwalter oder eine ähnliche Person auftreiben können. Bringen Sie ihn mit heraus. Aber unauffällig.«
    Brunly nickte.
    »Geht in Ordnung. Ich werde den Burschen schon finden - wenn es ihn überhaupt gibt.«
    »So ein großes Gebäude kann nicht ohne Hausmeister auskommen«, meinte Phil.
    »Das denke ich auch«, sagte Brunly und schob sich in den Menschenstrom hinein, der sich langsam durch die Türen ins Innere des Gebäudes schob.
    Phil und ich stellten uns mit dem Rücken gegeneinander zwischen die beiden Ausgänge. Halblaut unterhielten wir uns, während wir versuchten, das Gesicht jedes einzelnen Mannes zu prüfen, der aus dem Gebäude kam.
    Dann hing irgendwo in der Ferne das Heulen von Polizeisirenen in der Luft. Sie kamen näher, verstummten aber plötzlich. Ein paar Sekunden danach preschten sechs Wagen heran, drei Personenwagen und drei Mannschaftsfahrzeuge.

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