0238 - Die Angst kriecht in das Kellerloch

Brustbeutel hervor und zeigte Snyder die Hundertdollar-Note. In seinem Gesicht zeichnete sich die Freude des glücklichen Besitzers ab, und in seinen Augen stand der Glanz einer geradezu kindlichen Begeisterung.
    »Sieh dir das an, Rocky!«, sagte er. »Ein junger Mann hat mich in seinem Wagen mitgenommen. Meine Güte, was konnte der Bursche fragen! Ich musste ihm pausenlos erzählen, wo ich überall schon gewesen bin und wie mir’s gefallen hat und tausenderlei mehr. Und als er mich in der Stadt hier absetzte, drückte er mir ein Stück Papier in die Hand und fuhr weiter, bevor ich auch nur ›Piep‹ sagen konnte. Ich falte es auseinander und was war es? Sieh dir’s an! Ein richtiger Hunderter! Ich bin jetzt noch aus dem Staunen nicht raus. Noch nie im Leben habe ich ’nen richtigen Hunderter in der Hand gehabt! Aber den halte ich fest, Rocky, das kannst du mir glauben! Den gebe ich nicht so schnell aus. Der bleibt mal für Notzeiten…«
    Rocky Snyder hatte dem alten Mann, mit dem er nun schon so viele Jahre befreundet war, nicht ganz so aufmerksam zugehört, wie es sonst seine Art war. Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen, bis er dem Alten schließlich ins Wort fiel: »George, ich weiß, wie du dich freust, dass wir uns mal Wiedersehen, und ich freue mich ja auch, aber ich bin dienstlich hier, verstehst du? Wir haben schon das ganze Haus umstellt.«
    »Wegen Blythe?«
    »Ja, wegen Blythe. Jetzt sage um Himmels willen nicht, das wäre bloß so ein Spaß von dir gewesen! Der Captain reißt mir den Kopf ab, wenn du…«
    »Hör mal, Rocky, mit so was macht, man keine Witze, nicht? Ich habe Blythe gesehen. Ganz deutlich. Zuerst auf dem Steckbrief, der an der Anschlagsäule klebte. Dann bin ich weitergegangen und dachte noch so bei mir: Wie kann einer bloß ein Kind umbringen? Und auf einmal spricht mich ein junger Bursche an und schnorrt eine Zigarette. Ich gebe sie ihm und Feuer dazu. Und auf einmal wird mir klar, dass ich dieses Gesicht doch gerade erst auf dem Steckbrief gesehen habe. Auf dem Bild sah das Gesicht ein bisschen voller aus, auch waren keine Bartstoppeln am Kinn und am Hals, aber es war ganz einwandfrei dasselbe Gesicht. Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich erschrocken bin! Zum Glück wollte er nur die Zigarette von mir und zog gleich weiter. Wahrscheinlich hatte er es ohne Zigarette einfach nicht mehr ausgehalten.«
    »Ja,, das ist möglich«, erwiderte der Sergeant erleichtert, weil die Geschichte doch offenbar wahr war. »Wo ist er hingegangen?«
    »Hier, in dieses Haus ist er reingegangen. Ich ging ihm nach und sah, wie er mit einem Fahrstuhlmädchen sprach.«
    »Was für ein Fahrstuhlmädchen?«
    »Na, ein Liftgirl. Weißt du nicht, was ein Liftgirl ist? Die Mädchen in den grünen Uniformen, die…«
    »Natürlich weiß ich, was ein Liftgirl ist. Ich meine: Mit welchem Mädchen sprach er? Hier gibt es ja nicht nur einen Fahrstuhl.«
    »Mit dem Mädchen, das den Expresslift da drüben bedient.«
    George Hammilton zeigte auf die jetzt geschlossene Holztür, über der eine erleuchtete Ziffer anzeigte, dass sich der Lift gerade in der zwanzigsten Etage befand.
    »Du bist sicher, dass er mit dem Mädchen gesprochen hat? Nicht bloß mal ›Guten Tag, Kleine‹ oder so? Sondern richtig unterhalten?«
    »Ja«, nickte der Alte ungehalten. »Wenn ich es dir doch sage. Ich habe mich hinter die Säule dort gestellt und die beiden eine Weile beobachtet. Nicht lange, aber immerhin länger, als er gebraucht hätte, wenn er nur ›Guten Tag, Kleine‹ oder so ’nen Schmus gesagt hätte. Danach habe ich dich angerufen. Aus der dritten Zelle von links da in der Wand.«
    »Okay, George«, sagte Rocky Snyder und klopfte dem Freund auf die Schulter. »Du hast mir einen großen Gefallen getan. Wenn wir Blythe kriegen, wird es auf mich zurückfallen, weil du mir diese Information gegeben hast und nicht einfach der Polizei, verstehst du? Das bringt mir mindestens eine Belobigung wegen guter Kontakte mit der Bevölkerung ein. Komm heute Abend zu uns, ja? Ich revanchiere mich mit einem anständigen Schluck. Aber jetzt musst du mich entschu…«
    Er konnte nicht zu Ende sprechen, denn genau in diesem Augenblick fiel an einem der Ausgänge ein Schuss. Rocky Snyder wirbelte auf dem Absatz herum, während seine Hand schon in einer schnellen Bewegung zur Pistole fuhr. Aus weit aufgerissenen Augen sah er den Mann, der keuchend und mit einer Pistole in der Hand genau auf ihn zustürmte…
    ***
    Bill Hough hatte